Pro Fans Petitition an den Deutschen Bundestag

  • 06.02.2008



    Die Beschwerde richtet sich gegen unzutreffende, herabwürdigende und ehrverletzende Aussagen der Bundesregierung zum Fanbündnis Pro-Fans und den darin mitwirkenden Personen – gegenüber Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Fraktion DIE LINKE, veröffentlicht in der Drucksache des Deutschen Bundestages Nr. 16/5391. Das zu Grunde liegende Schreiben wurde dem Deutschen Bundestag mit Datum vom 5. 6. 2007 namens der Bundesregierung vom Bundesminister des Innern übermittelt.


    An den
    Deutschen Bundestag
    Petitionsausschuss
    Platz der Republik 1
    11011 Berlin



    Petition an den Deutschen Bundestag


    Einreicher:
    Fanbündnis Pro-Fans,
    vertreten durch den Sprecher des Fanbündnisses,
    Herrn Philipp Markhardt



    Gegenstand der Petition:


    Die Beschwerde richtet sich gegen unzutreffende, herabwürdigende und ehrverletzende Aussagen der Bundesregierung zum Fanbündnis Pro-Fans und den darin mitwirkenden Personen – gegenüber Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Fraktion DIE LINKE, veröffentlicht in der Drucksache des Deutschen Bundestages Nr. 16/5391. Das zu Grunde liegende Schreiben wurde dem Deutschen Bundestag mit Datum vom 5. 6. 2007 namens der Bundesregierung vom Bundesminister des Innern übermittelt.



    Zweck der Petition:


    Die Petenten wollen bewirken, dass die Bundesregierung die betreffenden Aussagen richtigstellt und die Richtigstellung in gleicher oder adäquater Weise veröffentlicht wird.



    Begründung:


    Am 5.6.2007 beantwortete die Bundesregierung eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Petra Pau, Knut Hill und anderer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE zum Umgang mit gewalttätigen und rassistischen Ereignissen im Umfeld von Fußballveranstaltungen.


    Auf den Fragetext: „Treffen nach Auffassung der Bundesregierung die sich häufenden Berichte von Fanver¬einigungen wie ‚BAFF’, ‚PROFANS’, ‚Netzwerk für Fanrechte’ oder der ‚Aktion 3. Welt Saar’ zu, nach denen sich polizeiliche Maßnahmen gegen friedliche Fußballfans in den letzten Jahren gehäuft haben? Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Wenn nein, wie erklärt sich die Bundesregierung diese sich häufenden Berichte?“,


    erklärt die Bundesregierung u. a.: „Nein, polizeiliche Maßnahmen richten sich im Rahmen der für die Polizei geltenden gesetzlichen Bestimmungen gegen Personen, die durch ihr Verhalten oder den Zustand ihrer Sachen Gefahren für die öffentliche Sicherheit verursachen (Störer) sowie gegen Personen, die aufgrund von Straftaten den Status von Verdächtigen bzw. von Beschuldigten haben. Es liegt auf der Hand, dass derartige Maßnahmen ... nicht den Beifall der Betroffenen hervorrufen.“ (Drucksache des Deutschen Bundestages Nr. 16/5391, Seite 7)


    Der Antworttext erweckt zwingend den Eindruck, dass Pro-Fans wie auch die anderen genannten Vereinigungen einen Kreis von Personen vertrete, für die charakteristisch sei, dass sie sich als Störer in einer Weise verhielten, die Gefahren für die öffentliche Sicherheit verursache, bzw. dass sie auf Grund von Straftaten den Status von Verdächtigten oder Beschuldigten hätten.


    Weiter heißt es in der Antwort der Bundesregierung: „Den in der Anfrage genannten Vereinigungen sowie weiteren ist u. a. gemeinsam, dass ihre Vorwürfe und daraus abzuleitende Forderungen letztlich auf die Einräumung rechtsfreier Räume für so genannte ‚Fußballfans’ abzielen. Vorbilder aus Süd- und Südosteuropa sowie aus Südamerika spielen hier ganz offenbar eine meinungsbildende Rolle. Die ständige Wiederholung derartiger Vorwürfe zielt darauf ab, sowohl das staatliche Gewaltmonopol als auch das Hausrecht der Vereine in der öffentlichen Diskussion in die Defensive zu drängen. Die Schnelligkeit und Verfügbarkeit elektronischer Kommunikations- und Publikationsmittel führt häufig dazu, dass Polizeieinsätze als Übergriffe auf friedliche Fans überzeichnet werden. Die sorgfältige Recherche bleibt hierbei wissentlich auf der Strecke. Auf diese Weise wird bewusst und gewollt ein Zerrbild geschaffen und unterhalten, das zwar der Realität nicht entspricht, aber dem vorgenannten Zweck zu dienen scheint.“ (ebenso a. a. O., Seite 7)


    Hierzu stellen die Petenten fest:


    Die Behauptungen der Bundesregierung zu Pro-Fans und den bei Pro-Fans mitwirkenden Fanvertreterinnen und -vertretern treffen weder im Kern, noch im Detail zu. Sie sind herabwürdigend und ehrverletzend, und sie diffamieren die uneigennützigen Bemühungen der Aktivisten um den gesellschaftlichen Frieden. Die getroffenen Aussagen sind weder durch Veröffentlichungen von Pro-Fans belegbar noch durch etwaige Erkenntnisse über interne Vorgänge, sie sind schlicht unwahr. Es erscheint fraglich, ob die Aussagen nicht gar einen Strafantrag rechtfertigten oder ob sie noch durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sind. Die Bundesregierung ist auf Grund ihrer Stellung jedoch hinsichtlich offizieller Verlautbarungen nicht nur an die Grenzen des Rechts auf freie Meinungsäußerung gebunden, sondern außerdem an Gebote wie Objektivität und Beleg¬barkeit sowie Zurückhaltung bei Aussagen, die als Werturteil über Personen verstanden werden.


    Richtig ist, dass Pro-Fans ein Bündnis für Fanszenen deutscher Fußballvereine ist, deren Vertreter dafür wirken, die Rahmenbedingungen für aktive Fußballfans zu verbessern, um eine bunte, stimmungsvolle und von Gewalt und Rassismus freie Kultur im Rahmen der Unterstützung ihres jeweiligen Vereins entwickeln und ausleben zu können. Dabei handelt es sich zum allergrößten Teil um Menschen, die völlig unbescholten sind oder die sich allenfalls im Zusammenhang mit ihrem Hobby, Fußballfan zu sein, unbewiesenen Anschuldigungen ausgesetzt sehen mussten.


    Die in der Tat seitens Pro-Fans erhoben Vorwürfe zur Behandlung friedlicher Fußballfans durch die Exekutive sowie durch einige Fußballvereine zielen mitnichten darauf ab, etwa rechtsfreie Räume zu schaffen und das staatliche Gewaltmonopol oder das Hausrecht der Vereine in die Defensive zu drängen. Vielmehr ist das Wirken ganz im Gegenteil darauf gerichtet, den gesellschaftlichen Frieden, die Autorität des Staates wie auch das Hausrecht der Vereine zu stärken. Tendenzen, das Gewaltmonopol des Staates wie auch das Hausrecht unverhältnismäßig, mit überzogener Härte, wenig selektiv und zudem oft auch unzweckmäßig einzusetzen, wird von vielen Menschen, die nahe am Geschehen sind, als willkürlich und ungerecht empfunden. Das aber stärkt nicht die staatliche Autorität, sondern schwächt sie. Die von Pro-Fans wiedergegebenen Berichte erzeugen nicht das Ungerechtigkeitsempfinden, sondern spiegeln es wider. Indem sich Pro-Fans gegen diese Tendenzen wendet, leistet das Bündnis letzten Endes auch einen Beitrag, um die bei Teilen der Fanszenen in bedenklichem Maße beschädigte Achtung der staat¬lichen Exekutive wiederherzustellen. Zustände, wie aktuell im italienischen Ligafußball, will Pro-Fans nicht heraufbeschwören, sondern verhindern.


    Der Deutsche Fußballbund, gewiss nicht im Verdacht stehend, die öffentliche Ordnung untergraben zu wollen, ist gerade dabei, seine Richtlinie zum Umgang mit Stadionverboten erheblich zu lockern, und zwar im Resultat der Auseinandersetzung mit den von den in Rede stehenden und weiteren Fanvertretern vorgetragenen Argumenten. Das zeigt, dass die Kritik als berechtigt erachtet wird.


    Pro-Fans bemüht sich, schon aus Gründen der Akzeptanz bei den – offensichtlich auch nach Einschätzung der Bundesregierung überwiegend friedlich gesinnten – Fanszenen, sehr wohl darum, die Seriosität von Berichten, die selbst öffentlich wiedergegeben werden, zu überprüfen. Pro-Fans unterwirft sich freilich nicht dem Anspruch auf völlige Ausgewogenheit und Unparteilichkeit. Vielmehr wird durchaus die Absicht verfolgt, den Finger auf die Wunde zu legen, damit diese auch von Außenstehenden deutlicher wahrgenommen wird. Von einer Organisation, die sich als Interessenvertreter definiert, Anderes zu erwarten, wäre nicht angemessen. Einer Gewerkschaft wird man auch keinen Vorwurf daraus machen, dass sie im Tarifkampf diejenigen Argumente herausstellt, die die Interessen der Arbeitnehmer stützen.


    Dennoch ist festzustellen: Obwohl die Bundesregierung vorgibt, detaillierte Kenntnisse über die Herangehensweise von Pro-Fans zu besitzen, wird in der Stellungnahme verschwiegen, dass Pro-Fans und andere Fanbündnisse, wie insbesondere B.A.F.F., die Thematik keineswegs einseitig betrachten, sondern in den Fanszenen für eine zivilisierte Fankultur werben und sich für eine Stärkung der sozialpädagogischen Fanarbeit einsetzen.


    Kein Zerrbild, sondern belegbare Realität ist es jedoch beispielsweise, dass die überwiegende Mehrheit der friedlichen Fußballfans der Vereine der oberen drei Ligen typischerweise damit rechnen muss, bei etwa jedem dritten, jedem zweiten, bis hin zu nahezu jedem Auswärtsspiel ihrer Mannschaft für Zeiträume zwischen 15 Minuten bis hin zu mehr als 12 Stunden in einen Polizeikessel eingeschlossen zu werden. Dabei sind deutsche Fußballfans keineswegs gefährlicher als etwa polnische, kroatische, argentinische, englische oder italienische Fans, denen bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland nicht verwehrt wurde, gemeinsam ein wunderbares Fußballfest zu feiern.


    Die mit der Stellungnahme der Bundesregierung vorgenommene Diskreditierung gerade jener Fanvertreter, die sich im Ehrenamt aktiv und anerkannter Weise dafür einsetzen, Bedingungen zu schaffen, die eine Rück¬kehr zu normalen Zuständen ermöglichen sollen, mag als Versuch zu betrachten sein, das hinterfragte Vorgehen der Polizeien von Bund und Ländern zu rechtfertigen – gleichwohl erklärt sie nicht die Problematik, auf die die Kleine Anfrage abzielte. Mit der Verbreitung von Unwahrheiten im Namen der Bundesregierung sehen die Betroffenen ihre Persönlichkeitsrechte verletzt.



    Der Petitionstext wurde von den Teilnehmern des Jahrestreffens von Pro-Fans am 27. Januar 2008 in Köln beschlossen. Für Rückfragen des Ausschusses steht Herr Markhardt jederzeit gern zur Verfügung.


    Köln, am 27. Januar 2008
    Philipp Markhardt