Arturo Vidal lebt sich
bei Bayer Leverkusen ein
Von Mark Kühn
In Chile verehren sie Arturo Vidal als Riesentalent. Und nun hoffen die Fans, dass er sich im Ausland ähnlich gut macht wie einst die Fußballhelden Marcelo Salas oder Iván Zamorano. Bayer Leverkusen könnte vielleicht ein großes Los gezogen haben.
Etwas verloren steht Arturo Vidal auf dem großen Trainingsplatz an der BayArena. Die Verständigung fällt dem 20-Jährigen noch schwer. Wenn der junge Mann aber jemanden vor sich hat, mit dem er sich auf Spanisch unterhalten kann, ist es mit der Zurückhaltung schnell vorbei. "Ich bin gekommen, um hier zu spielen und großen Erfolg zu haben", sagt Vidal mit einer Selbstverständlichkeit, die keinen Raum für Selbstzweifel lässt.
Wie eine andere Welt
Für den 1,80 Meter großen Chilenen ist der Transfer zu Bayer 04 Leverkusen der Aufbruch in eine neue Welt. Mit seinem Verein Club Social y Deportivo Colo Colo (25-facher Chilenischer Meister) spielte er im mächtigen, 62.500 Zuschauer fassenden Estadio Monumental in Macul, einem Vorort von Santiago de Chile. Künftig ist die vergleichweise intime BayArena der Hauptarbeitsplatz Vidals.
Auch sonst ändert sich für den Mann, der bei Bayer links in der Viererkette spielen soll, fast alles. Aufgewachsen in einem Armenviertel von Santiago, findet sich Vidal plötzlich mitten im westeuropäischen Wohlstand wieder. Bei Colo Colo musste der Abwehrspieler mit einem Gehalt auskommen, das in Deutschland kaum zum Leben ausreichen würde.
Tumulte in Kanada
Bei der U20-WM in Kanada vor einigen Wochen lieferte Vidal Stoff für nicht nur schöne Geschichten. Er gehörte zu jener Mannschaft, die im Halbfinale gegen Argentinien den deutschen Schiedsrichter Wolfgang Stark attackierte. Direkt war Vidal nicht an dem Handgemenge beteiligt, trug aber bei den anschließenden Tumulten mit der kanadischen Polizei eine Schulterverletzung davon.
Es scheint nicht so, als habe sich Leverkusen einen übermäßig angepassten Spielertyp in den Kader geholt. Vidal will dies mit seinem Irokesenschnitt offenbar unterstreichen. In Chile gaben sie ihm in Anlehnung an die stets extravagant frisierte Sängerin Celia Cruz den Spitznamen "Celia Punk".
Teurer Transfer
Bayer-Sportdirektor Rudi Völler musste tief in die Vereinskasse greifen, um Vidal überhaupt vom Wechsel nach Leverkusen überzeugen zu können. Fünfeinhalb Millionen Euro machten die Leverkusener locker. Auch namhafte Clubs aus Spanien und Italien sollen an dem Verteidiger dran gewesen sein. Bayer-Trainer Michael Skibbe ist überzeugt, dass sich der Aufwand in jedem Fall gelohnt habe. "Er ist schnell, er hat eine gute Technik und er spielt klug", schwärmt der frühere Assistenz-Bundestrainer von seinem neuen Schützling. Beim 0:0 zum Auftakt gegen Energie Cottbus kam Vidal noch nicht zum Einsatz, stattdessen spielte Vratislav Gresko.
Auf Arturo Vidal ist in den letzten Tagen viel Neues eingeprasselt. Aufmerksam hat er beobachtet, was Leverkusen von seiner Heimat unterscheidet. "Die Leute sind ein bisschen ernster und strenger als bei uns in Chile", erzählt Vidal. Sein Trainer bei Colo Colo, Claudio Borghi, gilt als ausgesprochener Spaßvogel.
"Sehr modern"
"Die Trainingsplätze und das Stadion in Leverkusen sind sehr modern", hat Vidal festgestellt. Über die Bundesliga weiß der Chilene indes noch nicht allzu viel. "Ich glaube, hier wird sehr athletisch gespielt. Bei uns trainiert man fast nur mit dem Ball. Da ist vor allem die Technik wichtig."
Zurzeit ist Vidal fast auf sich allein gestellt. Wenigstens hat er einen persönlichen Betreuer an der Seite, der ihm die lästigen Dinge des Alltags abnimmt. In ein paar Wochen wird Vidal dann wieder die gewohnte Nestwärme spüren: Seine Mutter und die fünf Geschwister wollen nach Deutschland ziehen.
Quelle: heute.de