VON UDO BONNEKOH
(RP) Die einst schöne Tochter „Fußball GmbH“ lässt sich kaum noch ohne Schmerzen anschauen, und die Fans reagieren mit Gebrüll. Der Offenbarungseid: Youngster Risse kommt in einer Art Letzte-Rettung-Aktion und wird beklatscht.
Er kommt nicht als der hochmögende Boss eines Weltunternehmens, das auch ein bisschen Fußball spielen lässt zur Erbauung der Werksoberen und deren Schranzen, in die BayArena. Wenn Werner Wenning dort als Erster des Konzerns in der zweiten Reihe sitzt, ist er eines vor allem: leidenschaftlicher, erregbarer Fan (wie seine Vorgänger Manfred Schneider und Hermann-Josef Strenger auch).
Und als solcher hat er jetzt beim Leverkusener 1:2 gegen die bislang auswärts auffällig unbedarfte Hertha aus Berlin wieder mal sichtlich gelitten. Was gegenwärtig die Stimmung unter vielen Bayer-Sympathisanten trifft, haben allerdings nur die harten Anhänger auf der Südtribüne kräftig vokalisiert: „Außer Adler könnt ihr alle geh’n“.
Wer denn womöglich gehen muss nach Ablauf der Saison unter dem Eindruck eines absolut verkorksten letzten Drittels im Arbeitsprogramm – außer dem von den Fans gefeierten tüchtigen Torwart –, wollen die Führungskräfte der „Bayer Fußball GmbH“, der werbetreibenden Tochter des Konzerns, nach dem 17. Mai in aller Ruhe klären. Das aktuelle Bild: Die einst so anmutige Tochter lässt sich kaum noch ohne Schmerz anschauen vor lauter Pusteln im Antlitz.
„Wir werden nach der Saison über alles reden“, betonte Sportdirektor Rudi Völler, der auf Fragen nach Michael Skibbe und dessen Job-Sicherheit allergisch reagiert. Andererseits: „Das muss der Michael abkönnen, wenn es Skibbe-raus-Rufe gibt. Der Frust bei den Fans ist jetzt groß, nachdem wir viele Monate Fußball zum Teil zelebriert haben.“
Die Fans freilich haben zuweilen auch ein feines Gespür für Ungerechtigkeiten und die von Skibbe gern praktizierte Ungleichbehandlung, die das Publikum vor allem am Umgang mit Sergej Barbarez festmacht. Da müssen erst – wie automatisiert – Theofanis Gekas und Pirmin Schwegler gehen, und der Bosnier darf länger bleiben als die anderen, obwohl er seit Wochen in einem ganz tiefen Tief steckt. Zudem darf Manuel Friedrich seit dem 1:2 in München weiter penetrant seinen Alibi-Fußball präsentieren wie kurz vor Herthas 1:0 im Duell mit Raffael.
Dass schließlich der 18-jährige Marcel Risse aufs Feld kam, musste anmuten wie ein Offenbarungseid im vergeblichen Bemühen der Verantwortlichen, das Team im Nachhall zum 2:3 in Duisburg psychisch zu stabilisieren. Risses unbekümmerte Art, mal munter zu schießen und zu flanken ohne jede Gewähr, kam an bei den Zuschauern – vermutlich nur für dieses eine Spiel in einem bleiernen Kollektiv.
„Ich stelle mich, ich habe dafür gerade zu stehen“, sagte Michael Skibbe zur Reaktion der Zuschauer. Und aus der Elf kam Rückendeckung für den Coach: „Wir gehen da mit dem Trainer als Team durch.“ Wer’s gesagt hat? René Adler.