Jenseits von Jena
Er ist der beste Fußballer Deutschlands. Und der stillste. Beim Spiel gegen San Marino ist er Kapitän
Bernd Schneider spielt Fußball. Jeden Tag. Und eigentlich ist das schon alles. Tag für Tag dribbeln, Pässe zirkeln, mit einem Gegner um den Ball kämpfen, Haken schlagen, Freistöße treten. Bernd Schneider sagt: "Es ist meine Aufgabe, die Bälle zu verteilen, das Spiel zu bestimmen, die nötigen Vorlagen zu machen.“ Niemand spricht so prosaisch über den Fußballer Schneider wie Schneider selbst. Jeder andere schwärmt in einer Mischung von Staunen und Verzückung. Und bei jedem fällt der eine Satz: "Der Bernd will immer nur Fußball spielen.“
Bernd Schneider, geboren 1973 in Jena, 1,76 Meter groß, 74 Kilo, struppige, straßenköterblonde Haare. Ein Allerweltsname, ein schmächtiger Typ, dessen einziges Styling ein Brilli im linken Ohr ist. Ganz und gar unauffällig. Bernd Schneider hebt sich das Spektakel für den Fußballplatz auf. Er ist offensiver Mittelfeldspieler, aber er ist überall. Er läuft und schwitzt und rackert. Vor allem aber spielt er: leitet hier einen Konter ein, spielt dort den schnellen Doppelpass, guckt nach rechts und spielt nach links ab, legt sich mit links vor und spitzelt mit rechts weiter oder umgekehrt.
Schneider, Spitzname Schnix, ist ein begnadeter Techniker. Rudi Völler, Sportdirektor von Schneiders Verein Bayer Leverkusen, sagt, seine Fähigkeiten seien ihm "vom lieben Gott in die Wiege gelegt“ worden. Schneider sagt: "Ich habe viele gesehen, die größeres Talent haben als ich, es aber trotzdem nicht geschafft haben. Auch am technischen Bereich muss jeden Tag gearbeitet werden.“ Der Hinweis, dass er sein Talent nicht nur verwaltet, sondern pfleglich behandelt, ist das größte Eigenlob, das man hören wird.
Er ist so ziemlich der stillste Führungsspieler, den man sich vorstellen kann, das Gegenteil von Effenberg, Matthäus oder auch Ballack. Torsten Ziegner, einstiger Mitspieler und bester Freund, sagt, schon früher sei Schneider immer einer der Besten und zugleich der Stillste gewesen. So ist es geblieben, in mehr als 400 Erst- und Zweitligaspielen, in bald 80 Länderspielen, in Dutzenden Champions-League-, Uefa-Cup- und Pokalspielen.
Schneider macht nicht gern viele Worte, dafür solche, die sitzen. Klaus Toppmöller, damals sein Trainer, erinnert sich an das Champions-League-Finale 2002, als Leverkusen gegen Real Madrid spielte. Zur Halbzeit führten die Spanier 2:1. In der Kabine, sagt Toppmöller, "hab ich das Spiel analysiert, und ganz zum Schluss, der Schiri hat schon gepfiffen, steht Ballack auf, der hat die Mannschaft immer aufgerüttelt, und sagt: 'Jungs, da kommt ihr nie mehr hin!‘ Da steht auch Schneider auf, hinten in der Ecke, und sagt: 'Du vielleicht!‘“