Bayer Leverkusen hat zumindest vorübergehend den Champions-League-Qualifikationsplatz in der Fußball-Bundesliga erobert. Zwei Tage nach dem Achtelfinaleinzug im Uefa-Cup durch die 5:1-Gala gegen Galatasaray Istanbul gewannen die Rheinländer das Verfolgerduell der sichtlich müden Europapokalgewinner gegen Vizemeister Schalke 04 mit 1:0 (0:0).
Damit verdrängte die Mannschaft von Trainer Michael Skibbe mit 38 Punkten den am Sonntag bei Tabellenführer Bayern München spielenden Hamburger SS (37) von Rang drei. Den Siegtreffer erzielte Nationalverteidiger Manuel Friedrich mit einer verunglückten Flanke in der 85. Minute.
Die Schalker verloren durch die zweite Liganiederlage in Folge weiter an Boden und müssen in der kommenden Woche gegen München auf Jermaine Jones verzichten, der in der Nachspielzeit die Gelb-Rote Karte sah.
Die Spieler fühlten sich als "Deppen", die Fans riefen "Slomka raus", und der Präsident war sichtlich frustriert: Nur vier Tage nach dem viel umjubelten 1:0-Erfolg im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den FC Porto droht die Stimmung beim deutschen Vizemeister Schalke 04 zu kippen. Durch die unglückliche Niederlage scheidet der Tabellenfünfte wohl aus dem Titelrennen aus, und selbst die erneute Qualifikation für die Champions League rückt in immer weitere Ferne.
"Wir müssen das Beste aus dieser Situation machen. Aber keine Frage, es wird jetzt sehr schwer", sagte Klub-Chef Josef Schnusenberg. Fünf Zähler Rückstand haben die Königsblauen auf Rang zwei, im Rennen um Platz drei liegt nun auch Leverkusen drei Zähler vorne, und nun kommt Rekordmeister Bayern München.
"Auch da kann man verlieren", unkte Schnusenberg und ergänzte: "Damit, dass wir die Champions League gewinnen und uns so wieder qualifizieren, rechne selbst ich mit meinem Optimismus nicht."
Vor der Partie gegen die Bayern und dem Rückspiel in Porto scheint auch der Druck auf Trainer Mirko Slomka deutlich zu wachsen. "Ich habe mich heute über vieles gewundert", erklärte Schnusenberg ausweichend auf die Frage, ob ihn die vereinzelten "Slomka raus"-Rufe der Fans wunderten.
Es ist jedoch kein Geheimnis, dass dem Klub-Chef, der Slomka schon in der Hinrunde öffentlich kritisiert hatte, der seltene Einsatz der Neuzugänge Albert Streit, Ze Roberto und Vicente Sanchez missfällt. Das Trio, für das Schalke im Winter insgesamt über sechs Millionen Euro investierte, ließ Slomka zu Beginn abermals außen vor. "Dazu sage ich nichts", meinte Schnusenberg - doch sein Gesicht verriet, was er wirklich dachte.
Während Manager Andreas Müller und Nationalstürmer Kevin Kuranyi ("Es gibt nichts zu sagen") jeden Kommentar verweigerten, trugen andere ihren Frust wortgewaltiger zur Schau. "Da kriegt man so ein ärgerliches Tor, und jetzt sind wir wieder die Deppen", schimpfte Fabian Ernst mit Blick auf Leverkusens Siegtor - eine verunglückte Flanke des Leverkuseners Manuel Friedrich.
"Der Ball hatte eine doofe Flugbahn", erklärte Torwart Manuel Neuer. "Dieses blöde Gegentor war eine Katastrophe", meinte auch Nationalverteidiger Heiko Westermann und stellte klar: "Platz drei bleibt unser Ziel. Aber eigentlich darf man dann nicht bei einem Mitkonkurrenten verlieren, der nur 44 Stunden Pause hatte."
Die Leverkusener jammerten jedoch nicht über müde Knochen, sondern waren nach dem glücklichen Siegtor euphorisiert. "Wir holen den Uefa-Cup und kommen in die Champions League", sang Torschütze Friedrich ("Der Ball ist mir abgerutscht") vor dem Fanblock.
Von der Königsklasse zu sprechen, steht bei Bayer zwar eigentlich auf dem Index, am Ende einer erfolgreichen Woche ließ Trainer Michael Skibbe dies aber gnädig durchgehen. "Wenn ein Spieler so ein Tor schießt und wir gewinnen, darf er alles sagen", meinte der Coach, der ebenfalls forschere Töne anschlug.
Auf die Frage, ob sein Team gegen Schalke die Reifeprüfung bestanden habe, antwortete Skibbe: "Das haben wir schon beim 5:1 im Uefa-Cup gegen Istanbul getan. Und nun haben wir noch ein Sahnehäubchen obendrauf gesetzt."
Seine Spieler bemühten sich denn auch kaum noch, das Gerede von der Champions League einzudämmen. "Wir gehen einfach unseren Weg, dann schauen wir, was dabei rauskommt", meinte Simon Rolfes mit einem verschmitzten Lächeln.
Und der trotz Brummschädel nach einer Platzwunde übermütige Friedrich klang vor den Mikrofonen nur unwesentlich bescheidener als vor der Fankurve. "Intern wissen wir, was wir wollen", ließ der frühere Mainzer durchblicken: "Unser Ziel bleibt ein Platz im internationalen Geschäft. Und wenn's die Champions League wird, nehmen wir das gerne mit."
Beste Spieler bei den Gastgebern waren Castro und Karim Haggui, bei Schalke gefielen vor allem Kapitän Marcelo Bordon und Fabian Ernst.
Statistik
Leverkusen: Fernandez - Castro, Friedrich, Haggui, Sarpei - Rolfes, Vidal (72. Freier) - Schneider (87. Callsen-Bracker), Barbarez (63. Gekas), Barnetta - Kießling. - Trainer: Skibbe
Schalke: Neuer - Rafinha, Bordon, Krstajic, Westermann - Jones, Ernst, Kobiaschwili (87. Altintop) - Rakitic (59. Streit) - Asamoah (46. Lövenkrands), Kuranyi. - Trainer: Slomka
Schiedsrichter: Manuel Gräfe (Berlin)
Tor: 1:0 Friedrich (85.)
Zuschauer: 22.500 (ausverkauft)
Beste Spieler: Castro, Haggui - Bordon, Ernst
Rote Karten: keine
Gelb-Rote Karte: Jones wegen wiederholten Foulspiels (90.+2)
Gelbe Karten: Barnetta (3), Schneider, Castro (5/1) - Ernst (4), Rafinha (4), Kobiaschwili