LEVERKUSEN. Dieser Junge hat offensichtlich nicht nur eine gute Torhüterausbildung genossen. Auch auf dem Gebiet der Eigenwerbung ist René Adler außerordentlich beschlagen. Wobei seine mediale Masche ist, dass er keine Eigenwerbung macht. Der Torhüter von Bayer Leverkusen gibt sich in der Öffentlichkeit stets als die Bescheidenheit in Person; so auch nach dem sonntäglichen 3:0-Erfolg gegen den VfB Stuttgart. „Nicht ich allein habe für diesen Sieg gesorgt. Es war auch die Abwehr, das Mittelfeld und der Angriff. Das war eine geschlossene Mannschaftsleistung“, wollte der 23-Jährige von seiner unbestreitbaren Schlüsselrolle in der gewonnenen Partie gegen den amtierenden deutschen Meister nichts wissen. Sympathisch, ja ja. Sympathisch.
Aber warum sollte der Kerl auch groß auf den Putz hauen. Wohin das führen kann, demonstrierte beispielhaft der vorlaute Bremer Torhüter Tim Wiese, dessen große Klappe letztlich wohl den möglichen Einzug ins Tor der Nationalmannschaft verhindert haben dürfte. Adlers Leistungen dagegen sprechen ja für sich. Zumal die Sache mit den öffentlichen Belobigungen ohnehin andere für ihn besorgen - und zwar nicht nur die mit dem Bayer-Kreuz im Herzen.
Am Sonntagabend zum Beispiel war es Stuttgarts Trainer Armin Veh, der den Leverkusener zur absoluten Ausnahmeerscheinung unter den hiesigen Ballfängern erhöhte: „Adler ist neben Oliver Kahn momentan sicher der beste Torhüter in Deutschland“, schwärmte Veh noch unter dem für ihn frustrierenden Eindruck zweier Adlerscher Glanzparaden. Tatsächlich waren dessen Rettungsaktion gegen Roberto Hilbert, der ihn doch eigentlich schon umspielt hatte (29.), und der unfassbare Reflex nach einem Kopfball von Cacau (75.) ganz großer Sport. „Das Einmaleins der Torhüter“, redete der Geadelte seine Taten dagegen klein. Und ganz im Sinne von Dante Alighieri („Denn in Federbett und Kissen hat sich noch niemand seinen Ruhm geholt“) fügte er an: „An solchen Dingen habe ich in meiner Ausbildung eben viel gearbeitet.“
So oder so - die Frage nach Adlers Anrecht auf einen Platz in Joachim Löws Europameisterschaftskader wurde am Sonntagabend wie zuletzt eigentlich immer mit heißem Herzen diskutiert. „Er empfiehlt sich im Grunde jede Woche fürs Nationalteam“, befand Bayer-Trainer Michael Skibbe. Rudi Völler sieht das nicht anders, aber der Sportdirektor setzt andere Prioritäten: „Viel wichtiger als im Juni als dritter Torwart mitzufahren ist es doch, dass René nach der Europameisterschaft eine Top-Alternative zur Nummer 1 ist.“