Eleganz, Lässigkeit, Können

  • Michael Skibbes Mannschaft dominiert den Gegner von Beginn an nach Belieben.


    Leverkusen - Fußball ist auch, wenn sich alle täuschen. Viel war erwartet worden von Leverkusens Rückspiel im Uefa-Pokal gegen Galatasaray Istanbul nach dem mühevollen 0:0 der Vorwoche. Ein Abnutzungskampf, eine Zitterpartie. Und was geschah: Der Bundesliga-Vierte schlenderte bequem ins Achtelfinale des Uefa-Pokals, wo jetzt der Hamburger SV wartet. 5:1 Tore drückten seine Überlegenheit gegen den türkischen Tabellenführer nur sehr ungefähr aus. Und Bayer-Veteran Sergej Barbarez konnte sein Glück kaum fassen: „Wenn man fast 37 Jahre alt ist, versucht man jedes Spiel zu genießen. Gegen einen solchen Gegner zu gewinnen, ist natürlich etwas Besonderes. Wir freuen uns sehr auf Hamburg. Im Viertelfinale standen wir letztes Jahr schon, diesmal wollen wir mehr.“


    Begonnen hatte der entspannte Nachmittag allerdings mit einem mittleren Schock für Bayer 04. Torhüter René Adler konnte nicht spielen. Die Adduktorenverletzung des 23-Jährigen war stärker als der Optimismus des Trainers Skibbe, der tags zuvor größte Zuversicht verbreitet hatte. Aber bevor sich die Menschen im Stadion eingehender mit der Frage beschäftigen können, ob Ersatzmann Benedikt Fernandez internationalem Standard genügen würde, war die Partie schon entschieden. Nach elf umkämpften Minuten setzte sich Kießling auf der rechten Seite durch und fand mit einer Flanke Barbarez, der aus verdächtig kurzer Distanz per Kopf die Führung erzielte. Ein Treffer wie gemacht für das Entspannungsmoment zwei Tage vor dem Bundesligaspiel gegen Schalke, allerdings begünstigt durch die Nachlässigkeiten der halben Galatasaray-Hintermannschaft um Torhüter Usak.


    Stefan Kießling wollte es allerdings nicht bewenden lassen bei diesem Scorerpunkt. Keine zwei Minuten später lief er nach einem wunderschönen Direktpass von Bernd Schneider aufs verlassene Tor zu und entsetzte die türkischen Fans mit dem 2:0. Aber weil ja immer noch ein bisserl mehr geht und zuletzt in Karlsruhe eine 2:0-Führung verspielt worden war, inszenierte die inzwischen hoch überlegene Werkself in der 23. Minute einen brillanten Konter, den Barbarez mit seiner typischen Mischung aus Eleganz, Lässigkeit und Können zum 3:0 vollendete. Das Spiel war jenseits jeden Zweifels, noch bevor die Dunkelheit hereingebrochen war.


    Was nach der Pause kam, war pure Lust. Gegen ein desorientertes Team vom Bosporus zelebrierte Bayer seine Lehrvideo-Konter. Kießling vergab innerhalb kürzester Zeit zweimal freistehend vor Torhüter Usak (50., 52.), ehe Karim Haggui einen Fehler desselben nach Schneiders eher harmlosem Freistoß zum 4:0 nutzte (55.). Fünf Minuten später drang Kießling zum tausendsten Mal mit dem Ball am Fuß in den Strafraum der Gäste ein, wurde von Cetin gelegt. Strafstoß. Die Fans jubelten schon, als ihr Kapitän, der so selten Tore schießt, den Ball auf den Punkt legte. Der Rest war Schneiders cooles Einschieben neben den rechten Pfosten.


    Bayer hatte nun die Gewissheit, dass nur ein Kometeneinschlag den Einzug ins Achtelfinale des Uefa-Pokals hätte verhindern können. Das brachte Trainer Michael Skibbe in die günstige Position, drei Spieler im Hinblick auf das Spiel am Samstag gegen Schalke zu schonen. Er entschied sich für Barbarez, Kießling und dann Schneider, die allesamt umjubelt wurden. Das 1:5 per Elfmeter durch Ahmed Baruso (Handspiel von Haggui) wurde sogar von den Bayer-Fans beklatscht.



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