Die Jungs haben vollstes Vertrauen zu mir

  • Es sind ereignisreiche Tage, die Benedikt Fernandez zur Zeit erlebt. Am vergangenen Samstag kam der 22-Jährige, nachdem Jörg Butt im Spiel gegen Frankfurt Rot gesehen hatte, unverhofft zu seinem ersten Bundesliga-Einsatz. Am Montag und Donnerstag dieser Woche hatte der Student der Volkswirtschaftslehre noch so ganz nebenbei zwei Prüfungen zum Thema Geld- und Kapitalwirtschaft/Aktienanalyse an der Uni zu absolvieren. Samstag steht er gegen Hannover von Beginn an zwischen den Pfosten.



    BayArena Magazin: Benedikt, Du hast gegen Frankfurt sozusagen außerplanmäßig Dein erstes Bundesligaspiel gemacht. Es war sicher keine einfache Situation: Der Stammtorhüter sieht die Rote Karte, Du musst kalt ins Spiel, und dann gleich diese gefährliche Freistoßsituation. Man kann sich entspanntere Debüts vorstellen....


    FERNANDEZ: Allerdings. Mein Herz schlug schon ein bisschen schneller. Ich habe mich zwar wie vor jedem Spiel ordentlich warm gemacht. Aber als Jörg die Rote Karte bekam, war ja schon fast eine halbe Stunde gespielt, da ist man natürlich wieder kalt. Trotzdem ist man in dem Moment so konzentriert, dass man ja nicht viel Zeit hat zum Nachdenken. Und es hat gut getan, dass gleich ein paar Spieler wie Bernd Schneider und Carsten Ramelow auf mich zukamen und mir Mut gemacht haben. Ich hab’ dann viel geredet mit meinen Vorderleuten, versucht, viel zu dirigieren und auch dadurch meine Nervosität schnell ablegen können.


    BayArena Magazin: Es war ein undankbares Spiel für Dich: Du hattest keine Gelegenheit, Dich auszuzeichnen...
    FERNANDEZ: Ja, das stimmt. Drei Bälle kamen auf mein Tor. Zwei davon waren drin, der dritte ging an den Pfosten. Das ist natürlich schade. Die Tore waren unhaltbar, mir hat auch keiner einen Vorwurf gemacht.


    BayArena Magazin: Im Gegenteil: Michael Skibbe hat gesagt, Du hättest viel Ruhe ausgestrahlt...
    FERNANDEZ: Na ja, etwas Erfahrung habe ich inzwischen ja auch. Es war zwar mein erstes Bundesligaspiel, aber ich komme regelmäßig in der Regionalliga-Mannschaft zum Einsatz. Und außerdem trainiere ich seit zwei Jahren mit den Profis. Ich weiß also, dass ich anerkannt bin. Die Jungs haben vollstes Vertrauen zu mir und das gibt natürlich Selbstvertrauen.


    BayArena Magazin: Und in der Vorbereitung hast Du Jörg Butt beim Turnier in Düsseldorf ja auch schon mal vertreten....
    FERNANDEZ: Ja, das war insofern etwas Besonderes, als es mein erster Einsatz auf Bundesliga-Niveau war. Und da durfte ich mit meiner Leistung ja zufrieden sein.


    BayArena Magazin: Eigentlich bist Du in diese Saison als Torhüter Nr. 3 gegangen. Jetzt profitierst Du davon, dass sich die Nr. 2 René Adler nach langer Verletzungspause erst noch im Aufbautraining befindet...
    FERNANDEZ: René hat wirklich viel Verletzungspech gehabt, für ihn ist das momentan eine harte Phase. Wir zwei verstehen uns sehr gut. Wie überhaupt das Klima unter den Torhütern hier ganz hervorragend ist.


    BayArena Magazin: Du bist genau eine Woche älter als René, Ihr seid aber nicht nur gleich alt, sondern auch beide fast zur selben Zeit nach Leverkusen gekommen...
    FERNANDEZ: Ja, wir sind beide seit der U 16 bei Bayer 04. Doch René war mir immer irgendwie einen Schritt voraus und hatte auch aufgrund seiner Erfahrung als Junioren-Nationaltorhüter eine ganz andere Lobby hier als ich. Was ja auch klar und absolut nachvollziehbar ist. Er hat dann auch als A-Jugendlicher schon bei den Amateuren gespielt. René ist vielleicht wirklich eines der größten Torwarttalente in Europa. Trotzdem werde ich natürlich versuchen, bis zum Saisonende die Nummer zwei hinter Jörg zu bleiben. Wir haben da einen ganz gesunden Konkurrenzkampf.


    BayArena Magazin: Du hast selber mal gesagt, dass Du nicht der geborene Torhüter warst. Kannst Du das noch mal erläutern?
    FERNANDEZ: Ich habe als Feldspieler angefangen und war das bis zur C-Jugend. Wegen meiner starken Wachstumsprobleme haben mir die Ärzte dann gesagt, ich dürfe kein Fußball mehr spielen. Ich war aber absolut fußballverrückt, und mein Trainer stellte mich dann irgendwann mal aus Jux und Dollerei ins Tor. Da muss ich meine Sache gar nicht so schlecht gemacht haben. Jedenfalls blieb ich dann auf der Position hängen und habe mich stetig weiter entwickelt.


    BayArena Magazin: Hört sich so an, als hättest Du Dir als Torhüter alles hart erarbeiten müssen....
    FERRNANDEZ: Na ja, alle Torhüter müssen hart arbeiten, wenn sie weit kommen wollen. Da reicht Talent alleine einfach nicht aus. Aber es stimmt schon, dass ich vor allem durch meinen Trainingseifer so weit gekommen bin. Ich muss vielleicht etwas mehr arbeiten als andere.


    BayArena Magazin: Du warst zwischenzeitlich mal ein halbes Jahr zu einem Verbandsligisten ausgeliehen...
    FERNANDEZ: Nach der A-Jugend spielte ich für sechs Monate bei Renault Brühl. Das war ein ganz wichtiger Schritt für mich, weil ich dort den Einstieg in den Seniorenfußball geschafft und ein komplettes halbes Jahr gespielt habe. Das wäre in der damligen Oberliga-Mannschaft von Bayer 04 nicht möglich gewesen. Von daher hat mich diese kurze Zeit in Brühl enorm weitergebracht.


    BayArena Magazin: Hattest Du eigentlich Vorbilder als Torhüter?
    FERNANDEZ: Nein, eigentlich nicht. Ich habe großen Respekt vor bestimmten Fähigkeiten bestimmter Torhüter. Robert Enke zum Beispiel ist unglaublich reaktionsschnell und stellungssicher. Jens Lehmann hat große fußballerische Klasse und Oliver Kahn ist auf der Linie großartig.


    BayArena Magazin: Wo liegen Deine Stärken?
    FERNANDEZ: Ich denke, ich habe ein gutes Reaktionsvermögen und Stellungsspiel. Ich stehe sehr offensiv und habe mich fußballerisch stark verbessert. Außerdem bin ich ganz gut in Eins-gegen-eins-Situationen.


    BayArena Magazin: Von diesen Situationen gab’s gegen Frankfurt mehr als reichlich gegen Euch. Was allerdings nicht gerade für die Defensivarbeit spricht....
    FERNANDEZ: Die ist wirklich stark verbesserungswürdig. Wir haben viel zu viele Chancen zugelassen. Die Frankfurter sind ja fünf oder sechs Mal alleine auf unser Tor zugelaufen.


    BayArena Magazin: Du stehst nun gegen Hannover von Beginn an zwischen den Pfosten. Bereitest Du Dich auf dieses Spiel besonders vor?
    FERNANDEZ: Nein, ich trainiere so wie immer. Wenn man versucht, irgendetwas anders zu machen als sonst, geht es meistens in die Hose. Ich freue mich natürlich sehr auf das Spiel und hoffe, dass ich mich gut präsentieren kann. Und natürlich müssen wir dann in der Defensive unsere Aufgaben besser bewältigen als zuletzt, zumal Hannover richtig gut in die Rückrunde gestartet ist. Das wird nicht leicht.


    BayArena Magazin: Du studierst Volkswirtschaftslehre (VWL) an der Kölner Uni. Wie kriegst Du Studium und Sport unter einen Hut?
    FERNANDEZ: Ich bin gerade im fünften Semester und habe in dieser Woche sogar noch einige Prüfungen vor der Brust. Die werde ich auch durchziehen, weil ich mich gut darauf vorbereitet habe. Ich bin jemand, der sich viele Dinge selbst aneignen kann. Ich kann natürlich nicht so häufig zu Vorlesungen gehen. Das ist aber kein Problem, ich besorge mir dann Skripts und arbeite viel übers Internet.



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