Nur auf dem Platz ein Superstar
München - Das Urteil der Experten ist eindeutig: Bernd Schneider war in der Nach-WM-Saison der überragende deutsche Spieler.
In der Sport1-Elf war er sogar mit zehn Nominierungen der beste aller Bundesliga-Akteure. Doch auch im Erfolg bleibt der Leverkusener bescheiden.
Einmal in der vergangenen Saison gab Schneider allerdings den Lautsprecher.
Nach dem 2:0-Heimsieg im "Endspiel" um den Uefa-Cup-Einzug gegen den 1. FC Nürnberg kletterte der zweifache Torschütze auf den Zaun vor dem begeisterten Bayer-Anhang und ließ sich das Megaphon des Anpeitschers reichen.
Wortkarg und introvertiert
Dass dieser ihm dann aber die Worte einflüstern musste, um die Fans zum Singen zu bringen, passte wieder ins Bild.
Denn Schneider ist außerhalb des Platzes ein Leisetreter. Zurückhaltend, wortkarg und introvertiert.
"Ich protze nicht herum"
Entsprechend nüchtern kommentiert er die Lobeshymnen ebenso wie die Wahl zum Top-Spieler in der Sport1-Elf. "Natürlich freut einen das", sagt er. "Aber deshalb protze ich nicht herum."
Der gebürtige Thüringer lässt lieber Taten sprechen. Dass er über eine sensationelle Technik verfügt, zeigt schon sein Ehrenname "weißer Brasilianer".
Doch seit Jahren überrascht der 33-Jährige auch durch seine physische Stärke und seine enorme Kondition, so auch bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Sommer.
Kein Leistungsloch nach der WM
Und danach fiel er im Gegensatz zu fast allen Teamkollegen aus der DFB-Auswahl nicht in das befürchtete Leistungsloch. Schneider verweist zwar auf ein Formtief im letzten Herbst, aber das hat außer ihm keiner wahr genommen.
Vielmehr sorgte "Schnix" mit seinen zahlreichen Gala-Vorstellungen für Aufsehen und hatte den Bärenanteil daran, dass sich die Leverkusener wieder für den Uefa-Cup qualifizierten.
Kein Erfolgsgeheimnis
Ein Erfolgsgeheimnis für seine enorme Konstanz auf hohem Niveau kann Schneider im Gespräch mit Sport1.de auch nicht nennen. "Das Wichtigste ist für mich immer, dass ich die Vorbereitung mitmachen kann und verletzungsfrei bleibe", sagt er nur.
Hinzu kommt vermutlich die Rückendeckung im Verein. Dort ist man sich der Bedeutung des Mittelfeld-Chefs voll bewusst. "Wir sind mächtig stolz, so einen Spieler in der Mannschaft zu haben", sagt Bayer-Coach Michael Skibbe. Und für Sportdirektor Rudi Völler steht sogar fest: "Bernd ist der Superstar der Bundesliga."
In der Tat gehört Schneider seit seinem Wechsel von Eintracht Frankfurt ins Rheinland 1999 zu den absoluten Leistungsträgern, auch wenn er mit Bayer keine Titel gewann: Zweimal wurde er Vize-Meister (2000 und 2002), zudem verlor er 2002 mit den Leverkusenern die Endspiele in der Champions League und im DFB-Pokal.
Angebote von Top-Klubs abgelehnt
Trotzdem lehnte er mehrere Angebote von Top-Klubs ab, unter anderem von Juventus Turin und aus Spanien. Denn im beschaulichen Leverkusen hat er seine Ruhe und kann sich auf den Fußball konzentrieren, ohne große Nebengeräusche.
"Bernd steht nie so im Mittelpunkt wie die Ballacks und Podolskis, obwohl er Dinge macht, wie man sie sonst vielleicht nur in Brasilien sieht", hat Völler auch gesagt. Damit traf der Ex-Teamchef gleich doppelt den Nagel auf den Kopf.
Denn der "weiße Brasilianer" will gar nicht im Mittelpunkt stehen. Von gelegentlichen Ausnahmen als Lautsprecher einmal abgesehen - aber bitte mit Einflüsterer.
Martin Volkmar