VON RALPH DURRY, 21.05.08, 12:25h, AKTUALISIERT 21.05.08, 18:20h
Leverkusen - Es ist nicht so, dass es niemand vorher angedeutet hätte. „Michael Skibbe hat einen großen Bonus“, hat Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser letzten Samstag im Interview mit unserer Zeitung erklärt, „wir müssen jetzt nur schauen, ob er groß genug ist.“
Er war es nicht.
Am Mittwochmittag, Punkt 12 Uhr, informierte Bayer 04 die Welt davon, dass die Tätigkeit des Cheftrainers Skibbe in Leverkusen nach rund zweieinhalb Jahren endet. Über einen möglichen Nachfolger wurde nichts gesagt, nicht einmal etwas angedeutet. Aber es könnte gut sein, dass sich der Werksklub in die Schar der Vereine einreiht, die sich um den in Mainz ausgeschiedenen Jürgen Klopp bemühen.
Fan-Zorn gegen Skibbe
Über die Zusammenarbeit mit dem Entlassenen verloren die Entscheidungsträger in Leverkusen kein schlechtes Wort. „Michael Skibbe hat hervorragende Arbeit geleistet“, meinte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, „aber wenn es um eine solche Entscheidung geht, muss man ganz nüchtern und sachlich abwägen und auch die persönlichen Gefühle außer Acht lassen. Da geht es nur um die Sache.“ Und die Sache war: Leverkusen hat in den letzten zehn Spielen siebenmal verloren, nur sieben von 30 möglichen Punkten geholt, die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb verpasst. Niemand bei Bayer will bestätigen, dass die massiven Unmutsbekundungen des eigenen Anhangs gegen die Person Skibbe bei der Entscheidung eine Rolle gespielt haben. Aber wer in den letzten beiden Heimspielen im Stadion war, kann sich das nur schwer vorstellen. Im Spiel gegen Bremen reichte eine harmlose Auswechslung, den Volkszorn überkochen zu lassen. In der 67. Minute kam beim Stand von 0:0 der Stürmer Gekas für den Stürmer Bulykin, die Reaktionen: „Skibbe, raus, Skibbe raus, Skibbe raus!“
Die Reaktion der Bayer-Chefetage darauf scheint allen wehzutun, aber niemandem mehr als Rudi Völler, dessen Assistent Skibbe vier Jahre lang bei der Nationalmannschaft war: „Wie sich jeder vorstellen kann, war das für uns alle eine sehr schwierige Entscheidung. Durch mein langjähriges persönliches Verhältnis zu Skibbe für mich natürlich ganz besonders.“ Manager Michael Reschke sagte: „Hier sind alle traurig, so eine Trennung tut weh, aber Michael Skibbe geht erhobenen Hauptes.“ Die Wehmut der Spieler zeichnete sich schon nach dem 0:1 gegen Bremen ab. Als sie es am Dienstag erfuhren, waren sie ein wenig bestürzt. „Ich finde es sehr schade, weil ich der festen Überzeugung bin, dass Skibbe einen guten Job gemacht hat und für die weitere Entwicklung unseres Kaders wichtig gewesen wäre“, sagte René Adler im Trainingslager der Nationalmannschaft auf Mallorca und bekannte sich als Spieler im Sinne des Teams schuldig: „Wir als Mannschaft sind dafür verantwortlich, dass der Verein das Saisonziel in der Bundesliga verfehlt hat. Es ist in solchen Situationen im Fußball leider so, dass die Entlassung des Trainers der schnellste, aber nicht immer der richtige Weg ist.“
Kein Schnellschuss
Allerdings handelt es sich bei der vorliegenden Entscheidung nicht um einen Schnellschuss. Bereits nach der 1:2-Niederlage gegen Berlin gab es erste gemeinsame Gespräche, in denen Szenarien im Falle weiterer Misserfolge entworfen wurden. Der Sieg in Rostock hat die Dinge dann nur aufgeschoben, das dramatische Scheitern zum Saisonschluss beschleunigte die Entscheidung. Wolfgang Holzhäuser wollte sich aber nicht darauf festlegen lassen, dass ein durchaus möglicher Sieg gegen Bremen und das Erreichen des Uefa-Pokals eine andere Personalpolitik zur Folge gehabt hätten. „Ich habe immer gesagt, dass wir die Dinge losgelöst vom Tabellenstand betrachten. Aber es ist hypothetisch, das jetzt im Nachhinein zu diskutieren, das ist auch gar nicht möglich.“
Zu Skibbes Nachfolger lässt sich in Leverkusen keiner ein Wort entlocken. „Wir sagen nichts, auch nichts zu Konzepten, Anforderungsprofilen und Zeitrahmen“, erklärte Holzhäuser kategorisch. Allerdings wird der Jürgen Klopp so lange auf der Kandidatenliste sein, bis er entweder in Leverkusen, in Dortmund oder woanders unterschrieben hat. Bereits in der Saison 2005 / 2006, vor der Verpflichtung von Michael Skibbe, soll sich Bayer 04 um den Schwaben bemüht haben. Aber auch Morten Olsen, der ehemalige Star und Trainer des 1. FC Köln, der auch Ajax Amsterdam und die dänische Nationalmannschaft trainierte, soll ein Thema sein.