„Star-Rummel ist nichts für mich“

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    Von ALEXANDER HAUBRICHS
    Leverkusen – Seine blonden, vom Training noch feuchten Haare sind unter einer schwarzen Kappe versteckt, zum ersten Interview-Termin kommt er mit Chucks, Dolce & Gabbana-Gürtel und einem dunklen Hemd.
    Der Adler spricht. Der Shootingstar im Bayer-Kasten lässt die letzten Wochen Revue passieren, als er mit dem tollen Debüt auf Schalke Jörg Butt den Stammplatz wegschnappte – und er sich dem Hype, wie er etwa um Lukas Podolski entstand, entzog.


    „Dieser Rummel ist nichts für mich“, sagt der gebürtige Leipziger.




    Herr Adler, einen Monat sind Sie nun im Bayer-Tor. Eine tolle Zeit?


    Klar. Das war ja immer mein Ziel, seit ich mit 15 Jahren hier nach Leverkusen kam. Daran habe ich immer geglaubt. Plötzlich ging alles ganz schnell.



    Danach stürzte einiges auf Sie ein. Ein Hype, ähnlich wie vor einiger Zeit bei einem anderen Shootingstar, bei Lukas Podolski.


    Der Poldi ist ein toller Kerl und macht das gut. Aber ich mache mein Ding. Ich habe keine Lust, jedes Mal in jede Kamera sprechen zu müssen. Dieser ganze Rummel ist nichts für mich. Und wenn ich etwas sage, soll das Gewicht haben.


    Sie waren lange verletzt. Dachten Sie mal ans Hinschmeißen?


    Nein, nie. Sicher hatte ich ein Tief, als ich die Rippenverletzung hatte. Aber die feste Überzeugung, es zu packen, war immer da. Und wenn ich mal down war, haben mich meine Familie, meine Freundin und die Verantwortlichen im Verein aufgebaut. Insbesondere Rüdiger Vollborn, der mir eine Ersatzfamilie bot, als ich aus Leipzig hier rüberkam.


    Wie ist ihr Verhältnis zu Jörg Butt?


    Daran hat sich nichts geändert. Wir gehen kollegial miteinander um.


    Der Schalker Neuer und Münchens Rensing und Sie gelten als der Prototyp des neuen Torwarts. Gibt es eine neue Generation?


    Ich glaube eher, dass das Torwartspiel sich weiterentwickelt hat. Aber wir sind vielleicht die ersten, die von klein auf die richtigen Schwerpunkte mit auf den Weg bekamen. Paraden gibt es im Spiel höchstens zwei oder drei. Das Torwartspiel ist vielfältiger geworden: Es geht um mitspielen, Beidfüßigkeit, Flanken abfangen.



    Im Spiel gegen Gladbach hatten Sie einen „Kahn-Anfall“, haben Andrej Voronin durchgerüttelt. Darf man sich das erlauben als junger Profi?


    Es stand 0:0, er führte einen riskanten Freistoß aus. Das ist nicht seine Aufgabe. Das war gefährlich. Das muss ich ihm dann auch sagen können. Wenn die Kritik berechtigt ist, spielt es keine Rolle, ob du vier oder hundert Spiele hast.


    Was sind Ihre Ziele?


    Wir haben die Mannschaft extrem verjüngt. Jetzt müssen wir zusammenbleiben. Dann kann man in ein, zwei Jahren auch etwas erreichen. Ich persönlich habe einen Master-Plan, auf den ich hinarbeite.


    Keinen Traumklub?


    Doch, Manchester United. Da habe ich als Kind Peter Schmeichel spielen sehen. Ein Riese!


    Es passt im Team…


    Ja, wir machen auch privat viel zusammen. Neulich hat Stefan Kießling für mich gekocht. Tomatensuppe, Bratkartoffeln, Schnitzel…


    Und? Kann er‘s?


    Er hat das wirklich drauf. Er wollte ja mal Koch werden – und das hätte auch geklappt, glaube ich.


    Was machen Sie in Ihrer Freizeit?


    Ich mache etwas für meinen Kopf. Ich lese gern ein gutes Buch, auch mal etwas Spirituelles. Zurzeit etwas von Paulo Coelho, „Veronika beschließt zu sterben“. Da begreift man, dass es nicht jedem so gut geht wie uns.

    "Wenn du mit Bayer den Titel holst, dann schreibst du Geschichte. Das ist etwas für die Ewigkeit."