Der Herzinfarkt

  • Der Herz-Infarkt
    VON UDO BONNEKOH

    (RP) In Leverkusens Mannschaft fehlt von allem ein bisschen. Aber auch beim 2:3 in Duisburg wurde besonders deutlich: Wenn das Mittelfeld nicht funktioniert, geht es nicht richtig nach vorn und schlecht nach hinten.


    Karim Haggui stand in Zivil im Vorraum des Wedaustadions nach Bayers üblem 2:3 gegen einen schwächlichen MSV Duisburg. Die Frage nach dem Zustand des tunesischen Innenverteidigers erübrigte sich nicht nur wegen des kaum interpretationsfähigen Ergebnisses.


    Das Leiden Hagguis ließ sich leicht ablesen am trüben Blick. Ob er am Mittwoch gegen Hertha BSC Berlin wieder mitmachen werde? „Ich kann der Mannschaft in meiner Verfassung nicht helfen, so hat das keinen Zweck“, sagte er traurig und zeigte auf seine Leistengegend, wo seit Wochen der Schmerz sitzt (er wird nun bald in München operiert).


    Doch wer überhaupt ist gegenwärtig in der Lage, der zerbröselnden Leverkusener Gruppe zu helfen? Wenn es nach Tranquillo Barnetta geht, ist Bayers Problem nicht umwerfend groß. „Es sind nur Kleinigkeiten. Mal treffen wir falsche Entscheidungen, mal fehlt das Glück. Grundsätzlich bekommen wir zu einfache Gegentore“, bekräftigte der erst zur Halbzeit für den auf Dauer Bundesliga-untauglichen Sascha Dum ins Spiel genommene Schweizer. Trainer Michael Skibbe vermisste „die Galligkeit“ und Abschlussstärke.


    „Es ist von allem ein bisschen“, sagte Rudi Völler, der dem Team die Note „ungenügend“ ins Zeugnis schreibt, wenn es um die Auftritte in der Fremde geht. „Mausetot“ seien die Duisburger nach dem 2:2 doch gewesen, aber es habe im Team „am letzten Tick“ gemangelt, am „Ich-will-gewinnen“. Direkten Einfluss kann der Sportdirektor nach seiner Einschätzung gegenwärtig nicht mehr nehmen, allenfalls beschreiben und fordern, um den schlimmsten Fall sportlichen Abschwungs abzuwenden. „Am Mittwoch gegen Hertha musst du gewinnen, und fertig“, sagt er.


    Das allerdings wird noch schwer genug, weil Leverkusens Ensemble im Augenblick nicht mal mehr das Elementare am Fußball abzurufen versteht. Gegners Flanken verhindern, zum Beispiel, wie das der diesmal ziemlich indisponierte Hans Sarpei vorm Duisburger 2:1 unterlassen hat und auch beim 3:2 des MSV; enge Deckung der Widersacher in Strafraumnähe gehörte auch nicht zu Leverkusens verfügbarem Repertoire, der einzige Duisburger Feldspieler mit Bundesliga-Format, Ishiaku, hat sich ein Loch in den Bauch gefreut angesichts der ihm von Lukas Sinkiewicz, Manuel Friedrich und Gonzalo Castro gewährten Freiheiten.


    Das Kardinalproblem freilich liegt im Mittelfeld, das keine Stabilität nach hinten bringt und keine Inspiration im Aufbau. Seit Bernd Schneider und Sergej Barbarez – aus diversen Gründen – den Rhythmus nicht mehr bestimmen, seit Simon Rolfes nicht mehr Kraft und Ruhe hat, seine strategischen Fähigkeiten zu demonstrieren, liegt Bayers Spiel darnieder – mit einem Infarkt des Herzstücks.


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