Verletzungen und zwei Gelb-Rot-Sperren waren der Grund dafür, dass Carsten Ramelow in dieser Saison häufiger passen musste. In einer schwierigen Phase kam der Kapitän zurück an Bord und beweist einmal mehr, dass man auf ihn nicht verzichten kann.
BayArena Magazin: Carsten, Du hast Bayer 04 neulich mit einem Überraschungsei verglichen. Man weiß nie was drin ist. Im letzten und auch im vorletzten waren‘s mal wieder richtig gelungene Überraschungen....
RAMELOW: Ja, das kann man wohl sagen. Die kamen aber auch zur genau richtigen Zeit. Das ist ja das schöne bei uns: Wenn alle uns abgeschrieben haben, melden wir uns dann mit Leistungen zurück, die viele nicht für möglich gehalten hätten.
BayArena Magazin: War das 1:0 auf Schalke jetzt der Beginn einer wunderbaren Serie?
RAMELOW: Wer weiß. Klar ist auf jeden Fall, dass wir uns nur mit einer solchen Serie noch berechtigte Chancen auf einen UEFA-Pokal-Platz machen dürfen. Es geht langsam in die heiße Phase der Bundesliga-Saison. Und es wäre ja nicht das erste Mal, dass wir einen starken Endspurt hinlegen.
BayArena Magazin: Was war Ausschlag gebend für den Sieg beim Tabellenführer?
RAMELOW: Wir haben sehr kompakt gestanden. Jeder hat gekämpft für den anderen. Und alle haben jetzt scheinbar kapiert, dass es auch nur so gehen kann. Natürlich war auch ein bisschen Glück dabei. Aber das muss man sich, wie es so schön und richtig heißt, eben auch erkämpfen.
BayArena Magazin: Man hat die Woche mit den Spielen in Blackburn, auf Schalke und zu Hause gegen Stuttgart als Woche der Wahrheit bezeichnet. Die scheint Ihr mit Bravour zu bestehen...
RAMELOW: Moment, wir haben ja noch das schwere Spiel gegen den VfB vor der Brust. Wir müssen dem ersten Schritt nun den zweiten folgen lassen. Und der ist in der Regel immer der schwierigere. Wir müssen uns auf diesem Niveau stabilisieren. Ich bin diesbezüglich auch sehr optimistisch. Das Weiterkommen in Blackburn und der Sieg beim Tabellenführer haben uns unheimlich viel Selbstvertrauen gegeben. Wir haben zwei Mal in Folge zu null gespielt. Das gibt auch der Defensive Sicherheit. Vor allem aber haben wir uns in beiden Spielen als Einheit präsentiert. Das ist immer der Schlüssel zum Erfolg.
BayArena Magazin: Was sagst Du zum Debüt von René Adler?
RAMELOW: Das war absolut erfreulich. Er war unglaublich lange verletzt gewesen und manchmal war ja die Frage, ob das mit seiner Karriere überhaupt noch mal in Gang käme. Jetzt hat er bei seinem Comeback sehr abgeklärt gespielt. Das war schon gut.
BayArena Magazin: Irgendwie scheint Ihr besonders gerne nach Schalke zu fahren. Ausnahmen, wie das 4:7 im vergangenen Jahr, bestätigen da eher die Regel.....
RAMELOW: Ja, die Schalker scheinen uns zu liegen. Es gibt halt so Mannschaften, da spielst du gerne, und dann gibt’s auch Gegner, da fährst du am besten erst gar nicht hin.
BayArena Magazin: Vor knapp zwei Wochen sah die Welt für Euch noch ganz anders aus. In vielen Medien hieß es schon wieder, Bayer 04 befinde sich auf dem Weg ins Mittelmaß...
RAMELOW: Na ja, das wäre ja auch möglich gewesen. Wir hätten in den beiden letzten beiden Spielen schon einiges verspielen können. In solchen Phasen – und die kenne ich ja zur Genüge – kommt es darauf an, dass man sich nicht verrückt machen lässt. Da musst du den Kopf oben halten. Und es war ja auch so, dass rechnerisch immer noch alles möglich war. Von daher ist hier keiner in Panik verfallen, auch wenn wir uns der schwierigen Situation durchaus bewusst waren.
BayArena Magazin: Was gibt Dir Anlass zur Hoffnung, dass die beiden letzten Spiele nicht nur ein Zwischenhoch markieren?
RAMELOW: Ich denke, dass uns diese beiden Partien einen enormen Schub gegeben haben. Du kommst nach Blackburn, und weißt, dass du da erst mal lange die null halten musst. Und dann schaffst du das auch mit einer Energieleistung. Das hat uns schon sehr zusammen geschweißt. Ja, und dann geht es zum Tabellenführer Schalke und da trittst du dann entsprechend selbstbewusst auf und gewinnst sogar noch. Diese beiden Beispiele müssten nun wirklich dem Letzten klar gemacht haben, wie es geht. Wie man erfolgreich spielt.
BayArena Magazin: Du bist nach Deiner Arthroskopie gleich wieder ins ganz kalte Wasser geschmissen worden. Wie hat Dein Knie diese Belastung von fünf Spielen in zwei Wochen überstanden?
RAMELOW: Sehr gut. Das Knie macht überhaupt keine Probleme. Das weiß man natürlich vorher in der Tat nie so genau, ob das alles so hält. Aber es ging wirklich sehr gut. Nur die körperliche Belastung insgesamt war schon sehr hoch für mich. Es läuft aber auch in diesem Bereich immer besser.
BayArena Magazin: Du bist ja eigentlich der Dauerbrenner bei Bayer 04, hast fast in jeder Saison über 30 Bundesliga-Spiele absolviert. In dieser Saison wirst Du davon allerdings weit entfernt bleiben....
RAMELOW: Tja, so was kommt vor. Ich bin erst mit dem Fuß umgeknickt, fehlte daraufhin ein paar Mal, dann kamen zwei Gelb-Rote Karten dazu, zuletzt meine Knie-OP. So ist das halt. Ich bin aber froh, dass ich diese OP haben machen lassen. Wichtig ist ja, dass man schnell den Anschluss wieder findet. Ich denke, ich habe der Mannschaft zum richtigen Zeitpunkt wieder helfen können.
BayArena Magazin: Nun steht nach dem Spitzenreiter der Tabellenzweite VfB Stuttgart auf dem Programm. Wie schätzt Du den Gegner ein?
RAMELOW: Die Stuttgarter spielen einen sehr guten Fußball und sie haben viele gute Spieler in ihren Reihen. Das wird nicht einfach. Aber wir müssen uns nun wirklich vor keinem Gegner verstecken. Außerdem wollen wir, wie gesagt, eine Serie starten. Und uns natürlich mit einem Sieg noch mehr Selbstvertrauen für unser UEFA-Cup-Spiel beim RC Lens holen.
BayArena Magazin: Welche Chancen rechnest Du Euch da aus?
RAMELOW: Französische Mannschaften sind immer unbequem zu spielen. Und Lens ist Tabellenzweiter. Auch das wird also ein hartes Stück Arbeit. Ich traue uns aber auch dort einiges zu. Und wenn wir gegen Lens weiterkommen, ist alles drin in diesem Wettbewerb. Ich war schon mal in Glasgow, und würde gerne noch mal hin zum Finale. Ein paar Träume müssen ja erlaubt sein.