Tränen im Bayer-Kaufhaus
VON ROMAN ZILLES
Am vierten Adventssamstag, pünktlich um 14 Uhr, wurde das letzte Bayer-Kaufhaus geschlossen. Die Mitarbeiter, die bis zum Schluss teils nur mühsam durchgehalten hatten, trauerten um ihre „große Familie“.
Die Beschäftigten hatten für sich selbst Trauerkleidung angeordnet. Ganz in schwarz erschienen die Mitarbeiterinnen. „Der Räumungsverkauf war intensiv und anstrengend. Zeit, über alles nachzudenken, hatten wir bisher kaum“, bemerkte Nena Jurcic. Aber natürlich haben alle mitbekommen, dass sich die Reihen der Beschäftigten immer weiter lichteten. „Im März sind die ersten Kolleginnen gegangen. Jetzt ist nicht mal die Hälfte der festen Belegschaft noch hier“, sagte Petra Kaufeld.
Es war, als sei der Herzschlag des Bayer-Kaufhauses innerhalb diesen Jahres immer schwächer geworden. Am Samstag trat nach 110 Jahren der Stillstand ein. Punkt 14 Uhr hieß es „Time to say Goodbye“ aus den Lautsprechern, der Mitarbeiter einer Wach- und Schließgesellschaft drehte den Schlüssel in der Eingangstür, und Mitarbeitern kamen die Tränen. Aus und vorbei. In wenigen Tagen kommen die Bagger. Bald schon wird nichts mehr übrig sein vom geschichtsträchtigsten Leverkusener Kaufhaus.
Abschied auf Raten
Der Abschied auf Raten begann offiziell vor gut einem Jahr. Was vorher als Gerücht kursierte, wurde Ende 2006 Gewissheit: die Schließung. „Die Verhandlungen über den Interessensausgleich und den Sozialplan sind sauber abgelaufen“, erinnerte sich Margret Daniel. Die ehemalige Betriebsratsvorsitzende des Kaufhauses ist für viele noch immer die „Mutter des Hauses“ und stand den Kollegen (Daniel: „Ich liebe sie alle.“) am Samstag bei. Der Räumungsverkauf, der Anfang November begann, war da längst auf dem Zielstrich angekommen. Zuletzt gab es 70 Prozent Ermäßigung auf alles. Aber viel war nicht mehr übrig. Im Obergeschoss stand die Hälfte der Verkaufsfläche leer, das Untergeschoss war komplett verwaist. Der Großteil des Rest-Sortiments wurde im Erdgeschoss zusammengestellt.
Geschäftseröffnung geplant
„Für mich ist der Abschied etwas leichter. Ich verlasse das Kaufhaus mit einer Perspektive“, erklärte Elke Göltzer. Sie will mit zwei Kolleginnen ein Bekleidungsgeschäft in Langenfeld eröffnen. „Aber der Abschied fällt mir schwer“, ergänzte Göltzer. Nach dem Ladenschluss am Samstag setzten sich die Beschäftigten, die sich als „große Familie“ sehen, zusammen: zu einer tränenreichen Mischung aus Abschluss- und Trauerfeier. „Aber wir haben bereits weitere Treffen organisiert“, verriet Göltzer.
Die Kunden nahmen den Abschied unterschiedlich auf. „Ich bin nicht so sentimental“, sagte Saskia Wingchen aus Quettingen. Zwar werde sie das Bayer-Kaufhaus, das sie zum Kauf vom Kinderkleidung, Lebensmittel-Spezialitäten und Haushaltswaren ansteuerte, vermissen. „Aber ich werde andere Geschäfte finden – vermutlich in Köln“, bemerkte Wingchen. Etwas wehmütiger war da Ferdinand Wilhelmi zumute.
„Ich kenne noch das alte Bayer-Kaufhaus“, erzählte der gebürtige Wiesdorfer. Fast jede Woche sei er als Kunde gekommen, hauptsächlich wegen Bekleidung. „Ich lasse mich überraschen, was ECE in zwei Jahren zu bieten hat“, sagte der 77-Jährige. Aber traurig sei er schon. Denn: „Wie damals mit dem alten Rathaus, fällt jetzt schon wieder ein Stück Wiesdorf weg.“