Völler im Interview - „Ich wünsche Köln den Aufstieg!“

  • Rudi Völler sprach mit EXPRESS über Bayer, die Nationalmannschaft und den FC.


    Von THOMAS GASSMANN


    Leverkusen – Rudi Völler bestellt einen Espresso. „Ohne Zucker, bitte. Und ein Glas Wasser“, sagt der Sportchef von Bayer Leverkusen und lehnt sich entspannt in seinem Sessel zurück.


    Im EXPRESS zieht er eine Bilanz. Dabei lobt Völler den deutschen Fußball, würdigt die Arbeit der Nationalmannschaft und wünscht dem 1. FC Köln den Aufstieg.




    Herr Völler, kann man sagen, dass Bayer das Überraschungsteam des Jahres ist?


    Unser Fußball kommt gut an. Und wichtig ist: Nach Niederlagen sind wir nicht eingebrochen.


    Bayer ist neben Bremen derzeit die Attraktion der Liga.


    Wenn das so gesehen ist, gefällt uns das natürlich. Aber wichtig sind die Resultate. Und die stimmen ebenfalls.




    Wo steht der deutsche Fußball international?


    An England, Italien und Spanien kommen wir noch nicht heran. Aber wir sollten Frankreich langsam überholen. Das Ziel muss sein, in Europa wieder vierte Kraft zu werden.


    Die Bayern haben im großen Stil Superstars eingekauft…


    Die Bayern haben großen Mut bewiesen und die Bundesliga damit attraktiver gemacht. Glückwunsch von meiner Seite, dass sie diesen Schritt gewählt haben.





    Werden in Zukunft weitere tolle Spieler nach Deutschland kommen?


    Klar ist: Geld ist nicht alles, es spielt aber eine große Rolle. Und da kann, ausgenommen die Bayern, kaum ein Klub in Deutschland mit den europäischen Top-Vereinen mithalten. Aber so schlecht stehen wir nicht da. Schauen Sie nach Bremen. Da spielt Diego, der für mich absolute Weltklasse darstellt.


    Man könnte ja Großinvestoren zulassen, die die Klubs mit Millionen sponsern.


    Könnte man. Aber man muss auch auf die Gefahren hinweisen. Was passiert, wenn ein Abramowitsch in Chelsea von heute auf morgen aufhört? Dann bricht alles zusammen.




    Der Fußball boomt wie nie zuvor. Hätten Sie diese Entwicklung erwartet?


    Ich bin überrascht, dass es noch einmal eine Steigerung gegeben hat. Vor Jahren, als immer mehr Fußball im Fernsehen gezeigt wurde, meinten Experten, dass das schlecht sei. Sie lagen falsch. Das Gegenteil ist passiert.


    Aber wird die Show rund um ein Spiel nicht langsam zu viel?


    Es gefällt den Leuten. Aber ich warne davor, dass Wichtigste dabei zu vergessen: das Fußballspiel, die 90 Minuten. Es geht immer darum, ein Spiel zu gewinnen. Das muss im Mittelpunkt stehen.




    In Italien laufen den Klubs die Fans weg.


    Und das liegt an den katastrophalen Stadien. Die Leute wollen nah am Spielfeldrand sitzen, sie wollen Service. Und da sind wir in Deutschland bestens aufgestellt.


    Mit den tollen Stadien könnte man doch auch die Winterpause abschaffen, wie es in England üblich ist, oder?


    Schwieriges Thema. Die Engländer beneiden uns darum, dass wir Weihnachten eine Pause haben und die Spieler sich ausruhen können. Ich würde mir eher wünschen, dass man die Saison bis Ende Juni laufen lässt.




    Als Sie noch Teamchef der DFB-Auswahl waren, gab es kaum nachwachsende Talente. Das sieht nun anders aus. Ist die Nachwuchskrise beendet?


    Ja. Die Generation um Podolski und Schweinsteiger ist bereits gut, aber nun kommt der nächste Schub. Die Krise ist vorbei, es geht nach oben. Und eines ist immer wieder eindrucksvoll: Wir haben einfach die besten Torhüter der Welt.


    Wie bewerten Sie die Leistung von Bundestrainer Joachim Löw?


    Er macht einen guten Job. Wir stehen in engem Kontakt. Die Zusammenarbeit klappt wunderbar.




    Auf DFB-Manager Oliver Bierhoff trifft das nicht zu. Sie haben ihn heftig kritisiert, weil er die Leistungen der Klubs nicht registrieren würde.


    Sehen Sie: Die Voraussetzung, Spieler mit Qualität in der Nationalmannschaft zu haben, liegt vor allen Dingen an der Ausbildung in den Vereinen. Und da haben die Vereine in den letzten Jahren einfach gute Arbeit geleistet.


    Der Streit wird also nicht beigelegt?


    Wir haben keinen Streit. Oliver Bierhoff und alle beim DFB machen gute Arbeit und holen aus den einzelnen Spielern noch das letzte Quäntchen raus, um erfolgreich zu sein. Irgendwann werden wir uns sicher über den Weg laufen, und dann werden wir uns auch mal zusammensetzen und darüber reden.




    Wann reden Sie mit dem 1. FC Köln?


    Warum?


    Na ja, es gab ja heftige Kritik von Kölner Seite im Zuge Ihrer Verpflichtung von FC-Stürmer Helmes.


    Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zum FC, zu Wolfgang Overath, Michael Meier und Christoph Daum sowieso. Wir haben sogar ein Testspiel vereinbart. Manager Michael Meier bat darum, wir haben zugesagt. Sie sehen: Es gibt keine Probleme.




    Wünschen Sie Köln einen Aufstieg?


    Ja! Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie bald wieder in der Bundesliga spielen. Dann gibt es endlich wieder richtige Derbys.



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