Adler liegt auf der Lauer
Wenn er so dasitzt auf dem Podium der DFB-Pressekonferenz in Mallorca, die Augenbrauen hochgezogen und den Blick schräg nach unten, könnte man meinen, René Adler sei traurig oder müde. Das Gegenteil ist natürlich der Fall, denn der hellwache Keeper von Bayer Leverkusen erlebt gerade "das i-Tüpfelchen" auf einer grandiosen Saison. Dem 23-jährigen Newcomer steht in der deutschen Nationalmannschaft eine große Zukunft bevor - und vielleicht schon eine fabelhafte Gegenwart.
Jede Trainingsminute aufsaugen
Einen etablierten Konkurrenten hat der Überflieger aus Leverkusen im Kampf um einen Platz im EM-Kader bereits abgehängt: "Ich kann mir schon vorstellen, dass es für Timo Hildebrand im Moment sehr hart ist", so Adler. Auch die beiden anderen Torhüter sollten sich nicht allzu sicher sein, selbst wenn der Neuling zurzeit höflich Respekt bezeugt: "Ich bin realistisch und stelle mich hinten an. Ich bin mir nicht zu schade, Jens Lehmann um Tipps zu bitten", sagt Adler, der die Erfahrungen aufsaugt wie ein Schwamm. "Mit jeder Trainingseinheit kann ich mit weiterentwickeln und im Verein noch mehr zum Führungsspieler reifen."
Löw will noch keine Reihenfolge festlegen
Aber wer weiß, vielleicht schlägt ja bereits in Österreich und der Schweiz die Stunde des Youngsters. "Wenn alles normal läuft, ist Jens unsere Nummer eins", sagt Bundestrainer Joachim Löw dieser Tage in der EM-Vorbereitung. Aber auch: "Es gibt keinen Grund, jetzt schon eine Reihenfolge festzulegen." Die Testspiele kurz vor der EM dürften einen ersten Hinweis geben, ob Adler in der teaminternen Hierarchie nach oben gerutscht ist. Die starke Bundesliga-Saison (Kicker-Note: 2,62) und 15 Gegentore weniger als Rivale Robert Enke sprächen jedenfalls dafür, dass der Blondschopf bereits die Nummer zwei für sich beanspruchen könnte.
Adler: "Fühle mich hier pudelwohl"
Einen zweiten deutschen Torwartkrieg hat der DFB dabei nicht zu befürchten. "Konkurrenz wird bei uns im Team natürlich groß geschrieben, aber gerade unter den Torhütern ist das Verhältnis absolut kameradschaftlich", so der gebürtige Leipziger nach vier Tagen Eingewöhnung in der neuen Umgebung. "Ich fühle mich hier pudelwohl." Bei aller Freundschaft, der reaktionsschnelle Torwart hat schon einen Tunnelblick wie die großen der Branche. "Mit der Nominierung hatte ich ehrlich gesagt nicht mehr gerechnet, deswegen war die Überraschung umso größer. Aber wegen des Saisonfinales in der Bundesliga musste ich meine Freude noch ein, zwei Tage zurückhalten", sagt Adler, der bei Bayer erst vor knapp anderthalb Jahren Stammkeeper Hans-Jörg Butt verdrängte.
Fernziel Stammplatz
Auch auf die Frage nach seinen Stärken weiß der selbstbewusste Leverkusener detailliert Auskunft zu geben : "Ich kann einigermaßen gut Fußball spielen, habe ein passables Strafraumverhalten, kann das Spiel lesen und bin ein offensiver Torwart, der bewusst viel Risiko eingeht, um der Mannschaft zu helfen." Wer sich da noch die Wahnsinnsparaden des 1,90-Meter-Riesen auf der Linie dazu denkt, versteht Adlers hohen Anspruch: "Ich möchte Stammspieler in der Nationalmannschaft werden, dieses Ziel sollte jeder Torhüter haben."
quelle: t-online