Völlers Attacke gegen den Schweinehund

  • Quelle: http://www.welt.de/sport/artic…gen_den_Schweinehund.html


    Mit einem Wutausbruch wie vor knapp vier Jahren nach dem Länderspiel gegen Island hat Leverkusens Sportdirektor auf das 1:4 gegen den VfL Bochum reagiert. Wie beim 0:3 im Uefa-Cup gegen Pamplona hatte Rudi Völler so viele Mängel festgestellt, dass ihm der Kragen platzte.


    Erneuter Negativrekord, dazu ein Platzverweis und die Angst vor einer Saison ohne internationalen Wettbewerb. Durch das 1:4 (0:3)-Debakel gegen den Abstiegskandidaten VfL Bochum geriet bei Bayer Leverkusen die zuvor heile Welt vollends aus den Fugen. Innerhalb von nur wenigen Tagen drohen die Rheinländer sämtliche Saisonziele zu verspielen, zumal am Donnerstag im Viertelfinal-Rückspiel bei CA Osasuna das Uefa-Cup-Aus nach dem blamablen 0:3 in der BayArena programmiert ist.


    „Es ist mir unerklärlich, warum wir die Spiele gegen Osasuna und Bochum so beginnen. Vielleicht sind wir zu überheblich“, wetterte Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler, nachdem seine Mannschaft nach nur 22 Minuten gegen die Westfalen mit 0:3 zurückgelegen hatte. Das hatte es beim Werksklub in nun fast 28 Jahren Zugehörigkeit zur deutschen Eliteklasse vor heimischen Publikum noch nie gegeben.Völler, dem zudem das 0:3 drei Tage zuvor gegen CA Osasuna im Viertelfinal-Hinspiel noch sichtlich in den Knochen steckte, stand mächtig unter Dampf, zumal keiner unter dem Bayer-Kreuz damit rechnet, dass diese Mannschaft im spanischen Pamplona noch eine Chance hat.


    "Das werden wir brutal ansprechen"


    Völler redete sich wie einst bei seinem Wutausbruch als Teamchef der deutschen Nationalmannschaft im Anschluss an das 0:0 in Island (6. September 2003) in Rage. „Man könnte mit den vielen Spielen argumentieren. Aber das darf man nicht gelten lassen. Gerade zu Beginn eines Spiels muss man den Schweinehund überwinden. Das werden wir nun brutal ansprechen“, kündigte der einstige Weltklassestürmer als Konsequenz aus der Lethargie seines Teams an. Wie schon gegen Osasuna, als man nach nur 53 Sekunden in Rückstand geriet, verschliefen die Gastgeber die Anfangsphase. Doch es kam noch schlimmer. Innerhalb von nur 15 Minuten führten die Gäste durch ein Eigentor von Karim Haggui (8.), Anther Yahia (16.) und dem griechischen Torjäger Theofanis Gekas, der einen katastrophalen Rückpass von Haggui aufnahm (22.), quasi uneinholbar.
    „Wir müssen mächtig Gas geben in den letzten sechs Spielen. So gewinnt man weder im Uefa-Cup, noch in der Bundesliga und auch nicht in der Verbandsliga. In der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft dann gezeigt, was wir und die Fans von ihr erwarten“, sagte Trainer Michael Skibbe. Als Stefan Kießling traf (61.), war es aber schon zu spät. Der von Bayer umworbene Gekas (Völler: „Ein sehr interessanter Spieler“) machte kurz vor Schluss (89.) seinen dritten Bundesliga-Doppelpack perfekt und führt die Torjägerliste mit 16 Treffern an.


    Üben, üben, üben


    Völler legte den Finger gnadenlos in die Wunde: „Wir haben ein Defizit in der Rückwärtsbewegung. Das hat man schon in Spielen gesehen, die wir gewonnen haben. Es ist auf der einen Seite okay, dass sich ein junger Torwart wie Rene Adler bewähren kann. Aber es spricht nicht für uns, wenn wir so viel zulassen. Das Defensivverhalten reicht nicht aus, um in der Bundesliga ganz oben mitzuspielen.“ Als ein Reporter fragte, ob man Haggui nach dessen schlechter Leistung trösten müsse, platzte Rudi Völler der Kragen: „Wir sind doch hier nicht im Kindergarten. Da muss man halt mal nach dem Training eine halbe Stunde länger bleiben und üben, üben und üben, damit so ein Scheißpass nicht nochmal passiert. Und was heißt hier trösten. Trösten, trösten, mich hat damals auch niemand getröstet.“


    Leverkusen (42 Punkte) hält zwar noch den fünften Rang vor dem 1. FC Nürnberg (41). Doch schon am kommenden Sonntag müssen die Werksfußballer bei Meister Bayern München antreten. Und das ohne den gelbgesperrten Kapitän Bernd Schneider („Wir müssen eine Trendwende reinbekommen“) und dessen Nationalmannschaftkollegen Stefan Kießling, der von Referee Peter Gagelmann wegen Schiedsrichter-Beleidigung die Rote Karte sah (80.) und dafür vereinsintern eine Geldstrafe erhalten wird.
    Bochums Trainer Marcel Koller hatte aus seinem Besuch des Osasuna-Spiels offenbar die richtigen Schlüsse gezogen und seine Profis gut vorbereitet. Das Thema Gekas, der maßgeblichen Anteil an den bis dato 33 Punkten (Rang 11) der Westfalen hat, scheint für den Schweizer abgehakt: „Er ist unsere Lebensversicherung. Man muss alles tun, um ihn zu halten. Das wird aber sehr schwierig.“