Die Logik der Unlogik

  • Leverkusen spielt Remis gegen Frankfurt. Michael Skibbe träumt aber weiter von den oberen Tabellenplätzen - oder zumindest den Positionen fünf. Oder sechs...


    Nach der Lehre vom folgerichtigen Denken wäre Bayer Leverkusen mindestens Fünfter. Man muss ja bloß mal überlegen, wer alles in Leverkusen spielt, die vielen deutschen, brasilianischen, schweizerischen und osteuropäischen Nationalspieler, die vom Übungsleiter Michael Skibbe trainiert, vom Sportdirektor Rudi Völler angestellt und von der Bayer AG mitbezahlt werden.


    Nach der Lehre vom folgerichtigen Denken müsste Leverkusen eine der fünf besten Mannschaften der Bundesliga sein. Es ist aber nicht so. Die Lehre vom folgerichtigen Denken ist das, was man als Logik bezeichnet. Fußball scheint aber nicht immer folgerichtig zu sein. Rudi Völler, der sich auskennt, hat am Samstag gesagt: "Fußball ist unlogisch!"


    "Den Anschluss nach vorne nicht aus den Augen verlieren"


    Am Samstag hat Leverkusen gegen Eintracht Frankfurt 2:2 (1:1) gespielt. Leverkusen will Fünfter werden, Frankfurt will nicht absteigen, und aus der Schnittmenge dieser unterschiedlichen Ambitionen ergibt sich die Schlussfolgerung, dass den Leverkusenern dieses Unentschieden nicht genügt. Bayer hat aus den jüngsten drei Spielen nur diesen einen Punkt geholt. Der Rückstand auf den ersehnten fünften Platz liegt bei vier Zählern. Das ist 13 Spieltage vor dem Saisonende zwar nicht unerreichbar, aber so, wie die Leverkusener zurzeit spielen, müssen sie ihr Saisonziel in Frage stellen.


    Der Trainer Skibbe sagte nach dem 2:2 gegen Frankfurt: "Wir wahren unsere Option, nach oben zu gucken, wir dürfen den Anschluss nach vorne nicht aus den Augen verlieren." Und etwas leiser sagte er noch: "Mit vorne meine ich Platz fünf oder sechs!"


    Den finalen Höhepunkt verpasst


    Dann kam die Sache mit der Logik. Rudi Völler sprach dabei nicht über die grundsätzlichen Ambitionen des Vereins, sondern ganz speziell über dieses 2:2 gegen Frankfurt, das den Zuschauern drei herkömmliche Treffer, ein Frankfurter Eigentor (1:0, Jones, 39.) und zwei Platzverweise geboten hatte sowie einen kuriosen Verlauf, den eine wechselnde Überzahlsituation und ein Tor bestimmten, das 40 Sekunden nach dem regulären Ende der Partie fiel.


    Das späte Tor bedeutete den 2:2-Ausgleich für die Leverkusener durch Stefan Kießling. Sieben Minuten zuvor war Frankfurt durch Alexander Meier 2:1 in Führung gegangen. Danach strömten viele Zuschauer zu den Ausgängen, als gäbe es draußen Freibier. Sie verpassten den finalen Höhepunkt. Bezeichnend war, dass sie damit nicht mehr gerechnet haben.


    Der Logiker Rudi Völler fand das Spiel kurios, aber nicht wegen des späten Ausgleichs, sondern wegen der sieben Minuten früheren 2:1-Führung für die Frankfurter. Es war nämlich so, dass die Leverkusener nach einer Roten Karte wegen Handspiels für Torwart Hans-Jörg Butt in der 28. Minute 52 Minuten lang in Unterzahl spielen mussten und dabei relativ souverän ein 1:1 zu konservieren verstanden, doch als in der 80. Minute der Frankfurter Christoph Spycher nach einer vermeintlichen Notbremse ebenfalls Rot gesehen hatte und die Mannschaften wieder gleichstark besetzt waren, dauerte es nur noch vier Minuten, ehe die Frankfurter 2:1 in Führung gingen.


    "Da wollten zu viele plötzlich etwas für die Offensive tun"


    52 Minuten lang hatten die Leverkusener kompakt und diszipliniert gespielt, weil sie einer weniger waren auf dem Feld, und kaum waren auch die Kontrahenten nur noch zu zehnt, gaben die Gastgeber ihre Disziplin auf und kassierten ein Gegentor. "Da wollten zu viele plötzlich etwas für die Offensive tun", sagte Leverkusens Trainer Skibbe. "Fußball ist unlogisch", fand Völler sein Motto.


    Doch das enttäuschende Spiel samt dem tröstlichen späten Ausgleich soll den Leverkusenern bei der Bewältigung der kommenden Aufgaben helfen. Während Skibbe fast unbemerkt das ursprüngliche Saisonziel ("Platz fünf. . . ) entschärfte (". . . oder sechs"), interpretierte Völler das Geschehene als lehrreich. "Unser Spiel bei Zehn gegen Elf in der ersten Halbzeit ist das Geheimnis für die nächsten Wochen", sagte er, "die Mannschaft muss kompakt und diszipliniert spielen!"


    Die meisten Platzverweise


    Bevor das Team dies am kommenden Samstag in der Liga gegen Hannover demonstrieren darf, empfängt es am Mittwoch zum Hinspiel im Uefa-Pokal-Sechzehntelfinale die Blackburn Rovers, gegen die auch die in der Liga rotgesperrten Paul Freier und Hans-Jörg Butt mitspielen dürfen. Butts Platzverweis am Samstag war bereits der siebte für Leverkusen in dieser Saison, der Feldverweis für Spycher war der sechste für die Frankfurter.


    Beide Teams sind jene mit den meisten Platzverweisen in dieser Spielzeit. Dass die Partie zwischen diesen beiden Mannschaften mit jeweils nur zehn Spielern zu Ende gehen würde, entsprach durchaus der Lehre vom folgerichtigen Denken. Mitunter ist Fußball halt doch logisch.

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    Hoffe den Artikel gabs hier noch nicht, falls doch dürfen die Mods gerne ihres Amtes walten.

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    dass irgendwer mehr tut, als er tun müsste.