Microsoft-Führung verzweifelt an Vista
Treiber-Konflikte und Software-Probleme: Auch Microsoft Manager verzweifeln an Windows Vista. Das zeigt ein nun bekannt gewordener eMail-Wechsel zwischen Top-Führungskräften des Unternehmens. Sogar der Chef der Windows-Entwicklung brachte seinen Drucker nicht mehr zum Laufen. Die Veröffentlichung kommt für Microsoft zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Der Konzern befindet sich gerade in einem Rechtsstreit, in dem es um genau um diese Probleme geht.
Er habe so viele Kompatibilitätsprobleme, sein Rechner sei nur noch eine "2100-Dollar-eMail-Maschine". Das schreibt Mike Nash, immerhin führender Produkt-Manager für die Windows-Familie, in einer privaten eMail an Microsoft-Chef Steve Ballmer. Der Top-Manager ist kein Einzelfall: Nach dem Start von Windows Vista hatte praktisch die gesamte Führungsriege des Konzerns mit den Tücken des neuen Betriebssystems zu kämpfen. So bekam Steven Sinofsky, der Chef der Windows-Entwicklung, seinen Drucker nicht mehr in Gang. Der ehemalige Chef des operativen Geschäfts Jon Shirley brachte nicht einmal die Microsoft eigene MSN-Software zum Laufen – und weigerte sich daher, seine anderen Computer auf Vista aufzurüsten. "Ich kann nicht verstehen, wie ein Produkt so lange in der Entwicklung und dann immer noch so voller Probleme sein kann" schrieb Shirley verärgert an Ballmer.
Verwirrung um "Vista ready"
Mit dieser Meinung steht Shirley nicht alleine. Zahlreiche Vista-Käufer der ersten Stunde, die an das "Wow"-Versprechen des Konzerns geglaubt hatten, verklagen Microsoft nun wegen der unerträglichen Hardware-Probleme zum Start. Zentrum des Rechtsstreits: Der "Vista ready"-Aufkleber auf Rechnern mit vorinstalliertem Betriebssystems. Der sollte eigentlich Systeme kennzeichnen, die ausdrücklich für Vista geeignet sein würden. Doch trotz des Aufklebers wollten Drucker, Scanner oder Grafikkarten nicht ordnungsgemäß funktionieren. Später argumentierte Microsoft, dass der Aufkleber nur die Erfüllung von Minimalanforderungen versprechen sollte. Nur Rechner mit dem Prädikat "Vista capable" seien voll für Vista geeignet, nichts anderes habe man beworben.
Wasser auf die Mühlen der Microsoft-Kritiker
Pikant für Microsoft: Der eMail-Verkehr der Führungsriege zeigt, dass auch die Manager keine Ahnung hatten, was die Aufkleber eigentlich bedeuteten. "Stimmt es tatsächlich, dass 'Vista ready' nicht unbedingt bedeutet, dass der Rechner für Aero geeignet ist?" schrieb etwa Steve Sinofsky. Er habe einen Rechner mit diesem Aufkleber gekauft und könne das Feature nun nicht nutzen. Aero ist die neue grafische Oberfläche von Windows Vista und eine der heftig beworbenen Kernfunktionen des Systems. Äußerungen wie diese sind deshalb Wasser auf die Mühlen der Microsoft-Kritiker und schwächen die Position des Konzerns in dem laufenden Rechtsstreit. Das könnte teuer werden: Es handelt sich um eine Sammelklage hunderter verärgerter Käufer, eine Einigung dürfte sich auf Millionensummen belaufen.
Top-Manager als Betatester?
Ein Sprecher des Konzerns versuchte sich nach Bekanntwerden der eMails in Schadensbegrenzung. Bei dem Schriftwechsel handele es sich um eine ganz normale Maßnahme zur Qualitätssicherung. Mitarbeiter des Konzerns hätten mit ihren Bedenken geholfen, das Produkt für den Kunden zu Verbessern. Top-Manager als Betatester also. Das Gericht dürfte dieser Argumentation kaum folgen. Wenigstens hat der Konzern schon einen Sündenbock für die Pannenserie ausgemacht: Die Hardware-Hersteller. "Keiner von denen hat jemals wirklich geglaubt, dass wir Vista auf den Markt bringen, also haben sie nicht mit dem Update ihrer Treiber angefangen - bis kurz vor Ende des Jahres 2006", schrieb Sinofsky an Steve Ballmer. Der antwortete, kurz, prägnant und wenig selbstkritisch, mit einem schmissigen: "Jawoll!"
quelle: t-online
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