Thomas Hörsters Mannschaft bezwingt den FC Bayern München mit 2:1 nach Verlängerung.
VON CHRISTIAN OEYNHAUSEN UND MICHAEL RAHM, 24.06.07, 20:05h, AKTUALISIERT 24.06.07, 20:06h
Leverkusen - Das bekommt man so deutlich auch nur selten gesagt beim Fußball: Das Mädchen ist aus Trainersicht offenbar der natürliche Feind des Talents. Thomas Hörster, der Trainer der A-Junioren von Bayer 04, hat dieses Thema angeschnitten, als er nach dem Sieg im Finale um die Deutsche Meisterschaft um eine Prognose gebeten wurde: Wer von den Jungs schafft es in die Bundesliga? „Kann man nicht vorhersagen. Jetzt kommt die Ausbildung, jetzt kommen die Mädchen“, seufzte Trainer Hörster, und es klang, als fürchte er junge Liebe mehr als einen Kreuzbandriss. Das Mädchen neigt eben manchmal dazu, den Spieler zu bewundern wie einen Popstar, bis sich der Spieler genau dafür hält und nicht mehr so trainiert, wie er sollte. Und dann wird aus dem Talent kein Profi mehr. Und aus dem Mädchen keine Spielerfrau.
„Man weiß nie, wie weit es bei wem geht“, sagte Hörster und bezog das ausdrücklich auf beide Teams. Toni Kroos, Münchens Supertalent, gestern wenig auffällig, steht schon bei Ottmar Hitzfeld auf dem Zettel, sein Teamkollege Sebastian Langkamp geht zum HSV. Und die Leverkusener? Etwa die Hälfte der Mannschaft um Kapitän Dennis Schmidt spielt nächstes Jahr in der Oberliga Nordrhein - der nächste Schritt.
Der etwas pessimistische Anflug bei Trainer Hörster mag daher rühren, dass es sein letztes Spiel war als Trainer der Leverkusener U 19. Der Coach wechselt ins Scouting, aber gern gibt er den Job bei den Junioren nicht auf, wie man hört. Er verlässt eine Mannschaft, die Spaß macht, weil sie zusammenhält. Die Gegentore unverdrossen wegstecken kann und Rückschläge verdaut wie die Suspendierung ihres Kapitäns Abdulla Keseroglu vor wenigen Wochen nach einem Unfall mit Fahrerflucht.
Um Hörster herum herrschte deshalb ausgelassene Freude. Mit dem 2:1 (0:1, 1:1) nach Verlängerung gegen Bayern München holte sich Bayer 04 den dritten U-19-Titel nach 1996 und 2000. Es ist ein Außenseitersieg: Vor der Saison in der Bundesliga West galt Schalke als unüberwindbar überlegen, und im Finale waren die Bayern Favorit. Die Führung der Gäste durch Thomas Müller glich Bastian Oczipka nach Doppelpass mit Bayer-Kapitän Dennis Schmidt aus. Eine Hereingabe des starken Marcel Risse verwandelte der eingewechselte Alexander Hettich aus 16 Metern zum 2:1. Zuvor hatte Bayer 04 großes Glück, als die Bayern in der Schlussminute der regulären Spielzeit nur die Latte trafen.
Hettichs Tor war der letzte Treffer einer für Leverkusen fast perfekten Saison, in der das Team nur einmal verlor: im Oktober 1:2 bei Schalke. „Wir haben alles geholt,“ freute sich Hörster. Staffelsieg im Westen, Mittelrhein-Pokal (4:0 im Finale gegen den 1. FC Köln), Champions Trophy und nun die Meisterschaft.
Vieles sah aus wie beim Profifußball am Sonntag rund um die BayArena: ein ordentlicher Verkehrsstau, gestresste Ordner, eine Siegesfeier mit Sektfontänen, „We are the champions“, ein prallvolles Stadion. Und viele junge Mädchen.