Dieser Artikel erschien heute im Stadtanzeiger. In der Prinform stand zu dem, daß der Kevin "den FC liebt". Das wäre ja auch Okay wenn er nicht im Artikel mit der fettgedrucketen Aussage zietiert würde. Es ist ein Unding das ein Polizist so was sagt, der beim Fußball als "Aufpasser" eingesetz wird....
Neues von Doro und Kevin
VON TIM STINAUER, 15.04.08, 08:47h, AKTUALISIERT 15.04.08, 09:15h
Vor acht Monaten hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in einer großen Serie zwei Polizisten im Streifenwagen begleitet. Danach trennten sich ihre Wege: Kevin ging zur Hundertschaft, Doro wurde Wachdienstführerin in Mülheim. Wie es beiden heute geht, lesen Sie lesen Sie hier.
Ein Löffel Kartoffelpüree, zwei Joghurts und sechs kleine Flaschen Wasser, das muss reichen für die nächsten sechs Stunden. „Würstchen und Rotkohl waren schon alle“, sagt Kevin Wolfgarten. Bei knapp hundert Beamten wird das Essen schnell knapp. Für Kevin und seine Kollegen von der 14. Einsatzhundertschaft beginnt der Einsatz an diesem Donnerstag mit Warmverpflegung im ehemaligen Polizeipräsidium Leverkusen. Um 16 Uhr geht es in grün-weißen Ford Transits zum Stadion, in eineinhalb Stunden spielt Bayer Leverkusen sein Uefa-Cup-Hinspiel gegen Zenit St. Petersburg.
Vor dem Eingang zum Gäste-Fanblock informiert der Zugführer seine Beamten knapp: „Wir rechnen mit 800 russischen Fans, Probleme gab es bislang keine. Zwei Fans aus Köln haben vorhin einen Platzverweis bekommen. Das wär's im Wesentlichen.“
Kevin, Polizeimeister und Anhänger des 1. FC Köln, setzt sein grünes Barett auf, befestigt den Schlagstock am Gürtel. „Ich schätze, das bleibt ruhig heute. Leverkusen hat ja keine Fans, nur Dauerkartenbesitzer, die ihre Karten gesponsert kriegen.“ Nach dem Anlegen der Uniform heißt es erst mal warten. Ein Beamter sitzt am Steuer eines Transits und liest ein Buch, zwei andere besorgen Pommes und
Cheeseburger, eine größere Gruppe schart sich um den Verpflegungswagen und trinkt Kaffee. Mittendrin steht Kai-Uwe, ein schlaksiger Mann mit blauer Pudelmütze und Daunenjacke. Er hält einen Plastikbecher in der Hand. Der 35-Jährige ist geistig zurückgeblieben. Er lebt in einem Wohnheim und besucht die Polizisten bei jedem Fußballspiel in Köln und Leverkusen. „Jeder von uns kennt ihn, der ist immer gut drauf, er gehört quasi zur Truppe“, sagt ein Beamter. Kai-Uwe bedient sich mit Kaffee aus der Thermoskanne und lacht die russischen Fans an, die mit ihren hellblauen Schals und Fahnen vorüberziehen.
Der Dienst in einer Hundertschaft ist nicht bei allen Polizisten beliebt. Kevin aber vermisst die Einsätze auf der Straße kaum: „Du trainierst hier viel, machst Sport und bist häufig unterwegs, auch bundesweit.“ Demnächst wird Kevin wahrscheinlich einen Teil des Schlagstock-Trainings als Ausbilder leiten. Zweieinhalb Jahre will der Polizeimeister, der morgen 26 Jahre alt wird, noch in der Hundertschaft verbringen, anschließend vielleicht an der Fachhochschule studieren, um seine Aufstiegschancen bei der Polizei zu verbessern.
Kurz nach dem Anpfiff bewegt sich die Hundertschaft im Gänsemarsch ins Stadion. Kaum haben die Polizisten im Gästeblock zwischen den russischen Fans Platz genommen, schießt Petersburg das 1:0. 800 Russen springen auf, brüllen, schwenken ihre Schals. Kevin guckt sich um. „Du verfolgst das Spiel nicht so entspannt, als wenn du privat im Stadion wärst. Wenn ein Tor fällt oder der Schiri pfeift, guckst du sofort, was die Fans machen und nicht auf den Rasen.“
Nach dem Schlusspfiff stellen sich die Polizisten vor dem Stadion auf, beobachten die Heimreise der Zuschauer. Alles bleibt friedlich. Um 22.30 Uhr ist Feierabend. Kevin will schnell nach Hause. Seine Freundin Paula wartet mit selbst gemachtem Nudelauflauf.
Doro ist Wachdienstführerin
Der Einsatz kommt wie gerufen. Länger hätte Doro Rüttgers es wohl kaum hinter ihrem Schreibtisch ausgehalten. „Ich fahr mit“, ruft sie ihrem Kollegen zu und zieht ihre Uniformlederjacke vom Haken. Auf dem Clevischen Ring, unweit der Polizeiwache, sind nach einem leichten Auffahrunfall zwei Autofahrer aneinandergeraten - ein junger Audi-Fahrer und ein Vater, dessen Frau und zwei Kinder mit im Wagen sitzen. Der Audi-Fahrer soll zu einer Waffe gegriffen und der Familie gedroht haben: „Ich erschieß' euch alle!“ Der Vater flüchtete zur Wache, der Audi-Fahrer nahm die Verfolgung auf, drehte aber kurz vor der Polizeistation ab.
Es ist Samstagmittag, 13.30 Uhr, vor einer halben Stunde hat die Kommissarin ihre Schicht auf der Wache in Mülheim begonnen. Seit sieben Monaten ist Doro Wachdienstführerin. Zu ihren Aufgaben gehört es, Dienstpläne zu erstellen, Anzeigen aufzunehmen oder Einsatzprotokolle ihrer Kollegen aus dem Streifendienst zu kontrollieren - Verwaltungsarbeiten eben. Doch heute vertritt sie ihren Chef, den Dienstgruppenleiter, und kann somit entscheiden, ob sie bei größeren Einsätzen selbst mit rausfährt. Doro zögert nicht: „Das ist ein größerer Einsatz.“ Sie nimmt neben Oberkommissar Bernd Kusemeier auf dem Beifahrersitz Platz, greift zum Funkgerät: „Wie sieht der Typ mit dem Audi aus?“ Die Leitstelle antwortet: „25 bis 30 Jahre, 1,70 groß, dunkle Haut, kurze Haare, schwarzer Jogginganzug.“ Fünf Streifenwagen fahnden nach dem schwarzen Audi mit Kennzeichen aus dem Raum Düsseldorf. Dennoch glaubt Doro: „Den kriegen wir nicht mehr. Der ist längst auf der Autobahn oder sonstwo.“ Sie behält recht. Nach einer Viertelstunde brechen die Polizisten ab. Beamte aus Düsseldorf werden über das Kennzeichen den Fahrzeughalter ausfindig machen und die weiteren Ermittlungen übernehmen.
Doro kehrt zur Wache zurück, nimmt hinter einem Schreibtisch Platz. Das Büro des Dienstgruppenleiters ist klein. Ein Tisch, ein Stuhl, ein Computer, Kühlschrank und Regale mit Aktenordnern. Eine Kollegin kommt herein, bittet darum, morgen frei machen zu dürfen, weil sie Konzertkarten hat. „Das regel ich“, verspricht Doro. Dann ruft sie ihre Belegschaft zur Besprechung zusammen. Sie gibt einen kurzen Überblick über laufende Einsätze, erwähnt einen Wohnungseinbruch, der noch abgearbeitet werden muss. In einem Nebenraum sitzt ein dreijähriger Junge. Barfuß und nur mit einem Hemdchen bekleidet ist er am Morgen aus der verwahrlosten Wohnung seiner Oma weggerannt und in Mülheim zwei Streifenbeamten in die Arme gelaufen. „Wir haben seine Mutter ausfindig gemacht, die wird den Kleinen gleich abholen“, berichtet Doro.
Organisieren, koordinieren, Verantwortung tragen - das ist Doros neue Welt, seit sie die Innenstadtwache vorigen September verlassen hat. Dreieinhalb Jahre fuhr sie mit Kevin Streife, dann wurde auf der Wache am Clevischen Ring der Posten des Wachdienstführers frei. Für Doro die nächste Stufe auf der Karriereleiter.
„Und auf einmal bist du Chef“, sagt die 34-Jährige, als sie wieder im Büro sitzt. „Schon merkwürdig. Vor acht Monaten habe ich meinen Vorgesetzten angerufen, wenn ich bei einem Einsatz nicht weiterwusste. Jetzt rufen die Kollegen mich an.“ Auf Großeinsätze wird die Kommissarin in Übungen vorbereitet, Mitarbeiterführung lernt sie in Schulungen, aber die Alltagssituationen, „die kannst du nicht lernen, da hilft nur Erfahrung“. Reizvoll findet Doro ihre neue Aufgabe, aber eines komme zu kurz: „Einsätze fahren! Das Jagen auf der Straße! Das ist doch der Grund, warum ich eigentlich zur Polizei gegangen bin.“ Viele raten ihr, ruhiger zu werden, ihre Mutter zum Beispiel oder Freunde. Aber Doro winkt ab: „Das funktioniert nicht, da ist Hopfen und Malz verloren.“
Doro und Kevin als Zeugen vor Gericht
Doro erinnert sich genau an einen Einsatz im Juli: „Der Typ hätte mich mit der Faust ins Gesicht getroffen, wenn ich nicht ausgewichen wäre.“ Auf einer ihrer letzten gemeinsamen Streifenfahrten hatten Kevin und Doro an einem frühen Montagmorgen auf der Ehrenstraße einen Randalierer überwältigt. André T. hatte einen Taxifahrer geschlagen und ihm Geld geraubt. Jetzt sitzt der kräftige Mann den Polizisten im Saal 18 des Amtsgerichts gegenüber. Angeklagt wegen schwerer räuberischer Erpressung. Doro und Kevin sind als Zeugen geladen, müssen aber nicht aussagen. Der Richter verurteilt André T. zu einer Bewährungsstrafe und hundert Sozialstunden. Vom Angriff auf die Polizisten ist keine Rede mehr. „Typisch“, findet Kevin. „Widerstand gegen Polizeibeamte wird fast nie geahndet. Obwohl ich das extra im Vorgang vermerkt hatte.“
Auf dem Gerichtsflur verabreden sich Doro und Kevin zum Abendessen. Sie sehen sich nur noch selten, seit sie die Innenstadtwache verlassen haben, schreiben sich aber regelmäßig Mails und SMS. Keine Selbstverständlichkeit, denn „bei der Polizei herrscht ein Kommen und Gehen. Du lernst neue Kollegen kennen, alte verlierst du schnell aus den Augen“, weiß Kevin. „Bei ihm und mir ist das aber anders“, sagt Doro. „Da ist eine Freundschaft entstanden, ich will immer wissen, wie es ihm geht. Und wenn ich jetzt höre, dass er demnächst Ausbilder im Schlagstocktraining wird, dann denke ich: Hat er gut gemacht, der Zwerg!“