Versöhnlicher Abschluss für Bayer

  • VON KERSTIN THESING, 17.12.06, 21:54h


    DORTMUND. Florian Kringe presst die Lippen aufeinander und geht weiter. Unbeirrt, ohne zu zögern. Immer weiter auf die gelb-schwarze Wand zu, die ihn verhöhnt, die die Fäuste schüttelt und Bierbecher nach ihm wirft. „Ich wollte mit den Fans sprechen“, erklärt der Dortmunder Profi später, „aber die Stimmung war einfach zu aggressiv.“ Mit 1:2 (0:1) hatte die Borussia gegen Bayer 04 den Kürzeren gezogen. Sie hatte Tore von Andrey Voronin (24.) und Stefan Kießling (74.) eingesteckt. Dortmunds Torschütze Martin Amedick (85.) war in der Schlussminute noch einmal per Kopfball an Bayer-Torwart Jörg Butt gescheitert. Insgesamt aber hatten die Hausherren über weite Strecken sehr verunsichert gewirkt und sich von vielen der nur 66 155 Zuschauer verhöhnen lassen müssen.


    Den negativen Höhepunkt der Unmutsbekundungen boten knapp 100 Hooligans, die nach der Pause auf die Haupttribüne stürmten und laut- stark den Rauswurf von Bert van Marwijk forderten. „Das ist mir in meiner ganzen Laufbahn noch nicht passiert“, seufzte der Trainer. Auf die Frage, ob ihm der Job beim BVB unter diesen Umständen überhaupt noch Spaß mache, antwortete der Niederländer: „So wie sich meine Mannschaft unter diesen Bedingungen präsentiert hat, beantwortet sich das von selbst.“


    Ob van Marwijk seinen Vertrag allerdings tatsächlich bis zum Saisonende erfüllen wird, steht in den Sternen. „Wir werden uns am Dienstag zusammensetzen und die Situation analysieren“, kündigte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke an. „Ich habe ihn gerade getroffen, aber zu so einem Treffen bin ich noch nicht eingeladen“, sagte van Marwijk. Der Geschäftsführer mochte die Aktionen der Fans, die ihre Mannschaft in der ersten Halbzeit überhaupt nicht unterstützt hatten und in der zweiten Hälfte mit klebriger Häme in Form von Gesängen, wie „Oh wie ist das schön“ überschütteten, nicht verurteilen. „Wer uns in dieser Hinrunde hier hat spielen sehen, der muss das verstehen“, sagte Watzke.


    Gab es also an diesem letzten Dortmunder Fußballabend des Jahres überhaupt keine vorweihnachtliche Stimmung? Doch. In einer Ecke hatten es sich die Leverkusener Profis mit ihren Fans bequem gemacht. Sie feierten den guten Abschluss einer über weite Strecken mäßigen Hinrunde. „Ich bin sehr zufrieden, dass wir in den letzten 14 Tagen nochmal ein wenig die Kurve gekratzt und Punkte geholt haben, die wir vorher haben liegen lassen“, sagte Michael Skibbe.


    Während auf die BVB-Profis gestern Abend noch eine Weihnachtsfeier wartete, durften Skibbes Spieler direkt in die jeweilige Heimat düsen. „Wir haben uns in dieser Hinrunde so oft gesehen, das ist schon okay so“, schmunzelte Skibbe. Mit dem Erreichen der Uefa-Cup-Zwischenrunde und dem sechsten Rang in der Bundesliga-Tabelle startet man halt etwas lockerer ins neue Jahr. Ein besonderes Happyend hielt das Spiel für Stefan Kießling bereit. Der Angreifer - bisher in einem tiefen Formloch - erzielte auf Vorarbeit von Sergej Barbarez per feinem Rechtsschuss das 2:0. „Das hat mir natürlich gut getan“, jubelte Kießling.


    Der Franke war für Andrey Voronin gekommen, der in der 24. Minute nur noch einschieben musste. Paul Freier hatte dem Ukrainer den Ball mustergültig vorgelegt, nachdem er BVB-Verteidiger Christian Wörns hatte aussteigen lassen. Nur drei Minuten später hätte Voronin die Vorentscheidung erzwingen können, aber in Rückenlage hob er den Ball über das leere Tor. „In der Schlussphase hatte ich noch mal Bedenken“, gestand Michael Skibbe. Immerhin trafen Kringe und Co. noch die Latte und den Pfosten und dann war da ja Jörg Butt, der in der Schlussminute den Amedick-Kopfball noch aus dem Dreieck holte . . .



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