Rudi Völler : „Bereitstehen, wenn die Bayern schlecht sind"

  • Die Zeit zur Regeneration war knapp, dennoch ließ Bayer Leverkusen auf das 5:1 im Uefa-Pokal gegen Galatasaray Istanbul binnen 48 Stunden ein ebenso beeindruckendes 1:0 gegen Schalke 04 folgen. WELT ONLINE sprach mit Sportdirektor Rudi Völler über die "neue" Werkself und die Jagd auf die Bayern.


    WELT ONLINE: Herr Völler, bis zum Wochenende stand es auf dem Index, über die Champions League zu sprechen. Nun reden die Spieler über eine mögliche Teilnahme.


    Rudi Völler: Das zeigt, dass sie Ambitionen haben. Ich finde es gut, dass sie sich positionieren. Wir sollten aber nicht vergessen, dass es für uns durch die Doppelbelastung noch schwer werden kann. Das hat man vergangene Saison gesehen, in der Stuttgart vielleicht auch deshalb Meister wurde, weil Bremen solange international dabei war.



    WELT ONLINE: Bayers letzter Titelgewinn, der Uefa-Pokal, liegt 20 Jahre zurück. Hat das Team nun wieder die nötige Reife für einen Titel?


    Völler: Was die Bundesliga betrifft, so haben wir in den letzten 15 Jahren gelernt, dass du genau in dem Jahr ordentlich drauf sein und bereitstehen musst, wenn die Bayern schlecht sind. Nur dann hat man eine Chance, den Titel zu holen. Ansonsten führt der Weg nur über die Bayern, wo du als Spieler drei Titel schon mal sicher hast, wenn du einen Fünf-Jahres-Vertrag unterschreibst. Da stimmen im Gegensatz zur Konkurrenz einfach alle Voraussetzungen.



    WELT ONLINE: In dieser Saison auch?


    Völler: Ich denke, dass Bayern und Bremen das unter sich ausmachen. Mit uns, dem HSV, Schalke und Stuttgart gibt es Vereine, die das Duo hin und wieder ärgern können. Aber am Ende werden sie sich auf Grund ihrer Möglichkeiten wohl behaupten. Am ehesten die Bayern.



    WELT ONLINE: Wie aussagekräftig sind Leverkusens Leistungen?


    Völler: Der Erfolg kommt jedenfalls nicht einfach so. Istanbul haben wir geschlagen, weil wir gegen einen guten Gegner sehr gut waren. Das Spiel gegen Schalke war zwar mehr ein Kampfspiel, hat aber den Charakter unserer Mannschaft aufgezeigt. Obwohl sie nur wenig Zeit zu Regeneration hatte, war sie in der Lage, ein Top-Team zu schlagen.



    WELT ONLINE: Dies nicht zu können, war jahrelang ein Makel.


    Völler: Die Mannschaft entwickelt sich weiter. Es gibt keinen Stillstand. Das spricht ganz klar für die Jungs, die sich eben nicht mit dem Erstbesten zufrieden geben. Sie wollen mehr.



    WELT ONLINE: Experten halten Bayers Fußball für den schönsten der Liga.


    Völler: Wir haben eine bestimmte Vorstellung, wie unser Fußball gespielt werden soll. Danach kaufen wir ein oder bilden aus. Trotzdem geht es auch für uns in erster Linie darum, zu punkten und nicht zu zaubern. Das Lob ist natürlich angenehm für den Trainer und die Spieler. Aber der Druck bleibt ja. Verlieren wir zwei- oder dreimal, sieht das doch schon wieder alles ganz anders aus. Aber dann dürfen wir nicht die Nerven verlieren– genauso sollten wir jetzt nicht ausflippen, weil es läuft.



    WELT ONLINE: Erfolg weckt Begehrlichkeiten. Befürchten Sie, dass der eine oder andere Profi den Verlockungen anderer Klubs erliegen könnte?


    Völler: Die wichtigsten Spieler sind alle langfristig an uns gebunden. Aber wenn es dazu kommen sollte, wäre es quasi der Lauf der Dinge. Den gab es in Leverkusen ja immer schon, wenn man nur mal an Weltklassespieler wie Ballack, Lucio, Emerson oder Berbatov denkt. Wichtig ist dann immer nur, dass du das Geld gut investierst, um das Niveau zu halten. Sollte ein Spieler zu uns kommen und den Wunsch äußern, zu wechseln, müsste man sich zusammensetzen und schauen, ob es passt – auch für uns.



    WELT ONLINE: Wie steht es um die Personalie Sergej Barbarez?


    Völler: Wir haben mit ihm und seinem Berater gesprochen. Wenn wir international dabei sind, wird er wohl noch ein Jahr bleiben. Dafür gibt es deutliche Signale von ihm.



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