VON KARLHEINZ WAGNER, 04.03.07, 20:05h
So richtig wussten sie beim VfB Stuttgart hinterher nicht, was sie eigentlich falsch gemacht hatten - sie hatten gezeigt, dass sie ihre Stürmer Cacau (sehr gut) und Streller (nicht so gut) jederzeit in Schussposition bringen können; dass sie technisch so weit ausgestattet sind, dass der Ball zügig und flüssig aus der diesmal stark geforderten Abwehr heraus nach vorne gespielt werden kann; dass sie über ausreichend körperliche Wucht verfügen, um den Gegner auch einfach mal zu blocken. Alles in Ordnung so weit - so wird man zwar nicht Deutscher Meister, aber allzu viel wurde da nicht falsch gemacht. Es hat nur einfach nicht gereicht an diesem Tag - weil Leverkusen sich entfesselt in einen Offensivrausch gespielt hatte, der auch jeden anderen Gegner schlecht hätte aussehen lassen. Und weil Leverkusen Rene Adler im Tor und Bernd Schneider mitten auf dem Platz hatte.
Die Personalie Adler kann - wenn der junge Mann das Versprechen einlöst, das seine beiden Sensations-Auftritte in der Bundesliga gegeben haben - ein Meilenstein in der Bayer-04-Geschichte werden. Solch einen Torwart hatten sie noch nicht - nicht zu Schuster-Zeiten, nicht zu Emerson-Zeiten, nicht zu Ballack-Zeiten. Von der Position des Torwarts vermag eine Initiation der Klasse auszugehen, die eine ganze Mannschaft befeuern kann - was die Geschichte von Torhütern wie Schumacher und Kahn, um mal die ganz Großen zu nennen, belegt. Wenn bei Bayer 04 zuletzt weitgehend machtlos von den ganz großen Transfers geträumt wurde, dann wurde womöglich einfach in die falsche Richtung gewünscht. Wenn Rene Adler der wird, der er werden könnte, hat Leverkusen ein Pfand für eine ordentliche Zukunft.
Traumhaftes Spiel
Die Gegenwart des Klubs wird geprägt vom vielleicht besten deutschen Fußballer. Was Bernd Schneider derzeit und ja schon seit Monaten auf dem Platz gelingt, sind jene Sachen, die man sich als Bub so für die Hauptrolle in einem perfekten Spiel zusammenträumt: der 40-m-Pass aus dem Fußgelenk hindurch durch eine Stafette von Gegnern genau in den Fuß des in Position gesprinteten Mitspielers; das kleine, gemeine Zuspiel aus einem Gewühl heraus, durch das sich eine ganze Seite des Spielfelds plötzlich öffnet; der kleine Hackentrick, der zwei, drei Gegenspieler dumm aussehen lässt und dem Kollegen den freien Durchmarsch Richtung gegnerisches Tor ermöglicht.
Trainer Michael Skibbe sagte nachher, er sei mit Schneiders Leistung „einverstanden“ gewesen, und sogar „sehr einverstanden, wenn Bernd Schneider sein Spiel aus der Tiefe macht.“ Oje, was ein Krampf!
Man könnte auch einfach mal sagen: Toll, solch einen Spieler zu haben.