Ein Adler macht noch keinen Meister
München/Karlsruhe - Leverkusens Torhüter Rene Adler musste ganz schön auf die Zähne beißen.
Rene Adler war auch gegen Karlsruhe wieder der überragende Bayer-Akteur
Gerade war er beim Herauslaufen noch mit dem eigenen Verteidiger Karim Haggui zusammengeprallt und musste kurz behandelt werden, da sah er sich in der Nachspielzeit der letzten Ecke des Karlsruher SC gegenüber.
Hajnal brachte den Ball von links an den kurzen Pfosten, wo Maik Franz am höchsten stieg und die Kugel Richtung Tor köpfte.
Dort war Adler aber schon wieder auf dem Posten und wehrte den Kopfball aus kürzester Distanz mit einem sensationellen Reflex ab.
Kurz danach war Schluss - der Punkt für Bayer war gerettet.
Der beste und konstanteste Keeper
Auch wenn von offizieller Seite keine Diskussion um den Platz im deutschen Nationaltor läuft: Rene Adler lieferte auch in Karlsruhe wieder den Beweis ab, dass er derzeit der beste und konstanteste Torhüter der Bundesliga ist.
81 Prozent gehaltene Bälle und schon 25 vereitelte hundertprozentige Torgelegenheiten in dieser Saison sprechen für sich, auch wenn Adler schon zuletzt nach dem starken Uefa-Cup-Auftritt in Istanbul den Ball flach hielt.
"Dafür bin ich doch da, dass ich ein paar Bälle halte", sagte er da. In Karlsruhe wollte der 23-Jährige seine Leistung erst gar nicht kommentieren.
"Herzlichen Glückwunsch zu diesem Torhüter"
Das übernahmen dafür andere. "Der Adler hat einfach überragend gehalten. Herzlichen Glückwunsch zu diesem Torhüter", zeigte sich beispielsweise Franz beeindruckt.
Die Leverkusener Verantwortlichen ließen sich bei aller Freude aber nicht dazu hinreißen, für ihren Keeper einen Platz im EM-Kader zu fordern.
"Die Zeit von Rene Adler wird kommen. Wahrscheinlich erst nach der EM. Aber er wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Nummer eins werden", sagte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler.
Gut, aber nicht gut genug
Den Angriff auf die allerhöchsten Tabellenregionen muss die Mannschaft von Bayer unterdessen noch etwas verschieben.
"Wenn man 2:0 führt, muss man das Ding normalerweise nach Hause fahren", analysierte Simon Rolfes, der mit seinem fünften Saisontor das 1:0 erzielt hatte.
Sein Trainer zeigte sich hingegen mit dem Punkt letzlich zufrieden. "Uns ist es nur phasenweise gelungen, das Spiel zu kontrollieren. Selbst nach dem 2:0 war ich mir noch nicht sicher, und der KSC hat am Ende das Unentschieden verdient", meinte Michael Skibbe.
Vier Punkte liegengelassen
Ein überragender Torhüter reicht also nicht. In den vergangenen beiden Partien ließ Leverkusen vier Punkte liegen.
Mit etwas mehr Souveränität wäre es also durchaus möglich gewesen, statt fünf nur einen Zähler Rückstand auf Platz eins zu haben.
Karlsruhe "gierig auf mehr"
In Karlsruhe reift nach der spektakulär vorgetragenen Aufholjagd gegen Leverkusen dagegen endlich die Erkenntnis, dass das eigene Team in dieser Saison zu mehr fähig ist als dem frühzeitigen Klassenerhalt.
"Wenn wir so weitermachen, dann kann man vom Uefa-Cup reden. Wir haben die Punkte bisher nicht geschenkt bekommen, für uns ist noch einiges drin", legte Innenverteidiger Franz nach der Partie die Zurückhaltung ab.
"Fakt ist, dass wir heiß und gierig auf mehr sind", ergänzte Abwehrkollege Christian Eichner, der bis Ostern entscheiden will, ob er in Karlsruhe bleibt, oder beispielsweise nach Leverkusen wechselt.
Lob vom Gäste-Trainer
Die Badener stehen mit inzwischen schon 33 Punkten weiter auf Tabellenplatz sechs, mit direkter Tuchfühlung zu den Uefa-Cup-Plätzen.
Das weiß auch Trainer Edmund Becker, der vor allem mit "der Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben" zufrieden war.
"Die Spielweise der Karlsruher hat uns häufig in Verlegenheit gebracht", sprach auch sein Kollege Skibbe ein Lob aus.
Karlsruhe beweist seine Klasse
So hatte ein begeisternder Fußballnachmittag im Wildparkstadion trotz des Unentschiedens nur Sieger.
Die Zuschauer wurden bestens unterhalten, Karlsruhe bestätigte gegen ein Spitzenteam die eigene Klasse und Leverkusen sammelte bei einem starken Gegner einen Punkt.
Der größte Sieger von allen hieß aber mit Sicherheit Rene Adler, auch wenn der davon nichts wissen wollte.
Matthias Becker