Von Jens Mickler
Einen schöneren Abschied hätte sich David Hohs nicht vorstellen können. "Das ist das Höchste, was ich erreichen konnte", sagte der Keeper, der mit den A-Junioren von Bayer 04 Leverkusen dank eines 2:1-Erfolgs (n.V.) soeben den Deutschen Meistertitel errungen hatte. Von den Bambinis bis zu den A-Junioren trug Hohs das Bayer-Trikot. Doch nun, nach 13 Jahren im Klub, kehrt der 19-Jährige Bayer Leverkusen den Rücken. Sein neuer Klub: Alemannia Aachen.
David Hohs geht der Perspektive wegen, wie er sagt. "In Aachen werde ich erster Keeper in der Oberliga-Mannschaft. Ich denke, dass es dort schneller nach oben geht", glaubt das Torwart-Talent. Wie seine Teamkollegen hat Hohs nur ein Ziel: Profifußballer zu werden. Immerhin sechs seiner ehemaligen Teamkollegen bleiben Bayer Leverkusen erhalten und wechseln in die U23-Mannschaft von Trainer Ulf Kirsten, die in der neuen Saison in der Oberliga startet.
Einer von ihnen ist Kim Falkenberg, deutscher U19-Nationalspieler und Abwehrstütze bei Bayers A-Jugend. Angebote von Zweitligisten und aus der Regionalliga habe er bekommen, sagt Falkenberg. Doch er habe sich entschieden, bei Bayer zu bleiben. "Ein Jahr Oberliga ist in Ordnung, aber auf Dauer reicht mir das nicht", erklärt der Youngster gegenüber sport.ARD.de. Mit dem Sprung zu den Profis kann es auch ihm nicht schnell genug gehen. Falkenberg will im Frühjahr das Abitur machen, aber eher nebenbei. Einen Versuch gibt er sich. "Wenn 's nicht klappt, habe ich eben nur das Fachabitur. Das reicht. Ich setze voll auf die Karte Fußball."
Im Notizbuch der Bundesligisten
Mit guten Aussichten, denn Talente wie Kim Falkenberg und David Hohs sind bei den Profi-Klubs begehrt. "Wir werden sicher einen Großteil der Spieler, die hier im Finale standen, in der Bundesliga wieder sehen", sagt Ex-Manager Rolf Rüssmann, der im DFB-Jugendausschuss sitzt. Vor allem die Jugend-Nationalspieler seien bei den Bundesliga-Klubs bestens bekannt, so Rüssmann.
Zu gern hätte auch Claus-Dieter Wollitz, gerade mit dem VfL Osnabrück in die Zweite Liga aufgestiegen, ein Schnäppchen vom Finale gleich mitgenommen. "Aber diese Spieler kriegen wir doch gar nicht", erklärt Wollitz nüchtern. Dennoch wollte sich der Trainer einen Überblick über die Qualität der A-Junioren verschaffen. "Man weiß ja nie, was sich irgendwann mal ergeben kann", sagt Wollitz und nennt das Beispiel Pierre de Wit. Der ehemalige Jugendspieler packte bei Bayer 04 nicht den Durchbruch und schloss sich zur neuen Saison dem Wollitz-Klub an.
Bei einem Zweitligisten Spielpraxis sammeln oder bei einem Bundesligisten noch das eine oder andere Jahr reifen und mit der Reserve vorliebnehmen - was ist die bessere Alternative? "Das muss man von Fall zu Fall sehen," sagt Frank Engel, Nationaltrainer der U19-Junioren, die Spieler seien jetzt an einer entscheidenden Schnittstelle ihrer Laufbahn - von der Jugend zu den Profis. "Bislang wurden sie von ihren Eltern jahrelang zum Training gefahren, jetzt müssen sie sich gegen einen 28-jährigen Familienvater durchsetzen. Das ist nicht einfach", sagt Engel. Dennoch würde er einem A-Junior immer raten, das Angebot eines Bundesligaklubs anzunehmen, wenn sich diese Chance biete.
Im Fokus der englischen Späher
So wie Bayern Münchens Kapitän Sebastian Langkamp beispielsweise, der sich zur neuen Saison dem Hamburger SV anschließt oder Toni Kroos, der wohl umworbenste Youngster des FC Bayern, der bereits bei den Profis unter Ottmar Hitzfeld mittrainiert. Schon haben sogar die Scouts der finanzkräftigen Klubs aus der englischen Premier League die Fühler nach dem Super-Talent ausgetreckt. Auch in Leverkusen saßen sie auf der Tribüne. Da wird Bayern-Manager Uli Hoeneß alles dransetzen müssen, um den Umworbenen, den die Tageszeitung "Guardian" als größtes Talent Europas bezeichnet, länger an den Klub zu binden.
Über einen jungen Mann wie Toni Kroos braucht sich Osnabrücks Claus-Dieter Wollitz vorerst keine Gedanken zu machen. Dennoch: So ganz ohne Illusionen reiste der Zweitliga-Coach dann doch nicht aus Leverkusen ab: "Vielleicht kann man den einen oder anderen jungen Spieler ja doch kriegen", hofft Wollitz.