Nummer 9 lebt!

  • Nummer 9 lebt!
    http://www.sueddeutsche.de


    Kann nicht schießen, kann nicht köpfen: Aber er kann Tore erzielen. Theofanis Gekas steht für die Rückkehr des Mittelstürmers in der Bundesliga.
    Von Jürgen Schmieder


    Es gab im Fußball mal eine Zeit - es ist schon ewig her - da wurden Fußballerpositionen mit Nummern umschrieben. Die Eins stand im Tor, klar. Die Nummer fünf war der Libero - eine Position, die inzwischen beinahe ausgestorben ist. Die Sieben flitzte auf dem Flügel umher, der Zehn wurde von der Sechs der Rücken freigehalten. Und die Nummer neun hatte nur eine Aufgabe: Tore schießen.


    Das funktionierte meist so: Der Stürmer parkte sich selbst in der Nähe des Strafraums und führte seine Bewegungen nach dem Junger-Hund-Prinzip aus: Er lief nur, wenn der Ball in der Nähe war. Dann wurde der Hintern hinausgestreckt, eine schnelle Drehung vollführt und irgendwie kullerte der Ball ins Tor. Arbeit erledigt.


    Im modernen Fußball klingt der Begriff "Mittelstürmer" wie ein Anachronismus. Angreifer sollen rochieren, auf den Flügeln zu finden sein, sich ins Mittelfeld fallen lassen - ja, sie sollen in manchen Systemen gar die ersten Verteidiger sein. Stürmer von heute sind die offensiven Mittelfeldspieler von früher - was zu Hybrid-Spielern führte wie Ronaldinho oder Schlaudraff, die irgendwie beides sind.


    Dann taucht plötzlich einer mit der Rückennummer 22 auf und spielt, wie eine Nummer neun spielen muss. Theofanis Gekas läuft in einem Spiel öfter ins Abseits als ganze Mannschaften in einer kompletten Saison. Er hat nicht viele Ballkontakte, im Training begrenzt sich sein Aktionsradius bisweilen auf weniger als fünf Meter. Sein griechischer Kollege Ioannis Amanatidis sagte über ihn: "Er kann nicht köpfen, hat keinen Schuss." Aber: Er schoss in 31 Spielen 20 Tore. Arbeit erledigt.


    Es gibt noch ein Zitat, das so alt ist wie das Wort Mittelstürmer: "Die können nix, nur Tore schießen." Theofanis Gekas hat in dieser Saison bewiesen, dass auch im modernen Fußball diese Qualität immer noch gefragt ist. Er wechselt zur kommenden Saison nach Leverkusen. Man sollte dort Sergej Barbarez schnell eine neue Rückennummer zuweisen. Die "9" ist für Gekas reserviert.

    Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorbei, in der man kann.