Keine Sorge, der will doch nur spielen!
VON CHRISTOPH PLUSCHKE, 15.03.07, 20:42h
Leverkusen - Nur einmal an diesem Abend war Bernd Schneider in Verlegenheit zu bringen. Nicht mit einem unpräzisen Zuspiel in seinen Rücken oder einer Überzahlsituation zum Vorteil des Gegners in Tornähe, sondern mit einer simplen Frage lange nach dem Schlusspfiff. Was er denn eigentlich von Rudi Völlers Forderung halte, wollte jemand wissen. Zum besseren Verständnis: Der Sportdirektor von Bayer 04 hatte sich dieser Tage via Medien dafür ausgesprochen, dem zuletzt doch ziemlich hoch belasteten Leverkusener Nationalspieler nach dem EM-Qualifikationsspiel am 24. März in Tschechien wenigstens im eher unbedeutenden Testspiel vier Tage später in Duisburg gegen Dänemark eine Pause zu gönnen. Nun ja, druckste Schneider zunächst ein wenig herum, der Rudi habe ja sicher irgendwo Recht, „und mein Körper würde sich bestimmt freuen“, immerhin kämen in nur einem Monat nicht weniger als vier Bundesligaspiele plus zwei Europacupspiele und dann ja auch noch ein oder eben sogar zwei Länderspiele zusammen, „da könnte man so'n Päuschen bestimmt ganz gut gebrauchen“. Andererseits würde das ja bedeuten, dass der Mann, den sie „Schnix“ nennen, freiwillig aufs Fußballspielen verzichten würde. Undenkbar! Also relativierte sich Schneider ganz schnell selbst: „Wenn ich die Wahl habe, dann spiele ich doch lieber zweimal die Woche, als immer nur zu trainieren.“
Er will doch nur spielen!
Und diesen Spieltrieb lebte er auch beim 3:0-Sieg gegen den RC Lens aus - zum Entzücken der Augenzeugen auf den Rängen bzw. vor den Bildschirmen und zum Nutzen der eigenen Mannschaft, die er auf diese Weise ins Viertelfinale des Uefa-Pokals führte. „Er ist ja schon in Normalform Weltklasse, aber jetzt spielt er noch eine Stufe drüber“, schwärmte Tranquillo Barnetta, als er auf seinen Mittelfeld-Kollegen zu sprechen kam. Von allen deutschen Nationalspielern ist Schneider zweifellos derjenige mit der besten Post-WM-Form. Während bedeutend jüngere Protagonisten wie Philipp Lahm oder Bastian Schweinsteiger nach dem Turnier erst mal in ein tiefes Leistungsloch fielen, aus dem sie sich erst jetzt wieder allmählich emporarbeiten, konservierte der mittlerweile 33-jährige Thüringer nicht nur seine Leistungskraft, sondern vermochte sie sogar noch zu steigern. „Im Gegensatz zu manchem Nachwuchsspieler kann der Bernd sehr gut und ökonomisch mit Belastungen umgehen“, glaubt sein Vereinstrainer Michael Skibbe erkannt zu haben. Und in der ihm eigenen Diktion sprach der Coach allen Bayer-Sympathisanten aus dem Herzen, als er einfach mal so feststellte: „Wir sind total stolz, dass wir einen Mann von solch enormer Qualität schon so lange in unserem Kader haben.“
Die Achse des Guten
Das gilt im Übrigen auch für Juan, allerdings nur noch bis zum Ende der laufenden Saison. Der Verlust des brasilianischen Innenverteidigers wird für Bayer 04 kaum zu kompensieren sein. Die Ausnahmespieler Bernd Schneider und Juan sowie das aufstrebende Torhütertalent René Adler (bewahrte sein Team mit einer Glanzparade vor einem frühen Rückstand) und der im Angriff wirbelnde Andrej Woronin (erzielte ein Tor selbst und war an den beiden anderen in der Entstehung maßgeblich beteiligt) bildeten am Mittwoch auf Leverkusener Seite so etwas wie die „Achse des Guten“, der die physisch defizitären Franzosen nichts Konkurrenzfähiges entgegenzusetzen hatten.
„Das Viertelfinale ist schon Luxus, doch nun haben wir Blut geleckt“, fasste Rudi Völler zusammen und klammerte mit Blick auf die Auslosung am Freitag nur eine Mannschaft als Wunschgegner aus: „Alles außer Tottenham Hotspur wäre mir lieb.“