Völler Interview: "Keiner kann Bayern das Wasser reichen"

  • Bayer Leverkusen spielt eine äußerst erfolgreiche Saison. Mit mitreißendem Offensivfußball hat sich die Mannschaft von Trainer Michael Skibbe bis auf den 3. Platz in der Bundesliga und ins Viertelfinale des UEFA-Pokals vorgekämpft.



    Und dort wartet mit Zenit St. Petersburg eine "schwere, aber reizvolle Aufgabe", wie Rudi Völler betont. Der Bayer-Sportdirektor erklärt im Interview mit bundesliga.de außerdem, wieso er sich im Moment über den 3. Platz nicht allzu sehr freuen möchte, wie Leverkusen am Samstag in München bestehen will und warum er vom FC Bayern schwärmt.


    bundesliga.de: Nach dem 4:1-Erfolg über Nürnberg am Sonntag hat Leverkusen den Rückstand auf Spitzenreiter Bayern München auf sechs Zähler verkürzt. Gehört Bayer nun zum Kreis der Titelanwärter, Herr Völler?


    Rudi Völler: Wir tun gut daran, wenn wir über unsere Schulter nach hinten schauen. Wir haben aktuell einen Punkt Vorsprung vor Bremen, drei Zähler vor Schalke und sechs vor Stuttgart. Das wird schwer genug, dass wir diese Clubs hinter uns lassen. Vor allem die Bremer, die eine sehr, sehr gute Mannschaft haben. Wir müssen sehen, dass wir unseren 3. Platz verteidigen.


    bundesliga.de: Bayer belegt im Moment einen Champions-League-Platz. Wäre die Mannschaft schon stark genug für die "Königsklasse"?


    Völler: Das ist schwer zu sagen. Im UEFA-Pokal haben wir es ganz ordentlich gemacht und stehen zurecht im Viertelfinale. Aber die Champions League ist noch eine ganz andere Liga.


    bundesliga.de: Der Gegner im UEFA-Pokal heißt Zenit St. Petersburg. Wie groß schätzen Sie die Chancen ein, weiterzukommen?


    Völler: Fifty-fifty. Wir haben ja in der Gruppenphase schon gegen eine russische Mannschaft, Spartak Moskau, gespielt und mit 1:2 verloren. Und St. Petersburg ist russischer Meister. Es ist eine schwere, aber reizvolle Aufgabe. Der Ausgang ist offen.


    bundesliga.de: Ist gar der UEFA-Pokal-Triumph für Bayer möglich?


    Völler: Wie in der Meisterschaft wollen wir von Spiel zu Spiel denken. Wir wollen jetzt erst mal ins Halbfinale kommen und eventuell auf die Bayern treffen. Wenn es so käme, dann sind die Bayern ohnehin der Favorit. Wir sehen das sehr gelassen.


    Völler: Wie in der Meisterschaft wollen wir von Spiel zu Spiel denken. Wir wollen jetzt erst mal ins Halbfinale kommen und eventuell auf die Bayern treffen. Wenn es so käme, dann sind die Bayern ohnehin der Favorit. Wir sehen das sehr gelassen.


    bundesliga.de: Was ist das Geheimnis von Bayers Erfolgs in dieser Saison?


    Völler: Wir haben eine Mannschaft mit einer guten Mischung aus vielen jungen und einigen erfahrenen Spielern. Trainer Michael Skibbe schafft es, genau die Art und Weise Fußball spielen zu lassen, die den Leuten in Leverkusen gefällt und zudem erfolgreich ist. Wir bleiben aber auf dem Boden, weil wir wissen, wie das Bundesliga-Geschäft ist. Wenn man zwei Mal nicht gewinnt, ist man schon wieder Fünfter oder Sechster. Das kann sehr schnell gehen.


    bundesliga.de: Am Samstag steht eine wahre Bewährungsprobe an. Es geht zum FC Bayern, der nach der Schlappe gegen Anderlecht auch gegen Cottbus verloren hat. Ist der Rekordmeister außer Tritt?


    Völler: Nein, nein. Cottbus war sicherlich ein Ausrutscher. Die Bayern haben das Spiel auf die leichte Schulter genommen und wollten die Partie dann später zwar drehen, aber das ging nicht mehr, da Cottbus mit Herz und Leidenschaft dagegen gehalten hat. Und die Partie gegen Anderlecht zählt nicht, weil die Bayern nach dem sensationellen 5:0-Hinspielerfolg ohnehin schon eine Runde weiter waren. Ein solches Spiel kann man nicht als Niederlage bezeichnen.


    bundesliga.de: Die vergangenen sechs Duelle gegen Leverkusen gewann der FC Bayern durchwegs. Was stimmt Sie positiv, dass es diesmal anders läuft?


    Völler: Dass wir gelassen an die Sache herangehen. Statistisch gesehen werden die meisten Vereine gegen den FC Bayern München keine gute Quote haben. Das ist einfach so. Vor allem wenn man bei den Bayern spielt. So oft verlieren sie zuhause ja nicht. Wir haben unsere Hausaufgaben in den vergangenen Wochen gemacht und haben unsere Punkte geholt. Jetzt schauen wir, was wir aus München mitnehmen können. Natürlich wollen wir nicht verlieren und werden alles tun, damit wir dort bestehen. Aber egal, wie es am Samstag ausgehen wird, es geht weiter. Das sehen wir gelassen.


    bundesliga.de: Wie ist der FC Bayern zu packen?


    Völler: (Pause). Gute Frage. Sagen Sie es mir, dann gebe ich es an Michael Skibbe weiter.


    bundesliga.de: Ich würde volle Offensive empfehlen.


    Völler: Wir werden so spielen, wie wir in den vergangenen Spielen gespielt haben. Sich nur hinten reinzustellen bringt ja gegen die Bayern nichts. Wir werden natürlich auch versuchen, unsere Chancen zu suchen und nach vorne zu spielen. Aber die Bayern haben einfach die beste Mannschaft in der Liga. Deshalb können wir das Spiel gelassen angehen, wir haben nichts zu verlieren.


    bundesliga.de: Stefan Kießling sagte nach dem Nürnberg-Spiel, dass sich Bayer neue Ziele stecken könne, wenn gegen die Bayern gewonnen werde. Teilen Sie seine Meinung, dass es eine richtungweisende Partie werden kann?


    Völler: Was den 3. Platz anbelangt, hätten wir sicherlich dann eine gute Chance, ihn zu behaupten. Nicht mehr und nicht weniger.


    bundesliga.de: Langfristig gesehen: Wann rechnen Sie damit, dass Bayer um die Meisterschaft mitspielen kann?


    Völler: Sie wissen doch, wie es im Bundesliga-Geschäft ist. Es ist schwierig, mittel- und langfristig zu denken. Wer weiß, was in zwei oder drei Jahren ist. Wir wollen in dieser Saison soviel mitnehmen, wie es nur geht. Natürlich wissen wir auch, dass wir mit unseren vielen jungen Spielern auch in der nächsten oder übernächsten Saison konstanter werden und noch eine bessere Rolle spielen können. Aber die anderen Vereine schlafen ja auch nicht. Und die Bayern werden die absolute Ausnahmemannschaft in der Liga bleiben. Sportlich und finanziell kann ihnen keiner das Wasser reichen. Aber momentan sind wir zufrieden, wie es läuft. Wir werden weiterhin das Beste geben und dann sehen, was dabei herauskommt.



    Das Gespräch führte Thorsten Schaff
    (Quelle: bundesliga.de)