Die Nacht des Stolperkönigs

  • Beim 2:1 über Besiktas Istanbul wird Stefan Kießling zum todunglücklichen Matchwinner.


    Als Schiedsrichter Paparesta abpfiff und die Leute von der Leverkusener Bank jubelnd auf den Platz stürmten, kam ihnen ihr Kollege Stefan Kießling mit gesenktem Kopf entgegen. Nur fort wollte der 22-Jährige, ab in die Kabine und allein sein, trotz des Erfolges seiner Mannschaft, trotz des Weiterkommens im Uefa-Pokal gegen Besiktas Istanbul und trotz des Anteils, den Stefan Kießling daran hatte. Es war Trainer Michael Skibbe, der den davonschleichenden Kießling im Trubel bemerkte und aufhielt: „Ich habe ihn gefragt: "Was ist los? Du bist einer von uns´,“ erzählte der Trainer. Es dauert noch einige Momente, ehe sich der Stürmer in die Gruppe der jubelnden Leverkusener einreihte. Die Kollegen spendeten reichlich Trost, einer nach dem anderen nahm den Angreifer in den Arm, erst Simon Rolfes, dann Juan, Sergej Barbarez, schließlich auch Andrej Woronin, sein Konkurrent um den Platz im Sturm, der selbst das leere Tor verfehlt hatte.


    Aber das war nichts gegen die Szenen, die Kießling hatte. Oder soll man sagen: die ihm passierten? Er kam nach 72 Minuten für den Verteidiger Karim Haggui, als Leverkusen unbedingt ein Tor brauchte. Stefan Kießling holte einen Freistoß heraus, aus dem eine Kopfballchance für ihn resultierte, aus der sich wiederum ein Elfmeter ergab, den Bernd Schneider im Nachschuss verwandelte. Vier Minuten vor Schluss stand Kießling frei vor Istanbuls Torwart Runje, endlich waren ihm Ballannahme und Drehung geglückt, aber der türkische Schlussmann parierte. Sergej Barbarez war zur Stelle und erzielte das letztlich entscheidende 2:0. Zweimal war Kießling an der Entstehung eines Tores beteiligt: also ein Matchwinner, ein perfekter Joker, ein König.


    Wäre da nicht die andere Seite, die Stefan Kießling zum tragischsten Matchwinner der bisherigen Saison machte. Es war, als wollte ihn der Ball verspotten für den Versuch, ihn zu kontrollieren. Kießling stoppte mit der Brust - der Ball kullerte nach hinten durch seine Beine. Kießling passte scharf nach innen zum freistehenden Barbarez - die Kugel flog hoch in Richtung der Logen davon. Schneider legte den Ball in seinen Lauf - doch wie von einer Flipperkelle getroffen, sprang er Kießling meterweit vom Fuß. Kießling holte mit dem linken Fuß zum Gewaltschuss aus - der Ball rollte als weiche Rückgabe zu Runje. Selten sieht man so viel Stolperei in 18 Minuten. „Bei mir ist absolut der Wurm drin“, sagte Kießling. Wenigstens endete der Abend versöhnlich: Die Bayer-Fans baten ihn auf dem Zaun, um das Leverkusener Sieg-Ritual des „Uffta“ zu zelebrieren - zum ersten Mal . „Das hat gut getan“, sagte Kießling.


    Seit seinem Wechsel vom 1. FC Nürnberg nach Leverkusen läuft es nicht mehr beim Kapitän der deutschen U 21. Regelmäßig enden seine Einsätze in einem Teufelskreis aus einer ersten misslungenen Aktion, Verunsicherung, noch mehr Fehlern. „Ich wusste, dass es schwer wird. Aber so schwer?“, sagt Kießling, „so etwas kenne ich nicht. In Nürnberg hatte ich drei gute Jahre und in den Zeitungsnoten nie einen Fünfer.“ „Solche Phasen gibt es. Es ist nicht schlecht, wenn man sie in jungen Jahren schon einmal durchmacht. Er muss sich gegen die Situation wehren“, sagt Torhüter Hans-Jörg Butt. Die Torquote des abgewanderten Dimitar Berbatow hat niemand bei Bayer 04 vom 5,5-Millionen-Einkauf erwartet. Etwas mehr als bisher einen Saisontreffer aber wohl schon. „Er hat Chancen. Schlechte Stürmer haben keine“, sagt Sportdirektor Rudi Völler. „Wir haben Geduld mit ihm“, verspricht Trainer Michael Skibbe vor dem letzten Hinrundenspiel am Sonntag bei Borussia Dortmund (17 Uhr, arena). Dort wird Andrej Woronin im Sturm beginnen. „Ich packe noch mal hundert Prozent an. Danach fahr ich in den Urlaub, da will ich vom Fußball erst mal nichts mehr hören.“, sagt Kießling. Sportdirektor Völler rät zu Süßwaren zur Krisenbewältigung: „Er soll jetzt Weihnachten heim zu Mama fahren, ein paar Plätzchen backen, und dann geht´s in der Vorbereitung wieder richtig ab.“


    Aufstellungen, Borussia Dortmund: Weidenfeller - Degen, Amedick, Wörns, Dede - Kruska - Kringe, Sahin - Pienaar, Amoah, Smolarek. - Bayer 04: Butt - Castro, Haggui, Juan, Babic - Schneider, Rolfes - Freier, Barbarez, Athirson - Woronin. - Schiedsrichter: Merk (Otterbach).


    KStA

    Im Übrigen bin ich der Meinung, daß wir Meister werden !!! -Irgendwann