St. Pauli lacht sich kaputt
Von THOMAS GASSMANN
Leverkusen - Letzten Donnerstag präsentierte Bayer einen Blick in die Zukunft. Neuer, launiger Kino-Spot, neue High-Tech-Arena für 56 Millionen Euro, neue Spieler und neue Ziele.
Die Schale soll bald nach Leverkusen. Nur 40 Stunden später wurden die ehrgeizigen Pläne von einer Billig-Truppe jäh zerstört.
Die Kicker vom Kiez blamierten Bayers Traumtänzer beim 1:0-Sieg bis auf die Knochen. Das baufällige Millerntor-Stadion bebte, die Fans lachten, um anschließend kräftig zu feiern. Die Spieler des Zweitliga-Aufsteigers kosteten den Triumph aus und verhöhnten den „Klassenfeind“.
„Die dachten wohl, sie könnten mit uns Pingpong spielen“, zischte der saustarke Björn Brunnemann, „da haben sie sich aber geschnitten.“
Die biederen Paulianer brauchten nicht viel aufzubieten, um Bayers Starensemble zu stoppen. Sie gingen nur kernig in die Zweikämpfe, schlugen bei Ballbesitz lange Pässe und sorgten in der Abwehr des Bundesligisten für ein Chaos.
„So schlecht habe ich die mir nicht vorgestellt“, sagte Paulis Vizepräsident Carsten Pröpper, „da habe ich keine Leidenschaft und keinen Kampf gesehen.“ Bernd Schneider war angesichts der Nicht-Leistung so angefressen, dass er seinem Gegenspieler Marcel Eger nach dem Abpfiff den Handschlag verweigerte. „Die Leverkusener sind gespickt mit Nationalspielern“, höhnte der Verteidiger, „ich fand es bezeichnend, dass mir der Herr Schneider nach dem Spiel nicht die Hand gegeben hat. Er muss sich geärgert haben.“
In der Chefetage Bayers nahm man das sensationelle Pokal-K.o überraschend emotionslos zur Kenntnis. „Das war keine Blamage“, resümierte Sportchef Rudi Völler, „jetzt sind wir in der Realität gelandet. Nun kommt Cottbus zum 1. Bundesligaspiel. Die müssen wir schlagen.“
Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser ließ sich angesichts der Peinlichkeit zu dieser gewagten Prognose hinreißen. „Die Bayern haben auch schon einmal im Pokal gegen St. Pauli verloren und wurden im gleichen Jahr Deutscher Meister.“
Express 06.08.