Wer hier lebt, der weiß sich zu wehren. Mitte der 70er Jahre leisteten die Leverkusener mit ihrer beispielhaften Aktion „LEV muss leben . . .“ erfolgreich Widerstand gegen das Ansinnen des lüsternen Nachbarn Köln, sich die (damals noch wohlhabende) Stadt im Zuge der kommunalen Gebietsreform einzuverleiben. „Wir sind Leverkusener und das ist gut so . . .“ hielten die Frauen und Männer unterm Bayer-Kreuz dagegen. Der Vorgang ist unvergessen und als vorbildlicher Akt bürgerlicher Selbstbestimmung und Eigenständigkeit bis in die Gegenwart fortgeschrieben.
Seitdem hat sich Leverkusen mit vielerlei Anfechtungen, Problemen, Krisen auseinandergesetzt. Seinen Einwohnern wurden teils erhebliche Opfer abverlangt. Schwere Zeiten. Aber gut 30 Jahre später gilt: LEV lebt – und wie. . . . Festzumachen ist dies nicht zuletzt an ein paar erfreulichen Nachrichten gerade in den letzten Monaten.
Von seinem Image her sucht sich Leverkusen aus der einseitigen Fixierung auf die „Chemiestadt“ zu lösen. Der Weg führt zur Sport- und Gesundheitsstadt. Das Projekt „Grüner Fächer“ mit der Landesgartenschau hat dabei geholfen. Die „Regionale 2010“, die unter der Leitlinie „Zukunft gestalten“ die Qualitäten und Eigenheiten der Region Köln/Bonn präsentieren will, soll diese Spur fortführen.
Prägend bleibt trotzdem allemal der Konzern, der Leverkusen seine Identität gegeben hat und unverändert gibt. Der Name Bayer steht innerstädtisch wie in der Außenwirkung auch weiterhin konkurrenzlos für den Standort LEV.
Das Unternehmen hat wie seine Mitarbeiter schwierige Jahre mit einem komplizierten Umbau hinter sich. Jetzt ist es wieder auf Erfolgskurs. Die Bayer-Aktie kletterte im Januar von einem Allzeit-Hoch zum nächsten. Im vergangenen November wurde Werner Wenning, der 2002 den Vorstandsvorsitz von Manfred Schneider übernommen hatte, durch eine vom „Manager-Magazin“ bestellte Expertengruppe zum Manager des Jahres 2007 gewählt. Die Reaktion des Bayer-Chefs, eines ausgewiesenen Fußballfreundes („Halblinks hab’ ich in der Jugend gespielt, im linken Mittelfeld würde man heute wohl sagen“), in einem Interview der „Welt am Sonntag“: „Ich habe mich entschlossen, diese Wahl als Anerkennung für die Leistung des gesamten Managements und der Bayer-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zu verstehen. Alle haben in den vergangenen Jahren mit sehr großem Einsatz sehr viel geleistet. Deshalb freue ich mich durchaus über diese Auszeichnung.“
Viele dieser rechtschaffenen und schaffensfreudigen Mitarbeiter freuen sich zum Wochenende auf Premium-Unterhaltung vor der Haustüre. Bundesliga-Fußball in der BayArena. Leverkusens Fußballfreunde pflegen seit jeher ein besonders intensives Verhältnis zu jener Mannschaft, deren Spieler das Logo ihres Arbeitgebers auf den Trikots tragen. Samstags (oder sonntags) schaut man „beim Bayer“ nach dem rechten. Die Firma zählt zu den „Global Players“. Das Team als werbetreibende Tochter der AG ist mit Nationalspielern aus aller Herren Länder bestückt. Diese Konstellation passt und beeinträchtigt nicht im geringsten die Verbundenheit mit vielerlei gewachsenen Traditionen des Fußballvereins.
Gerade in jüngster Zeit hat sich die jugendbewegte Bayer-Elf in den Blickpunkt gespielt und viel fürs Image getan. Leverkusen ist wieder eine Fußballstadt. Fans und Fachwelt staunen und erwärmen sich an inspirierten und attraktiven Vorstellungen. Langjährige Beobachter fühlen sich gar – nicht immer, aber immer öfter – an jene goldene Saison 2001/2002 erinnert, als Bayer 04 das nationale und internationale Establishment aufmischte. Jedenfalls haben sich die Jungs in der Szene eine Menge Kredit und Anerkennung erworben. Es regnet – schwarz auf weiß und garniert mit farbigen Fotos – allenthalben gute Noten, Fleißkärtchen und Komplimente.
Lauter Ritterschläge
Der „Kicker“ wartete während der Winterpause gleich mit einer guten Handvoll Bayer-Profis auf, die in seinen viel beachteten und besprochnen Ranglisten lobende Erwähnung fand. Im Fokus stand vor allem René Adler. Unsere Nr. 1 wurde neben Robert Enke (Hannover 96) in der Kategorie „Internationale Klasse“ eingestuft. Zudem wählten die vom Fachblatt befragten Bundesliga-Profis den Bayer-Schlussmann (mit 35,8 Prozent der Stimmen) als bisher besten Torwart der Saison vor Enke (28,0) und Frank Rost (HSV/11,4). Wow, was für ein Ritterschlag zur Halbzeit seines erst zweiten Arbeitsjahres.
Auf Platz 1 punkteten die Kicker-Juroren auch Gonzalo Castro. Der 20-Jährige hat im Ressort „Außenbahn defensiv“ die Nase vorne vor dem Schalker Heiko Westermann und dem Bremer Petri Pasanen. „Vielseitig verwendbar“, heißt es in der Begründung, „und er erfüllt das oberste Gebot, seine Seite zuzumachen, zumeist gut“.
Auf der „Außenbahn offensiv“ findet sich Tranquillo Barnetta (hinter dem Hamburger Ivica Olic) „im weiteren Kreis“ auf Rang zwei. Unter den Innenverteidigern sind „im erweiterten Kreis“ Manuel Friedrich und Karim Haggui aufgeführt. „Internationale Klasse“ bescheinigt der „Kicker“ neben Zé Roberto (FC Bayern) und Tomas Galasek (Nürnberg) im defensiven Mittelfeld auch unserem Simon Rolfes. Die Laudatio auf den besten Sechser: „Vom Mitläufer zum Liga-Primus. . . Stark im Kopfballspiel, energisch in der Balleroberung, souverän in der Ausstrahlung.“ Arturo Vidal ist in diesem erlesenen Feld auf Platz neun („im weiteren Kreis“) eingestuft. In der offensiven Mittelfeldabteilung erobert Sergej Barbarez auf seine alten Tage den vierten Platz, vor ihm rangieren lediglich Diego (Bremen), Rafael van der Vaart (Hamburg) und Thomas Hitzlsperger (Stuttgart). Im weiteren Kreis der Stürmer sind Stefan Kießling auf Position acht und Theofanis Gekas auf elf registriert. Die Bundesliga-Kicker platzieren Michael Skibbe (mit 9,9 %) auf Rang vier der Trainer-Gewinnerliste und gestehen unserem Ensemble bei der Frage nach dem Team, das bisher am positivsten überrascht hat, hinter Karlsruhe und Hannover Rang drei zu.
Alles sehr erfreulich. Als „LEV muss leben. . .“ ins Leben gerufen wurde, stimmte es aus gutem Grund vor allem in der Abwehr. Bei den Fußballern stimmt es 2008 in allen Bereichen.
Kein Wunder, dass Bayer 04 wieder zum bevorzugten Zulieferbetrieb auch für die DFB-Auswahl geworden ist. Profil, Potenzial und Perspektive sind o. k. beim „FC Deutschland“. Bei der Frage nach dem kommenden Deutschen Meister haben die meisten Profis natürlich den FC Bayern auf dem Zettel (70,1 Prozent) vor Werder, dem HSV und Schalke. Unseren Jungs räumt man allenfalls kaum erwähnenswerte Außenseiterchancen ein (1,8 % auf Rang fünf). Es ist nicht die schlechteste Ausgangslage, wenn man unterschätzt wird. . . .
Wolfgang Holzhäuser, Sprecher der Bayer 04-Geschäftsführung, sieht die Saat seiner Strategie aufgehen: „Unsere sportliche Leitung – von Sportchef Rudi Völler bis zum Cheftrainer Michael Skibbe und Sportmanager Michael Reschke – befindet sich auf dem richtigen Weg und hat eine erfolgreiche Einkaufspolitik getätigt. Zum anderen bestätigt sich unsere wirtschaftliche Konsolidierungspoltik, die jetzt die erhofften Früchte trägt.“
Die „Werkself-Kampagne“, eine selbstironische und witzige Inszenierung von Bayer 04, der es gelang, scheinbar zementierte Vorurteile in der Branche ins Gegenteil zu verkehren, hat den Marketingpreis des Sports 2008 gewonnen. Der Um- und Ausbau unserer BayArena zu jenem Schmuckkästchen, als das es beim Bezug Anfang der 90er Jahre gerühmt wurde, ist in vollem Gange. Das Bayer-Kreuz bleibt uns nicht zuletzt aufgrund einer breit gefächerten öffentlichen Sympathie- und Protestbewegung als unübersehbare Standortbestimmung erhalten.
Die Signale sind auf Grün geschaltet. Wenn sich die vielen dekorierten Leistungsträger nun nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen, kann’s ja heiter werden. LEV lebt. Man spricht wieder von Leverkusen, von seinen Bürgern, seinem Werk und seinem Fußball.