Blackburn / Leverkusen - In den frühen Morgenstunden des Freitags humpelte Karim Haggui im Köln-Bonner Flughafen am Gepäckband entlang. Aber im Gesicht des Tunesiers war von Schmerz nichts zu sehen. Selig lächelnd warf sich Leverkusens Verteidiger die Sporttasche über die Schulter und hinkte fröhlich zum Bus. Das Adrenalin eines aufregenden Fußballabends wirkte gegen die Schmerzen, und die Freude über den Erfolg tat ein Übriges. Blackburns Südafrikaner Benni McCarthy hatte den Leverkusener in der 58. Minute einer hart umkämpften Uefa-Cup-Partie vom Platz getreten, in den Bundesliga-Alltag am Sonntag bei Schalke 04 kehrt Bayer also personell geschwächt, aber mental gestärkt und mit neuem Selbstvertrauen zurück.
„Viele hatten uns schon abgeschrieben“, sagte Carsten Ramelow nach dem 0:0 in Blackburn, das nach dem 3:2-Hinspielerfolg den Einzug ins Achtelfinale bedeutete, wo die Leverkusener am 8. März zunächst beim RC Lens gastieren, ehe sie am 15. März Heimrecht genießen. Aus den Worten des Teamkapitäns war die Genugtuung deutlich herauszuhören. Immerhin hatte das Team, dem von vielen Skeptikern bereits der Sturz in die Bedeutungslosigkeit prophezeit worden war, nochmal ein Lebenszeichen gegeben. Also sprach Ramelow: „Wir sind auch ein bisschen stolz.“ Im Wissen um den zuletzt eklatanten Mangel an Konstanz verband der Routinier dies aber mit einer Mahnung: „Hoffentlich haben wir endlich kapiert, dass es nur mit Leidenschaft und Kampf funktionieren kann. Dann haben wir auch auf Schalke eine Chance.“
Von einer „tollen Schlacht“ sprach derweil Rudi Völler. Während der Sportdirektor besonders den Imagegewinn herausstellte („Dieser Erfolg war wichtig für den Verein, aber auch für den deutschen Fußball“), dachte Klubchef Wolfgang Holzhäuser, ganz kühler Rechner, auch an den pekuniären Aspekt. „Jetzt wird der Wettbewerb allmählich auch finanziell interessant für uns“, konstatierte der Geschäftsführer, der für das Achtelfinale eine Einnahme „im hohen sechsstelligen Bereich“ erwartet. Betont sachlich, mit Blick auf das Gastspiel am Sonntag (17 Uhr) beim Spitzenreiter auf Schalke sogar etwas skeptisch gab sich Michael Skibbe. „Das Weiterkommen im Uefa-Pokal war sicher gut für die Psyche, hat aber auch viel Kraft gekostet“, erklärte der Trainer, „nach solchen Spielen gehen wir als Underdog in die Liga.“
Obendrein ist der Coach zu Umstellungen gezwungen. Hagguis Einsatz ist - siehe oben - mehr als fraglich; Stefan Kießling soll nach ausgeheilter Zahnwurzelentzündung wieder in der Anfangself stehen. Einen Wechsel wird es auch auf der Torhüterposition geben: Für den nach seinem Platzverweis noch einmal gesperrten Hans-Jörg Butt wird diesmal nicht Benedikt Fernandez, sondern René Adler zwischen den Pfosten stehen. Der Junioren-Nationalspieler, der wegen einer hartnäckigen Schulterverletzung und eines Rippenbruchs monatelang ausgefallen war, genießt vor seinem Erstliga-Debüt Skibbes Vertrauen, denn: „Ihn jetzt zu bringen, ist mutig, aber auch sinnvoll. Wir sind von seinen Qualitäten überzeugt.“
Schalke 04: Neuer - Rafinha, Bordon, Krstajic, Rodriguez - Bajramovic, Ernst - Lincoln - Hamit Altintop, Kuranyi, Halil Altintop. - Bay er 04 Leverkusen: Adler - Castro, Juan, Callsen-Bracker, Babic - Ramelow, Rolfes - Freier (Barnetta), Barbarez, Schneider - Kießling. - Schiedsrichter: Gräfe (Berlin).
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