Wenn die Hose auf halbmast weht

  • Wenn die Hose auf halbmast weht
    VON CHRISTOPH PLUSCHKE, 25.11.07, 21:48h
    BILD: DPA
    Guntram Schneider


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    Leverkusen - Plötzlich wehte die Hose auf halbmast. Der rotzfreche René Adler hatte dem Kollegen Sergej Barbarez das Beinkleid just in dem Moment runtergezogen, als dieser sich vom Rasen erhob, um den Fanblock anzusteuern. Urkomisch sah das aus. Das eigentlich Besondere an der Szene aber war nicht das sekundenlang entblößte Hinterteil des Scherzopfers, sondern die Tatsache, dass dieser Mann erstmals in seiner nunmehr immerhin anderthalbjährigen Leverkusener Dienstzeit von den Bayer-Fans zum Vorsänger beim „Uffta“-Ritual erkoren worden war. Also erklomm Barbarez - mittlerweile wieder ordnungsgemäß bekleidet - das Gerüst vor der Nordtribüne, ließ sich das Megaphon reichen und zelebrierte mit den Anhängern den 4:1-Sieg über den MSV Duisburg.


    Noch keine Signale


    Wie's aussieht, wird der blondierte Bosnier auf die alten Tage doch noch so etwas wie ein Publikumsliebling. Ob der 36-Jährige, der vom gemeinen Tribünenvolk in der BayArena inzwischen weit häufiger gefeiert als geschmäht wird, nach Ende der laufenden Saison einen Anschlusskontrakt erhält, ist jedoch weiterhin fraglich. Ungeachtet der zuletzt starken Auftritte des Routiniers waren aus der Chefetage bislang noch keinerlei Signale aufzufangen, die eine Vertragsverlängerung erwarten ließen. Trainer Michael Skibbe, einerseits ein bekennender Barbarez-Sympathisant, andererseits aber auch nicht derjenige unter den leitenden Angestellten der Fußball GmbH, der das letzte Wort in dieser Personalie haben wird, beantwortete entsprechende Nachfragen am Samstag im Stile eines Diplomaten: „Wir werden uns in der Rückrunde zu gegebener Zeit zusammensetzen und reden, aber letztlich entscheidet der Sergej selbst - mit seinen Leistungen, die er in den nächsten Monaten auf dem Platz erbringt.“ Im Übrigen hatte der Bayer-Coach nach dieser Partie allen Grund zu einem Rückblick in entspannter Haltung. Zugegeben: In der ersten Halbzeit hatte sein Team gegen den da noch konzentriert, kampfstark und taktisch diszipliniert auftretenden Aufsteiger alles andere als überzeugt und war sogar durch einen Treffer des Ex-Kölners Youssef Mokhtari (10.) in Rückstand geraten. Nur wenige Sekunden nach Wiederbeginn aber leitete Barbarez' Kopfballtor (47.) die Wende ein. Simon Rolfes mit einem sehenswerten Volleyschuss nach einer Gresko-Flanke (66.), Paul Freier mit der Verwandlung eines an Arturo Vidal verschuldeten Foulelfmeters (75.) sowie Theofanis Gekas in technisch nahezu perfekter Manier, aber auch auf glänzendes Zuspiel von Stefan Kießling (81.) stellten mit ihren Toren einen ebenso verdienten wie erwarteten Sieg über den Abstiegskandidaten sicher.


    Glaube an Gekas


    Apropos Gekas und Kießling: Was diese beiden angeht, glaubt Skibbe durchaus an Parallelen in ihrer ganz persönlichen Entwicklung bei Bayer. Im Klartext: „Als Stefan voriges Jahr für eine vergleichsweise höhe Ablösesumme zu uns gekommen war, hatte er auch so seine Anlaufschwierigkeiten. Genauso ist es jetzt beim Fanis. Damals haben wir keinen Gedanken daran verschwendet, dass Kießling den Durchbruch vielleicht nicht schaffen könnte, und deshalb tun wir das jetzt auch im Falle Gekas nicht.“


    Um den Integrationsprozess des Griechen zu beschleunigen, hatten Skibbe und Sportchef Rudi Völler vergangene Woche ein Gespräch mit Gekas und seinem Berater Paul Kotsouliakos geführt. „Sollte es überhaupt jemals Probleme oder Missverständnisse gegeben haben, so sind sie jetzt ausgeräumt“, fasste Skibbe das Ergebnis zusammen. Was den Trainer freilich nicht daran hindern konnte, den Torschützenkönig der vergangenen Saison gegen Duisburg in der ersten Halbzeit noch draußen zu lassen. Ob als erzieherische Maßnahme oder aus taktischem Kalkül, war hinterher eigentlich gleichgültig. Wenn die Mannschaft gewinnt, hat der Coach immer alles richtig gemacht.


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