Sport, 11.03.2008, Von Thomas Lelgemann
Einige Jahre spielte Sergej Barbarez für den Hamburger SV. Heute kehrt er mit Bayer Leverkusen an seine alte Wirkungsstätte zurück - im Achtelfinal-Rückspiel des Uefa-Pokals
Leverkusen. Bei den Fans des Hamburger SV hat Sergej Barbarez immer noch ein Stein im Brett. Youri Mulder werden die Anhänger des FC Schalke 04 auch nie vergessen. Knapp drei Wochen ist es her, da ging während des Uefa-Cup-Spiels des HSV gegen den FC Zürich erst ein Raunen durch die Hamburger Arena, dann brandete großer Beifall auf. Das Objekt der Freude stand gar nicht auf dem Rasen, aber auf der Anzeigetafel leuchtete der Name Barbarez auf. Schon zum zweiten Mal. Der Bosnier hatte zwei Treffer für Bayer Leverkusen beim 5:1 gegen Galatasaray Istanbul erzielt.
Wenn am heutigen Mittwoch (17.45 Uhr/ARD) in der HSV-Arena das Achtelfinal-Rückspiel im Uefa-Cup gegen Leverkusen über die Bühne geht, darf Barbarez zwar bei seiner Vorstellung mit Applaus der Hamburger Fans rechnen, doch sobald der Ball rollt, ist Barbarez nur noch einer von elf Leverkusenern, gegen die der HSV ein 0:1 aus dem Hinspiel aufholen muss. "Es macht mich stolz, dass die Leute mich hier noch nicht vergessen haben", sagte Barbarez vor der Partie. In über sechs Jahren hatte sich der Mann mit dem schütteren weißblond gefärbten Haar die Sympathien an der Elbe erarbeitet. Er wäre gerne beim HSV geblieben, aber nach einem langen Vertragspoker konnte er sich 2006 nicht mit dem Hamburger Vorstand einigen und ging ein wenig vergrätzt nach Leverkusen.
Die Familie Barbarez wohnt immer noch in Hamburg. Mindestens einmal in der Woche fährt Barbarez von Leverkusen nach Hamburg, um seine Frau und Kinder zu besuchen. Kein Wunder, dass der Bosnier als einziger über die Auslosung des deutsch-deutschen Duells im Uefa-Cup jubelte: "Prima, dann kann ich ja einen Tag länger zu Hause schlafen." Zu Hause, das ist immer noch Hamburg, und nach seiner Karriere wird er auch in die Hansestadt zurückkehren. Vielleicht sogar zum HSV. Nicht mehr als Spieler, aber Barbarez will den Fußball erhalten bleiben und als Trainer arbeiten.
Wann er das Spielertrikot gegen den Traineranzug eintauscht, das ist noch nicht ganz klar. In den nächsten Wochen wird sich klären, ob Barbarez und Bayer ihre erfolgreiche Zusammenarbeit um ein weiteres Jahr verlängern. Beide Seiten sind willens, aber Barbarez gilt als harter Verhandlungspartner. Frag' nach beim HSV. Als Barbarez im Sommer 2006 nach Leverkusen gekommen war, sah dieser Wechsel eher nach einem Flop aus. Der in Hamburg so beliebte Spieler musste sich von den Bayer-Fans des öfteren gellende Pfiffe gefallen lassen.
Doch als Barbarez in dieser Saison den verletzten Bernd Schneider ersetzte und groß aufspielte, eroberte er die Herzen der Zuschauer. "Ich habe einfach weiter mein Spiel gespielt", sagte Barbarez, "mir war klar, dass mich über kurz oder lang auch die Fans akzeptieren. Wichtig war für mich nur, was der Trainer sagt."
Und Michael Skibbe vertraut dem Routinier, mit dem er schon von 1998 bis 2000 bei Borussia Dortmund zusammen arbeitete. Barbarez ist in der Leverkusener Mannschaft zu einem wichtigen Leistungsträger geworden. "Jeder Gruppendynamiker würde ihn als Interaktionszentrum bezeichnen", sagt Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, um weniger kompliziert fortzufahren, "er ist eine rundum positive Erscheinung. Und wenn er dann noch so exzellent spielt wie in dieser Saison, ist das umso besser." Barbarez bringt in der jungen Bayer-Mannschaft seine große Erfahrung ein. Er hält auch mit 36 Jahren noch gut mit. Den Ball mit einem Schuss Genialität zu streicheln, das ist ihm eh in die Wiege gelegt worden. "Es macht Spaß mit den Jungs zu spielen", sagt Sergej Barbarez über seine jungen Kollegen, von denen einige schon seine Söhne sein könnten, "wir spielen den schönsten Fußball in der Liga." Heute Abend beim Hamburger SV soll er auch effektiv sein, um ins Uefa-Cup-Viertelfinale einzuziehen.