Leverkusen glaubt nicht ans Wunder

  • Leverkusen glaubt nicht ans Wunder


    St. Petersburg - Dienstreisen eignen sich im Profi-Fußball nicht für tiefschürfende Gedanken, selbst wenn ihr Ziel ein mit Historie beladener Ort wie St. Petersburg ist. Zu sehr stehen alle im Bann des sportlichen Ereignisses, von dessen Ausgang so viel abhängt. Da bleibt normalerweise keine Zeit, um über Zaren, Dichter oder das weltberühmte Kunst-Museum Eremitage nachzudenken. Normalerweise. Für Bayer 04 Leverkusen ist das etwas anders. Das Rückspiel im Viertelfinale des Uefa-Pokals ist zu Ende, bevor es begonnen hat. Zu krass war das 1:4 gegen Zenit aus dem Hinspiel.


    „Das ist eine ganz schwierige Situation für den Trainer“, sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, „natürlich hat die Bundesliga und das Spiel am Sonntag gegen Stuttgart absolute Priorität. Aber stell dir vor, du schonst jetzt wichtige Spieler für die Partie gegen Stuttgart und gewinnst in St. Petersburg plötzlich 2:1. Was würden die Leute dann sagen?“ Die Antwort ist einfach: »Jetzt hat Bayer 04 die Sensation verschenkt aus lauter Angst vor dem Versagen in der Liga. Sind die noch zu retten?«
    „Vielleicht unsere Chance“ Allerdings ist die Gefahr, dass so was geschieht, nicht wirklich groß. „So klar, wie es für alle ist, dass wir schon ausgeschieden sind, so klar ist es auch für die Spieler von Zenit“, sagt Trainer Michael Skibbe, „vielleicht liegt darin unsere Chance.“


    Sicher ist allerdings etwas anderes: Dass Skibbe heute Abend um 18.30 Uhr deutscher Zeit elf Spieler auf das Feld schicken wird, die so noch nicht zusammen gespielt haben. Der Gedanke an Stuttgart und die Übermüdung der Leistungsträger ist übermächtig. Zu den Säulen des Teams wie Rolfes, Barnetta (mit einer Rippenverletzung in Leverkusen geblieben), Kießling und Castro gibt es keine Alternativen. Sie sind in fußballerischer Abwesenheit des kriselnden Kapitäns Bernd Schneider die Triebfedern des Bayer-Spiels. Wenn sie nicht funktionieren, funktioniert nichts mehr.



    Die Lehre daraus müsste sein: Massiv auf dem Transfermarkt tätig werden. Wolfgang Holzhäuser erteilt diesem Plan notgedrungen eine Absage. „Wir arbeiten nicht mehr mit den Mitteln von früher, wir wollen das auch gar nicht“, sagt der Finanzchef zum geschrumpften Etat des Champions-League-Finalisten von 2002, „wir müssen durch positionsbezogene Verpflichtungen eine Qualitätsverbesserung bekommen, dazu braucht man Glück, aber wir können es nur so.“ Im Sturm hoffen sie auf Patrick Helmes, der ablösefrei vom 1. FC Köln kommt. In der Defensive werden Perspektivspieler wie Fabian Schönheim aus Kaiserslautern beobachtet. Beim Mittelfeld wären sie in Leverkusen schon froh, wenn alles so bliebe. „Wir wollen schnell vorzeitig mit Tranquillo Barnetta verlängern“, sagt Holzhäuser. Aber es ist kein Geheimnis, dass es schwer wird, den Schweizer mit Vertrag bis 2010 über den Sommer hinaus zu halten, wenn er in seiner Heimat eine starke EM spielt.



    Wohin sich die Leverkusener auch bewegen, sie stoßen an Grenzen. Gestern ist Manager Michael Reschke nach Südamerika aufgebrochen. Früher war Bayer 04 eine große Nummer für junge brasilianische Spieler wie Paulo Sergio, Emerson, Zé Roberto, Lucio, sogar Superstar Kaka stand vor seinem Wechsel zu Milan in engem Kontakt mit Bayer 04. Aber mit den Geldströmen haben sich die Gewohnheiten geändert. Holzhäuser: „Heute gehen junge Südamerikaner nach Italien und Spanien und gestandene nach Russland, ja, nach Russland.“


    Dorthin, wo sich Bayer 04 heute aus dem Uefa-Pokal verabschiedet. Ein Besuch in der Eremitage wäre also gar nicht verkehrt. Die Lektüre des Dostojewski-Romans „Der Spieler“ auch nicht. Hat im Taschenbuchformat nur 174 Seiten. Das müsste bis zum Stuttgart-Spiel zu schaffen sein.


    St. Petersburg: Malafejew - Anjukow, Schirokow, Krizanac, Sirl - Denisow, Timoschtschuk, Zyriajnow - Arschawin, Faysulin - Pogrebnijak. - Bayer 04: Adler - Dum, Friedrich, Haggui, Sarpei - Sinkiewicz, Vidal - Schwegler, Schneider, Freier - Bulykin. - Schiedsrichter: González (Spanien).


    http://www.ksta.de/html/artikel/1207478994957.shtml

    Neverkusen. Es ändert sich ein Buchstabe, aber das verändert die Welt. :bayerapplaus

    3 Mal editiert, zuletzt von KlausBuchmann ()