ARD-Sportschau droht das Aus
Erschienen am 29. Januar 2008
Auf einen radikalen Schnitt müssen sich die Fußball-Fans in Deutschland durch die mögliche Neuordnung der Bundesliga-Fernsehrechte ab 2009 einstellen. Neben einer ungewohnten Aufteilung des Spieltages im Häppchen-Format könnte auch die kompakte Berichterstattung der ARD-Sportschau am frühen Samstagabend der Vergangenheit angehören. "Es wird ganz eng", sagte die für die Sportschau verantwortliche WDR-Intendantin Monika Piel in Köln und stellte klar: Sollte eine Bundesliga-Sendung im frei empfangbaren Fernsehen erst nach 20.00 Uhr zugelassen werden, werde die ARD nicht mitbieten. Branchenkenner bezweifeln zunehmend, dass die Bundesliga-Sportschau überlebt.
"Der Spieltag der Zukunft wird eine komplett andere Veranstaltung"
Was der bislang wohl härteste Kampf um die TV-Rechte zunächst für die Sender und später für die Zuschauer bereithalten wird, das wurde zur gleichen Zeit im rund 600 Kilometer entfernten München deutlich. "Der Spieltag der Zukunft wird eine komplett andere Veranstaltung", prophezeite dort auf einer Podiumsdiskussion der Vorstandsvorsitzende des deutschen Rekordmeisters Bayern München, Karl-Heinz Rummenigge, zugleich Vorstandsmitglied des Ligaverbandes. Wie dieser Spieltag der Zukunft aussehen wird, ist offen. Denkmodelle und Spekulationen gibt es viele: Wahrscheinlich ist, dass die Zahl der 15.30-Uhr-Spiele am Samstagnachmittag reduziert wird, stattdessen könnten einzelne Live-Spiele im Anschluss oder zusätzlich zu den bisherigen zwei am Sonntag stattfinden. Die Freitagabend-Begegnung dürfte erhalten bleiben.
Drei Milliarden Euro garantiert
Das Verhältnis von Pay-TV zu Free-TV dürfte sich jedoch in jedem Fall verändern. Neben Rummenigge nahm vom Ligaverband Eintracht Frankfurts Vorstands-Vorsitzender Heribert Bruchhagen teil. Zudem waren die ARD, das ZDF, der Pay-TV-Sender Premiere, die ProSiebenSat. 1-Gruppe, die Sponsoren-Vereinigung S20 sowie die Kirch-Tochter Sirius vertreten. Sie vermarktet die Bundesliga-Rechte für 2009 bis 2015, insgesamt drei Milliarden Euro wurden der DFL dafür garantiert. Statt 420 fließen durchschnittlich 500 Millionen Euro pro Saison an die Deutsche Fußball Liga (DFL). Zunächst werden die Rechte auf drei Jahre ausgeschrieben.
Konfusion vermeiden
"Wir müssen darauf achten, dass die Qualität der Berichterstattung so bleibt, wie sie ist", warnte Bruchhagen. "Gelebte Zeiten müssen wir zementieren", meinte Rummenigge im Hinblick auf die klassische Anstoßzeit 15.30 Uhr, das Pay-TV-Angebot müsse zudem einfach und einheitlich zu erwerben sein: "Wir müssen Konfusion beim Verbraucher vermeiden. Ein technisches Kuddelmuddel darf es nicht geben." Er sei ein Freund der Sportschau geworden, sagte Rummenigge weiter. Aber: "Man wird sehen, was es der ARD wert ist, die Sportschau zu erhalten."
ARD will mehr bieten
Welche Auswirkungen die angestrebten Erlöse für die ARD haben werden, machte Sportschau-Chef Steffen Simon deutlich: "Diesmal wird man erstmal auf eine Summe kommen müssen", sagte er und meinte damit, dass anders als 2005 weniger Rücksicht auf bewährte Strukturen genommen werden dürfte. Beim letzten Rechtepoker hatte sich die Liga für das geringere Angebot von ARD und dem Pay-TV-Sender arena entschieden. Der arena-Konkurrent Premiere war mit seinem Ansinnen auf größere Exklusivität und eine spätere Ausstrahlung im frei empfangbaren Fernsehen gescheitert. Die ARD hat aber offenbar jetzt bereits signalisiert, diesmal mehr bieten zu wollen. Die Frage ist, ob das reicht.
Eigenes TV-Format der DFL sorgt für Verdruss
Dass Sirius und die DFL künftig über eine gemeinsame Produktionsfirma für das Pay-TV, Kabelnetzbetreiber und Internet-Anbieter ein Bundesliga-Vollprogramm produzieren wollen, stößt derweil vor allem bei Premiere auf strikte Ablehnung. Die Münchner sehen durch die entstehende redaktionelle Ohnmacht "unsere Herzkammer entfernt", wie es Premieres Sport-Vorstand Carsten Schmidt ausdrückte. Man werde sich "gegen diese Marktmacht verteidigen", sich gegen dieses "Friss-oder-Stirb"-Prinzip "auf die Hinterbeine stellen". Zuletzt hatte Premiere schon das Bundeskartellamt gebeten, den Vermarktungsvertrag zwischen der DFL und Sirius prüfen zu lassen. Doch die Verärgerung bei Premiere ist nur einer der Brandherde in der anlaufenden Bieterschlacht.