Bernd Schneider ist schon lange dabei, doch nie war er besser als heute. Das will der 33-Jährige ausnutzen und endlich einen Titel gewinnen. SPIEGEL ONLINE erklärt der Nationalspieler, warum die Bayern schlagbar sind und wie er sich selbst Minuspunkte in einem Managerspiel bescherte.
SPIEGEL ONLINE: Herr Schneider, Sie gelten als jemand, der immer einen Ball um sich haben muss. Wie haben Sie diese, für einen Nationalspieler unglaublich lange, Sommerpause überstanden?
Schneider: Dort, wo ich bin, gibt es immer auch Sportmöglichkeiten. Dann kommt zwangsläufig mal ein Ball dazu. Diesen Sommer habe ich aber eher Wasserball, Tischtennis und Beachvolleyball gespielt.
SPIEGEL ONLINE: Nun stehen Sie vor einer Saison, die Ihre internationale Karriere krönen könnte. Ist es Ihr Lebenstraum, im kommenden Sommer mit dem EM-Pokal aus der Nationalmannschaft abzutreten?
Schneider: Ich hatte schon viele Träume: Profi zu werden, in der Bundesliga zu spielen, Nationalspieler zu werden, in der Champions League zu spielen. Aber die Krönung ist natürlich ein Titel, das ist ganz klar. Und der ist mir bislang vorenthalten geblieben. Ich arbeite dran. Aber für die EM müssen wir uns erstmal qualifizieren, das darf man nicht vergessen.
SPIEGEL ONLINE: Es sieht doch sehr gut aus.
Schneider: Ja, aber es ist noch nichts unter Dach und Fach. Wenn man nicht aufpasst, ist es schnell vorbei.
SPIEGEL ONLINE: Vor dieser Bundesliga-Saison fragen sich alle Experten nur, wie die Tabelle hinter den Bayern aussehen wird. Erwarten auch Sie solch ein einseitiges Titelrennen?
Schneider: Nein. Andere Clubs haben auch sehr gute Mannschaften. Wem es gelingt, über die ganze Saison konstant gut zu spielen, und in schwächeren Phasen immer noch zu punkten, der hat auch Chancen auf die Meisterschaft. Ich glaube nicht an einen Alleingang der Bayern.
SPIEGEL ONLINE: Mangelnde Konstanz war zuletzt das große Problem in Leverkusen. Könnte Ihr Club in diesem Jahr dieser krisenfreie Konkurrent der Bayern werden?
Schneider: Das ist immer schwer zu sagen. Wir wollen uns wieder mindestens für den Uefa-Cup qualifizieren. Und wenn man schon mal in der Champions League gespielt hat, dann will man auch da wieder hin.
SPIEGEL ONLINE: Wenn Sie am Samstag gegen Cottbus (15.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) nicht gewinnen, sind Sie nach toller Vorbereitung aber direkt mächtig fehlgestartet.
Schneider: Da spielen die Pokaldeppen gegeneinander, wir haben etwas gut zu machen.
SPIEGEL ONLINE: Die Bundesliga boomt, die Stadien sind voll, es gibt neue aufregende Stars. Holt die Liga auf gegenüber Spanien, England und Italien?
Schneider: Ja, die Bundesliga rockt.
SPIEGEL ONLINE: So wie Sie mit Ihren 33 Jahren, Sie sind praktisch nie verletzt. Machen Sie immer noch die Übungen, die Sie damals bei Jürgen Klinsmann gelernt haben?
Schneider: Ja, ich habe da einfach gesehen, wie viel das bringt, ich hatte gewisse körperliche Defizite, und das hilft.
SPIEGEL ONLINE: Kommen solche Methoden jetzt auch im Alltag von Bayer Leverkusen zur Anwendung?
Schneider: Jeder Trainer hat da seine Philosophie und handelt danach.
SPIEGEL ONLINE: Die Mehrheit der Nationalspieler ist im Jahr nach der WM in ein tiefes Loch gefallen. Sie hatten eine Ihrer besten Spielzeiten überhaupt. Woran lag das?
Schneider: Da spielen viele Faktoren zusammen. Durch meine Erfahrung konnte ich gut mit dem kurzen Urlaub und der sehr kurzen Vorbereitung danach umgehen. Aber ganz entscheidend ist auch: Man darf den Fußball nicht zu ernst nehmen. Ich habe es 2002 selber erlebt: Alle sagen und schreiben, dass man in einem Loch steckt, irgendwann glaubt man das dann und fällt wirklich rein. Aber auch ich will mich noch weiter entwickeln.
SPIEGEL ONLINE: Sie waren doch schon in der abgelaufenen Saison der kompletteste Fußballer der ganzen Liga. Was wollen Sie verbessern?
Schneider: Es wäre tatsächlich schon in Ordnung, wenn ich das Niveau vom letzten Jahr halten könnte. Aber es gibt auch immer Punkte, wo man dazulernt, das ist ein allgemeiner, auch menschlicher, Lernprozess.
SPIEGEL ONLINE: Ihre gegenwärtige Rolle in Leverkusen erinnert an die Nationalmannschaft. Hier wie dort gehören Sie zu einer kleinen Gruppe älterer Spieler, die eine ganze Bande junger Kerle führen muss. Mögen Sie diesen Job?
Schneider: Das gehört einfach dazu, wenn man in ein gewisses Alter kommt, und den einen oder anderen dazu bringen möchte, gewisse Dinge anzunehmen. Aber die Jungs müssen ihre Unbekümmertheit beibehalten. Ich werfe da ein Auge drauf und greife gegebenenfalls ein.
SPIEGEL ONLINE: Herr Schneider, sind Sie sich bewusst, dass Sie mit einem Spruch großen Einfluss auf das Meisterschaftsrennen der vergangenen Saison genommen haben?
Schneider: Sie meinen die Sache als Lincoln vom Platz flog?
SPIEGEL ONLINE: Ja, Sie sagten zu ihm: "Und du willst Brasilianer sein?" Er gab Ihnen eine Ohrfeige und wurde in einer wichtigen Saisonphase lange gesperrt.
Schneider: Das war kein großer Einfluss.
SPIEGEL ONLINE: Immerhin war Lincoln in Topform. Als er zurückkam, bewirkte er dann nicht mehr viel.
Schneider: Ich habe mir damit selbst geschadet. Direkt vor dem Spiel auf Schalke hatte ich Lincoln in einem Managerspiel verpflichtet und dann richtig viele Minuspunkte gemacht.
Interview: Daniel Theweleit