VON UDO BONNEKOH
(RP) Bei Manfred Brenne hängen die Fahnen auf halbmast. Christian Hausmann hält den Absturz für eine „Katastrophe und ein Unding“. Manfred Merkens und Thomas Rennette können sich einen Trainerwechsel vorstellen.
Der Balkon im Haus Nr. 38 an der Gerhart-Hauptmann-Straße in Opladen hat deutlich an Farbe verloren. Besonders das übli che Schwarz-Rot fehlt, weil Manfred Brenne die sonst meist flatternden Fahnen von Bayer 04 Leverkusen eingeholt hat. Nur noch ein kleiner Wimpel hängt gleichsam auf halbmast am Erker vor der Wohnung eines glühenden Fußballfans, der Bayers Mannschaft auch zu vielen Spielen in der Fremde begleitet. Brenne, der auch Vorsitzender der Behindertensportgemeinschaft Opladen ist, zeigt sich in einer RP-Umfrage zum Abschneiden von Bayer in der Bundesliga – wie auch die anderen Befragten – „tief enttäuscht“.
Den Absturz der Mannschaft auf Platz sieben und den Startverlust in einem internationalen Wettbewerb mag Brenne nur mit Sarkasmus kommentieren: „Auf diese Weise brauchen wir in der nächsten Saison nach dem Umzug der Mannschaft eben ein paar Mal weniger ins Stadion nach Düsseldorf zu fahren, um Bayer spielen zu sehen.“ Brenne findet, dass die Niederlage gegen Bremen im letzten Saisonspiel keine Schande gewesen sei. „Die gute Ausgangsposition ist vorher vergeben worden, etwa in Dortmund, wo du niemals hättest verlieren dürfen“, sagt Brenne. Ob er für einen Trainerwechsel plädiere? „Ich glaube, Skibbe erreicht die Mannschaft nicht mehr.“
Für eine Trennung von Michael Skibbe, dessen Vertrag noch bis 2009 läuft, votieren mehr oder weniger deutlich Christian Hausmann, Ex-Bayer-Profi und jetziger Trainer des Bezirksligisten VfL Witzhelden, Thomas Rennette, Coach beim Aufstiegsaspiranten SV Schlebusch, und Manfred Merkens, der Vorsitzende des SV Union Opladen, der sich Bayer seit langem verbunden fühlt. „Wenn die Saison jetzt noch ein paar Wochen liefe, wäre die Trennung von Skibbe vermutlich unausweichlich. Vielleicht ist es besser, nun einen Schnitt zu machen und einen Trainer wie Jürgen Klopp zu holen, der zu Bayer passen könnte. Die Fans jedenfalls werden nicht locker lassen und Skibbes Entlassung fordern, wenn die ersten Spiele der neuen Saison schlecht laufen“, betont Merkens. Der Pensionär und Fußballfreund sieht in dem Umstand, in der nächsten Saison nicht international beschäftigt zu sein, sogar einen potenziellen Vorteil: „Dann kann sich die Mannschaft tatsächlich auf Bundesliga und Pokal konzentrieren. Für die Belastungen jetzt war die Spielerdecke zu dünn und zu schwach.“
Christian Hausmann (44 Jahre), der für Bayer und den 1. FC Nürnberg 106 Bundesligaspiele bestritt, hält es „für eine Katastrophe und ein Unding, dass Bayer den Uefa-Cup nicht erreicht hat“. Vor Wochen habe das Team nur drei Punkte hinter den Bayern gelegen, jetzt seien es 25. „Das ist nicht nachvollziehbar. Da stimmt was nicht“, bekräftigt der Trainer des VfL Witzhelden. Die Mannschaft brauche womöglich einen Trainer, der „auch mal Gas gibt und sich nicht immer schützend vor alle stellt“. Skibbe wirke „zu brav“.
„Die Konkurrenz war auch nicht stärker als Bayer, deshalb ist das Abschneiden, gemessen an Anspruch und Material, besonders traurig“, meint Thomas Rennette. Die Verantwortlichen müssten jetzt ergründen, warum „zuletzt die Luft ausgegangen ist“. Rennette regt zudem an, „mal über die Stürmer nachzudenken und zu fragen, warum Gekas nicht so funktioniert, ob vielleicht die Ansprache des Trainers fehlt und ob man Kießling einen Gefallen damit tut, wenn er außen spielen muss“. Was die Trainerfrage angeht, kann sich Rennette einen Wechsel „tendenziell vorstellen und da Jürgen Klopp oder einen anderen Coach, der die Leute auf dem Platz mal wach werden lässt“.
Durchgängig wird Torwart René Adler (vor Simon Rolfes) als der stärkste und auffälligste Leverkusener genannt. „Wo Bayer ohne Adler gelandet wäre, mag ich mir gar nicht vorstellen“, sagt Christian Hausmann stellvertretend. Zu den Enttäuschungen zählen nach Meinung der Befragten Theofamis Gekas, mit elf Treffern immer noch bester Bayer-Schütze, Vratislav Gresko (Merkens: „Ein Fehleinkauf“, Rennette: „Er hat nicht mehr das Niveau“) und Paul Freier. Bei Gekas stellt Hausmann die Frage, ob „ihm das nötige Vertrauen entgegen gebracht worden ist“.
Quelle: http://www.rp-online.de