Bayer 04 Leverkusen
Der Herr "Rammeloff"
VON UDO BONNEKOH
(RP) Nach seinem Abschied vom Rasen gilt Carsten Ramelows Interesse dem Fußball-Nachwuchs. Und er ist – wie viele – auf die Leverkusener Entwicklung in der Labbadia-Ära gespannt.
Das hat immer ziemlich schneidend geklungen und schnarrend. Klaus Augenthaler jedenfalls, ein vormaliger Trainer bei Bayer, hat stets von „Rammeloff“ gesprochen, wenn er Leverkusens Dauerbrenner im Mittelfeld gemeint hat, jenen „Calle“ Ramelow, dem die Fans jüngst nach fast 13 Jahren, erfüllt mit 333 Bundesliga-Einsätzen, einen rührenden Abschied bereitet haben. Und auch Franz Beckenbauer, der unantastbare Supervisor des deutschen Fußballs und Weltmeister-Coach von 1990, hat als Bayer beharrlich „Rammeloff“ gesagt, wenn er sich zum Thema Nationalmannschaft mit dem (vermeintlich verzichtbaren) Leverkusener Blonden geäußert hat.
„Die Aussprache Ramelo klingt schon ein bisschen eleganter“, sagt der gebürtige Berliner, der jetzt so etwas wie ein Fußball-Pensionär ist in der Beschaulichkeit des Bergischen. Ob nun Rammeloff oder Ramelo – das berührt den 34-Jährigen nun wirklich nicht. „Ich bin generell gelassen, und in eine depressive Phase bin ich nach meinem Abschied vom Rasen auch noch nicht gefallen“, sagt er.
Er hat nach dem 17. Mai, dem letzten Spiel Bayers gegen Bremen, das er auf der Bank verbracht hat, daheim in Bechen „Dinge regeln können, die erledigt werden mussten, wozu ich bis dahin nicht gekommen war“. Er hat sich vermehrt seinen Kindern Julian und Melina zugewendet, er ist mit Kumpels auf einem Quad, einem Vierrad-Gefährt, durch die Gegend gedüst. Und drei Tage in Bosnien ist er auch gewesen – in seiner Eigenschaft als Vizepräsident der VdV, der Vereinigung der Vertragsfußballspieler. Das ist eine Art Gewerkschaft.
Dort in Foca, ein paar hundert Kilometer weg von Bosniens Metropole Sarajewo, hat es über drei Tage ein Trainingscamp für 250 Kinder gegeben. Und dort ist der 46-malige Nationalspieler noch mal in seiner Überlegung bestärkt worden, sich verstärkt um den Fußball-Nachwuchs zu kümmern, und wenn nicht auf dem Platz, dann im organisatorischen Bereich. „Trainer will ich nicht werden, jedenfalls nicht für obere Ligen“, betont Ramelow, der noch einen Anschlussvertrag (vier Jahre) bei Bayer besitzt.
„Das ist ein neuer Abschnitt in meinem Leben, da werde und muss ich mich entsprechend reinhängen“, bekräftigt „Käp’tan Calle“, der sich aber auch vorstellen kann, im Marketing tätig zu werden. Noch hat ihn niemand aus der Vereinsführung darauf angesprochen, wie die früher fixierte Verbindung mit Leben erfüllt werden soll.
Und so ist Ramelow ziemlich „gespannt darauf, wie sich das bei Bayer mit dem neuen Trainer Bruno Labbadia entwickelt“. Sympathisch habe er Labbadia als Spieler gefunden, und auch der Kontakt im Trainingslager in der Türkei sei angenehm gewesen. „Aber man muss eben abwarten, was wird“, sagt Ramelow, „der Druck in Leverkusen ist bestimmt ein anderer als in der Zweiten Liga in Fürth.“
Druck? Ramelow ist froh, dass er nichts davon verspürt, er schaut von der hohen Warte zu und wartet wie ein Fan auf Botschaften, ob und wen etwa Rudi Völler und Labbadia aus Brasilien über Vorstopper Thiago Silva hinaus als Verstärkung mitbringen, wenn sie morgen nach Leverkusen zurückkehren.