Mit seinen beiden Toren war Simon Rolfes in der vergangenen Woche der Matchwinner für Bayer 04 beim 3:2-Sieg in Cottbus. Vor dem Duell mit dem HSV sprach das BayArena Magazin mit Bayers Dauerbrenner.
BayArena Magazin: Simon, wie beurteilst Du, mit ein bisschen Abstand, euren Rückrundenstart in Cottbus?
ROLFES: Erst mal war das ein ganz wichtiger Sieg für uns. Cottbus war der erwartet schwere Gegner, aber letztlich haben wir verdient gewonnen und konnten unsere Position in der Tabelle festigen.
BayArena Magazin: Die Platzverhältnisse kamen einer spielstarken Mannschaft nicht gerade entgegen...
ROLFES: Kann man wohl sagen. Der Platz war wirklich katastrophal. Ich habe noch nie auf einem so schlechten Platz gespielt. Trotzdem haben wir uns gut aus der Affäre gezogen.
BayArena Magazin: Es war in der Schlussphase ein ganz schön hitziges Duell mit vielen engen Entscheidungen des Schiedsrichters...
ROLFES: Ja, und ich muss sagen, dass ich großen Respekt vor dem Mut des Schiedsrichters habe. Nach zwei Abseitsentscheidungen gegen Cottbus dann noch den Elfmeter für uns zu geben, das hätte sicher nicht jeder so gemacht. Aber die Entscheidungen waren alle richtig.
BayArena Magazin: Du selber hast mit zwei Toren einen ganz entscheidenden Anteil am Erfolg. War eigentlich abgesprochen, dass Du den Elfmeter schießen würdest?
ROLFES: Na ja, unser Schütze Nummer eins, Bernd Schneider, war ja nicht mehr auf dem Platz. Erst mal haben sich alle fragend angeschaut. Und weil ich mich gut fühlte, habe ich mir den Ball dann geschnappt. Michael Skibbe hat mir hinterher aber gesagt, dass auch er mich als Schützen favorisiert hatte.
BayArena Magazin: Skela hatte kurz zuvor ein Abseitstor erzielt, die Atmosphäre war unheimlich aufgeheizt. Trotzdem hast Du den Elfer souverän verwandelt. Warst Du wirklich so cool?
ROLFES: Am besten ist es immer, wenn man gar nichts denkt. Ich hab nur einmal kurz hochgeschaut auf die Stadionuhr, es waren nur noch ein paar Minuten zu spielen. Das Einzige, was ich also gedacht habe, war: Wenn ich diesen Elfer reinmache, dann haben wir gewonnen. Und so war’s ja dann auch.
BayArena Magazin: Eure Vorbereitung auf die Rückrunde verlief, zumindest was die Ergebnisse betraf, ziemlich holprig. Dazu fielen einige Spieler phasenweise verletzungsbedingt aus. Es bestand also vor der Partie in Cottbus durchaus Grund zur Skepsis, oder?
ROLFES: Nein, finde ich nicht. Die Ergebnisse stehen bei einer Vorbereitung nie im Vordergrund. Es geht nur darum, sich als Mannschaft weiter zu entwickeln, und da ist es manchmal sogar besser, wenn man Fehler aufgezeigt bekommt in den Testspielen. Dann weiß man, woran man zu arbeiten hat. Es muss kein Vorteil sein, wenn in der Vorbereitung schon alles ganz rund läuft. Vor zwei Jahren haben wir in der Vorbereitung gegen drei Regionalligisten kein einziges Spiel gewonnen und anschließend sind wir die zweitbeste Rückrundenmannschaft geworden.
BayArena Magazin: In der Defensive musstet Ihr in Cottbus noch umstellen, weil Sarpei und Haggui beim Afrika-Cup im Einsatz waren. In der Hinrunde war Bernd Schneider lange ausgefallen. Dass Ihr trotz solcher personeller Probleme erfolgreich gespielt habt, das spricht für ein sehr gefestigtes Team...
ROLFES: Absolut. Und wenn man speziell von der Defensivstärke spricht, die uns im Vergleich zur vergangenen Saison auszeichnet, dann ist das eine Stärke der gesamten Mannschaft. Wenn man als Team gut steht, ist es viel einfacher, mal den ein oder anderen Stammspieler zu ersetzen.
BayArena Magazin: Auch Du musstest mal eine Woche wegen einer Grippe pausieren und konntest beim Test in Aachen nicht spielen. Das kennt man von Dir gar nicht. Du bist eigentlich nie verletzt...
ROLFES: Ja, hier in Leverkusen hatte ich wirklich noch nie etwas. Mein letzter längerer Ausfall datiert noch aus der Zeit bei Alemannia Aachen. Am 1. April 2005, solch ein Datum vergisst man ja nicht, musste ich mich einer Blinddarmoperation unterziehen.
BayArena Magazin: Bei Bayer 04 hast Du dann 83 Bundesliga-, 20 UEFA-Cup- und fünf DFB-Pokalspiele in Folge bestritten. Das macht 108 Pflichtspiele ohne Unterbrechung.
ROLFES: Ja, so kann es von mir aus gerne weitergehen.
BayArena Magazin: Was glaubst Du, womit das zusammenhängt, dass Du für Verletzungen so wenig anfällig bist. Pures Glück, gute Gene, oder betreibst Du einen überdurchschnittlich hohen Aufwand für Deine physische Fitness?
ROLFES: Ach, das ist schwer zu sagen. Vielleicht spielt das alles eine Rolle. Ich bereite mich schon sehr professionell auf Training und Spiel vor, mache spezielle Übungen vor jeder Einheit. Aber ich fühle mich auch sportlich wie menschlich in Leverkusen sehr wohl. Und auch das ist nicht unwichtig für die Physis.
BayArena Magazin: Du bist einen Tag nach dem Spiel gleich mit drei Deiner Teamkollegen zur Nationalmannschaft gereist. Für Dich haben die englischen Wochen also schon begonnen...
ROLFES: Gut, dass es gleich wieder richtig los geht. Denn es gibt nichts Schöneres für einen Fußballer als spielen, spielen, spielen.
BayArena Magazin: Bei Bayer 04 bist Du längst einer der Führungsspieler. Wie siehst Du Deinen Stellenwert in der deutschen Auswahl?
ROLFES: Ich habe mich in meinem ersten Jahr gut etabliert. Jetzt versuche ich mich weiter vorzuarbeiten, mehr Spielzeiten zu bekommen.
BayArena Magazin: Es ist ziemlich sicher, dass Du auch bei der EM in Österreich und der Schweiz dabei sein wirst. Das wäre Dein erstes großes Turnier. Wie gehst Du das an: nur mal reinschnuppern, auf ein paar Kurzeinsätze hoffen, oder vielleicht sogar schon mehr?
ROLFES: Ich konzentriere mich voll auf meine Leistung bei Bayer 04. Die EM spielt für mich noch überhaupt keine Rolle, das ist noch so weit weg.
BayArena Magazin: Wenn man Deine bisherige Karriere verfolgt, dann ist das zwar keine stetig und steil nach oben verlaufene Linie. Trotzdem scheint dahinter ein durchdachter Plan zu stecken. Du bist ganz bewusst den Umweg über die zweite Liga gegangen. Und jetzt scheint Deine Rechnung aufzugehen...
ROLFES: Als mein Vertrag damals in Bremen auslief, stand ich vor der Frage, was wohl in dieser Situation das Beste für mich sei. Ich war zwischendurch mal für ein halbes Jahr in Reutlingen gewesen, bin dann wieder zurück zu Werder. Und Bremen hätte mich auch weiter verpflichtet. Aber ich entschied mich für Aachen, weil ich der Überzeugung war, dass es besser für mich ist, bei einem Top-Zweitligisten zu spielen, als in Bremen nur auf der Ersatzbank zu sitzen. Und das ist auch wunderbar aufgegangen. Auch meine Entscheidung für Leverkusen war wohl überlegt. Denn die allgemeine sportliche Perspektive stimmte und auch die Konstellation, was meine Position betraf. Ich hatte eine gute Chance, hier schnell Fuß zu fassen. Meine erste Saison verlief dann ja auch sehr gut. In der zweiten habe ich mich, wenn man so will, konsolidiert. Und jetzt in der dritten habe ich mich noch einmal weiterentwickelt.
BayArena Magazin: Am Samstag geht’s gegen den HSV, den ihr am vergangenen Spieltag in der Tabelle überholt habt. Was für eine Partie erwartest Du?
ROLFES: Ich freue mich sehr auf das Spiel, ich glaube, das wird richtig spannend. Huub Stevens steht ja bekanntermaßen dafür, dass hinten die Null stehen muss. So hat er auch den HSV zu einer defensivstarken Mannschaft gemacht. Wir werden uns aber was einfallen lassen, um dieses Spiel zu gewinnen. Denn klar ist ja, dass wir unseren dritten Platz verteidigen wollen.
BayArena Magazin: Danach geht‘s nach Istanbul. Das dürfte ein heißer Tanz werden...
ROLFES: Auch darauf freuen wir uns alle. Wir hätten gar kein besseres Los bekommen können. Istanbul ist sicher eine starke Mannschaft, aber wir wollen auch dort bestehen. Ein junges Team wie das unsere kann an solchen Spielen nur wachsen.
(Quelle: bayer04.de)