Zeit ist jene Form von Luxus, die man sich mittlerweile im Profi-Fußball nur noch selten leisten kann.
Vor allem dann, wenn man als Neuverpflichtung zur Begrüßung einen dicken Strauß aus Vorschusslorbeeren in die Hand gedrückt bekommt und hernach auch noch durch ein Spalier aus Hoffnungen und Erwartungen marschieren muss, kaum, dass man dem Flieger entstiegen ist und fremden Boden betreten hat.
Afrika-Meister
So ähnlich muss es im Juli 2006 Karim Haggui ergangen sein. Der Tunesier war soeben von Racing Straßbourg nach Leverkusen gewechselt. Er sollte die fragile Defensive im Zentrum der Rheinländer verstärken.
Der heute 23-Jährige hatte 2004 mit den "Adlern von Karthago" den Afrika-Cup gewonnen und spielte in allen drei Partien der tunesischen Nationalelf bei der WM 2006 in Deutschland durch.
Haggui brauchte Zeit
In machen Fällen wird die Phase der Eingewöhnung komplett übersprungen und die "Neuen" spielen, als hätten sie schon immer das Trikot des Hamburger SV, von Werder Bremen oder Bayern München getragen, wie die Sportskameraden van der Vaart, Diego und Ribery bewiesen haben.
Manchmal entwickelt so ein Transfer aber auch den Charme eines verschossenen Elfmeters und manchmal muss man sich einfach nur den Luxus "Zeit" gönnen. Letzteres trifft wohl auf Karim Haggui zu.
Der Adler bleibt am Boden
In der vergangenen, seiner ersten Saison für Bayer Leverkusen, lief es nicht sonderlich gut. Karthagos Adler startete nicht zum gewünschten Höhenflug. Die Krallen blieben stumpf. Obgleich er bei Standards durchaus Torgefahr ausstrahlen kann, blieb Haggui in 24 Partien ohne Treffer. Eine Zweikampfquote von 60 Prozent ließ viel Spiel nach oben.
Die Meinungen der Leverkusener Fans waren gespalten. Doch nun scheinen all diejenigen Recht behalten zu haben, die zu Gunsten des tunesischen Innenverteidigers auf mehr Geduld plädiert hatten, auf mehr Zeit also.
Doppelt gesichert
Haggui ist nun im Zentrum des Defensivverbundes gesetzt. Sein erstes Liga-Tor für Bayer erzielte er am vergangenen Wochenende gegen Bochum, seine erste Torvorlage gab er am 3. Spieltag gegen den KSC auf seinen Defensivpartner Manuel Friedrich, der dadurch seinerseits zum Leverkusener Tor-Debüt kam.
Eine 86-prozentige Erfolgsquote bei bislang 198 Pässen tut dem Leverkusener Spielaufbau gut. Hagguis verbessertes Zweikampfverhalten (67 Prozent) trägt ebenso dazu bei, dass Bayer neben Bayern die sicherste Abwehr der Liga stellt.
Leverkusens Strafraum wird nun also gleich von zwei Adlern bewacht.
Quelle: bundesliga.de