Schulter-Sieg nach Ohrfeige
VON STEPHAN KLEMM, 06.12.07, 20:15h, AKTUALISIERT 06.12.07, 23:56h
Leverkusen - Letztlich war es eine formvollendete Ohrfeige, die Bayer 04 Leverkusen zu gleich zwei Erfolgen in einem Spiel geführt hat. Zunächst hat der Bundesligist gestern Abend in der BayArena mit 1:0 gegen Sparta Prag gewonnen, daraus folgt der Einzug in die nächste Runde des Uefa-Pokals. Ausgeführt hat den Schlag Carsten Ramelow nach genau einer Stunde, zuvor war er von seinem Gegenspieler Jan Rezek gefoult worden. Der Reflex war eine stilechte Tätlichkeit, ausgeführt auch noch vor den Augen von Schiedsrichter Atkinson, der sofort die Rote Karte zog. Danach passierte Verblüffendes: Leverkusens Spiel fühlte sich plötzlich wie von einer Handbremse befreit an, plötzlich war Tempo im Spiel und schließlich auch noch ein spätes Tor, das Innenverteidiger Manuel Friedrich erzielte. „Das darf einem alten Fuhrmann wie dem Carsten nicht passieren“, schimpfte Bayer-Trainer Michael Skibbe hinterher. Doch schließlich überwog bei ihm vor allem Freude: „Wir sind unglaublich erleichtert, die nächste Runde erreicht zu haben.“
Das abschließende Gruppenspiel der Leverkusener am 19. Dezember beim FC Zürich wird nur noch die Frage beantworten, welche Position Bayer endgültig in der Gruppe E einnehmen wird. Das kann wichtig sein für den weiteren Verlauf des Uefa-Pokals. Trotzdem wird Skibbe dort Spieler einsetzen, „die zuletzt nicht so viel bei uns gespielt haben“.
Zuletzt war viel die Rede von Leverkusens alten Männern, die zuletzt als Erfolg bringende Anführer der jungen Generation aufgefallen sind. Am Donerstag blieb davon nicht viel übrig. Sergej Barbarez (36) signalisierte während des Aufwärmens: „Es geht nicht.“ Der Bosnier fiel mit einer Wadenverletzung aus, die er sich am Morgen beim Abschlusstraining zugezogen hatte. Ramelow (33) entfernte sich selbst, und Bernd Schneider (34) droht wieder auszufallen. Der Nationalspieler hatte sich erst am vergangenen Samstag in Berlin nach zehnwöchiger Knieverletzung zurück im Team gemeldet. Gestern musste er 18 Minuten nach seiner Einwechslung in der 65. Minute wieder ausgewechselt werden - Wadenprobleme.
Mühe mit den Pragern
Im Spiel selbst hatte Leverkusen lange große Mühe mit den tief stehenden Pragern. Das einzige Mittel, das Bayer dagegen einfiel, waren Fernschüsse. Doch die Versuche von Gonzalo Castro, Paul Freier und Simon Rolfes wurden zwischen der achten und 13. Minute von Prags Torhüter Tomas Grigar entschärft. In der zweiten Hälfte änderte sich das Bild zunächst nicht - Freier versuchte es mal vergeblich mit einem Solo (51.), doch insgesamt stand die Prager Abwehr sehr sicher. Bis zur 60. Minute, bis zum Platzverweis für Ramelow.
Anschließend öffnete Sparta ein wenig seine Deckung, das Team witterte die Chance auf einen Sieg, der bedeutet hätte: Prag kommt weiter, Leverkusen muss zittern. Doch es kam anders, etwas Platz bedeutet für eine spielstarke Einheit wie Bayer 04 einen enormen Vorteil. Auch mit zehn Mann war das Team nun präsenter und entscheidungsfreudiger, Prag blieb harmlos.
Das Tor des Tages fiel in der 71. Minute im Anschluss an eine Ecke von Tranquillo Barnetta - es traf Manuel Friedrich mit einem, wie es schien, Flugkopfball. Doch hinterher sagte der Ex-Mainzer: „Ich habe den Ball bewusst mit der Schulter genommen, weil ich mit einem Kopfball den Torwart getroffen hätte.“
Bayer 04: Adler - Castro, Friedrich, Haggui, Sarpei - Ramelow, Rolfes - Freier (66. Schneider / 84. Gresko), Barnetta, Kießling - Gekas (79. Sinkiewicz). - Sparta Prag: Grigar - Pospech, Repka, Kadlec, Zabavnik (89. Brezinsky) - Kladrubsky - Slepicka, Horvath, Kisel, Rezek (72. Matusovic) - Dosek. - Zu schauer: 17 771. - Schiedsrichter: Atkinson (England). - Gelbe Karten: Barnetta, Castro / Kisel, Rezek. - Rote Karte: Ramelow (60., Tätlichkeit).
Tor: 1:0 Friedrich (71.)