Stillstand ist Rückschritt. Die Entwicklung geht immer weiter - in jedem Bereich des Lebens.
Der elektrische Fensterheber im Auto ist längst serienmäßig. Heute sagt das Navigationssystem, wo es lang geht. Für den Computer, der inzwischen in der Hosentasche transportiert wird, gibt es täglich ein Update.
Auch der Fußball sitzt seit Entdeckung immer noch auf der Schulbank und lernt jeden Tag neu dazu. 2-4-4, 3-5-2, 4-4-2, mal mit, mal ohne Libero und neuerdings auch mit "Doppelsechs" vor der Viererkette. Wer die Entwicklung nicht mitmacht, ist nicht mehr gefragt.
Rolfes - der Mittelfeldspieler von heute
Bayer Leverkusens Simon Rolfes ist ein guter Schüler. Sogar ein Musterschüler. Seit der 25-Jährige bei Bayer Leverkusen spielt, ist er aus der Mannschaft von Trainer Michael Skibbe nicht mehr wegzudenken. Das ist keine Floskel, sondern ein außergewöhnlicher Fakt: Seit September 2005 hat Rolfes kein Bundesliga-Spiel verpasst. Das sind aktuell 78 Spiele in Folge.
Aus gutem Grund, und hier kommt wieder die Entwicklung ins Spiel. Rolfes ist ein moderner Mittelfeldspieler der heutigen Zeit.
Er ist kein "Staubsauger", der das häufig fehlende Defensiv-Verhalten der kreativen Kollegen im Mittelfeld ausbügelt und wenn nötig, in den Schlussminuten sogar als Libero fungiert. Rolfes ist mehr. "Ich sehe mich als Bindeglied zwischen Defensive und Offensive", so seine kurze Tätigkeitsbeschreibung.
Die "Doppelsechs"
Das trifft es genau, aber was steckt dahinter? Rolfes differenziert. "Wenn man alleine auf der 6 spielt, ist man sehr an Defensivaufgaben gebunden." Bei zwei "Sechsern" "kann man sich mehr in die Offensive einschalten und variabler spielen".
Zweiteres trifft auf Bayer und Rolfes zu. Trainer Skibbe lässt Rolfes aktuell mit Arturo Vidal vor der Abwehr spielen und das erfolgreich. Beide Spieler sind offensiv wie defensiv stark.
Für Rolfes, der am 21. Januar 1982 geboren wurde, ist die Offensive kein Neuland. In der A-Jugend von Werder Bremen spielte er hinter den Spitzen. Der Spielaufbau, die Übersicht, der richtige Pass, ob kurz oder lang und das zur richtigen Zeit - das sind die Stärken des Simon Rolfes, der auch charakterlich große Qualitäten besitzt. Als bei Werder Bremen der Sprung in die Profi-Mannschaft nicht gelingen wollte, ging er in die 2. Bundesliga zum abstiegsbedrohten SSV Reutlingen.
Double 2004
Der Club stieg ab, aber am Leihspieler Rolfes, der trotz jungen Alters viel Verantwortung übernahm, lag es nicht. Als Bremen in der Saison 2003/2004 das "Double" holte, gehörte Rolfes zum Kader, konnte aber keine Bundesliga-Minute verbuchen. "Es wäre natürlich schön gewesen, wenn ich damals auch gespielt hätte", sagt Rolfes zu bundesliga.de. Deswegen machte er einen entscheidenden Schritt in seiner Karriere.
Und wieder sollte er eine richtige Entscheidung treffen. Statt Champions League ging es in die 2. Bundesliga zu Alemannia Aachen. Als DFB-Pokalfinalist spielte Aachen im UEFA-Pokal. Die überraschend guten Auftritte waren auch ein Verdienst von Rolfes, der den Durchbruch schaffte und im Mittelfeld zu überzeugen wusste.
Die Härte der 2. Bundesliga kombinierte er mit dem Training der 400-Meter-Läufer Lars Figura und Jörg Dautzenberg. Schon da warf Fußball-Deutschland einen interessierten Blick auf den Blondschopf im Mittelfeld.
Löw: "Technisch stark"
Auch die Entscheidung, nach Leverkusen zu gehen, war - welch' Überraschung - richtig. Stammspieler, Leistungsträger und inzwischen auch Nationalspieler. "Simon ist sehr aufmerksam, technisch stark und er spielt die klaren, einfachen Bälle. Er ist ein wichtiger Mannschaftsspieler", sagt Bundestrainer Joachim Löw über den Leverkusener, der sich Hoffnungen auf eines der 23 Tickets für die EURO 2008 machen darf.
Im Kader von Leverkusen ist seine Zukunft gesichert. Im Oktober verlängerte der gebürtige Ibbenbürener (Nordrhein-Westfalen) seinen Vertrag bis 2010. Sportdirektor Rudi Völler sieht in Rolfes einen "Mini-Ballack", der die junge Leverkusener Mannschaft führen soll.
Seine Entwicklung sieht Rolfes selbst noch lange nicht als abgeschlossen und "hier und da" noch Steigerungspotenzial. Der Musterschüler geht seinen Weg weiter...
Fatih Demireli
Quelle:Bundesliga.de