"Wir müssen uns da einfach durchsetzen!"

  • Es war keine leichte Saison für Bernd Schneider. Mit Bayer Leverkusen verpasste der Mittelfeldspieler am letzten Spieltag den Sprung ins internationale Geschäft. Zudem musste er aufgrund einer Bandscheibenoperation seine Teilnahme an der EURO 2008 absagen.



    Im Gespräch mit bundesliga.de gibt sich der 34-Jährige trotz der Rückschläge kämpferisch: "Wenn ich wieder gesund bin, werde ich Vollgas geben." Zudem spricht er über den Trainerwechsel bei Bayer, Bundestrainer Joachim Löw und bewertet die deutschen Gruppengegner bei der EURO.


    bundesliga.de: Herr Schneider, wie geht es Ihnen gesundheitlich?


    Bernd Schneider: Ganz gut. Ich bin wieder auf dem Weg der Besserung.


    bundesliga.de: Verletzungen, das internationale Geschäft verpasst, ein neuer Trainer direkt nach Saisonende und dazu das Aus für die EURO. Ist dies das vielleicht schwierigste Jahr in Ihrer Profilaufbahn gewesen?


    Schneider: Ich wurde bisher immer von Verletzungen verschont. Der Zeitpunkt der Verletzung ist sicherlich ärgerlich. Doch ich habe ja schon drei internationale Turniere für Deutschland bestritten. Hätte ich vor meinem ersten großen Turnier gestanden, und wäre kurzfristig ausgefallen, dann wäre das bitter gewesen. Doch so ist es nicht ganz so dramatisch. Ich wollte unbedingt dabei sein, keine Frage. Doch die Gesundheit ist das A und O, egal ob im Fußball oder im allgemeinen Leben. Was die Saison mit Leverkusen angeht, so war es ein sehr bitteres Ende. Wir haben eine so tolle Saison gespielt. Wir waren so gut wie qualifiziert für den internationalen Wettbewerb. Dann am letzten Spieltag noch rauszufliegen, ist hart.


    bundesliga.de: Werden Sie nach dem Sommer wieder voll angreifen?


    Schneider: Es hängt jetzt davon ab, wie alles wieder zusammenwächst. Wenn ich wieder gesund bin und keine Probleme mehr habe, dann werde ich mit Sicherheit wieder Vollgas geben.


    bundesliga.de: Wie beurteilen Sie die Arbeit von Michael Skibbe und was erwarten Sie vom neuen Trainer Bruno Labbadia?


    Schneider: Ich erwarte vom neuen Trainer, dass er uns wieder in die Erfolgsspur bringt. Aber das hängt nicht allein am Trainer. Die ganze Mannschaft muss es wollen, nur so können wir in der nächsten Saison erfolgreich spielen. Es wird natürlich schwerer, das internationale Geschäft zu erreichen. Die Konkurrenz wird größer. Zudem wird es nicht leicht, die anderen Teams im UEFA-Cup oder in der Champions League spielen zu sehen, wenn man selbst so knapp daran vorbeigeschrammt ist. Es gibt nichts Schöneres, als sich auf internationaler Bühne zu messen. Zu Michael Skibbe möchte ich sagen, dass er sehr gute Arbeit geleistet hat. Wir hatten in den Jahren, in denen er unser Trainer war, ganz andere finanzielle Voraussetzungen als noch davor. Er hat sehr viel auf junge Spieler gesetzt und sie sehr gut integriert.


    bundesliga.de: Zurück zur EURO: Wer sind Ihrer Meinung nach die Überraschungen im deutschen Aufgebot?


    Schneider: Jeder mag da anderer Meinung sein. Schließlich gibt es daheim und in den Stadien ja unendlich viele Trainer. Doch Joachim Löw hat sich für die 23 Spieler entschieden, die uns seiner Meinung nach die besten Siegchancen bringen. Und das sollte man akzeptieren.


    bundesliga.de: Sie sind einer der erfahrensten Nationalspieler und haben somit die Anfänge von Joachim Löw im DFB-Trainerstab mitbekommen. Hat er sich nach seiner Ernennung zum Bundestrainer verändert?


    Schneider: Er tritt jetzt aktiver vor die Mannschaft, aber das bringt der Jobwechsel vom Assistenten zum Bundestrainer mit sich. Er macht das auch. Ansonsten war er auch schon bei der WM 2006 und davor immer mit auf dem Platz, hat Ratschläge gegeben. Groß verändert hat er sich nicht.


    bundesliga.de: Inwiefern unterscheidet er sich von seinem Vorgänger Jürgen Klinsmann?


    Schneider: Jogi ist nicht der Motivator wie es ein Jürgen Klinsmann ist. Das bringen die unterschiedlichen Charaktere mit sich. Natürlich kann auch er laut werden, wie man immer so schön sagt. Er ist eine Autoritätsperson.


    bundesliga.de: Auf welche Dinge legt Löw besonderen Wert?


    Schneider: Disziplin ist ihm sehr wichtig, ebenso wie eine offensive Spielweise. Er möchte sehen, dass sich jeder Spieler individuell verbessert.


    bundesliga.de: Gibt es einen Spieler im deutschen Team, dem Sie den großen internationalen Durchbruch bei der EURO zutrauen?


    Schneider: Wir haben mehrere Spieler, die sich empfehlen können. Wichtig ist aber, dass man als Mannschaft Erfolg hat. Denn davon profitiert auch jeder Einzelne.


    bundesliga.de: Können Sie sich vorstellen, dass Löw seine Aufstellung von Spiel zu Spiel variiert und nicht immer dieselben Elf auf den Platz schicken wird?


    Schneider: Sicherlich. Das kommt auf den Gegner an. Der Trainer hat seine Spielphilosophie, auf die er großen Wert legt. Und die gilt es, umzusetzen. Da wird geschaut, wie der Gegner spielt, welche Stärken und Schwächen er hat, aber auch, wie es mit der eigenen Personalsituation aussieht. Aber grundsätzlich wird er eher nicht großartig variieren.


    bundesliga.de: Wie schätzen Sie Deutschlands Gruppengegner ein?


    Schneider: Alle deutschen Gegner spielen auf einem hohen Niveau. Bei allen drei Teams gibt es viele Profis, die in der Bundesliga oder in anderen europäischen Top-Ligen spielen. Die Kroaten haben sich in einer schweren Qualifikationsgruppe durchgesetzt und immerhin England rausgekickt. Wie schwer es ist, gegen Polen zu spielen, haben wir ja erst bei der WM 2006 erfahren. Die Österreicher haben Heimvorteil. Wir haben vor zwei Jahren erlebt, wie sehr einen diese Euphorie beflügeln kann. Wir haben sicherlich keine leichte Gruppe. Aber dennoch, wir müssen uns da einfach durchsetzen!


    bundesliga.de: Wer wird Ihrer Meinung nach in der Hammergruppe C auf der Strecke bleiben?


    Schneider: Die Gruppe hat es wirklich in sich. Da spielen nur starke Mannschaften. Jeder spricht nur von Italien, Frankreich und den Niederländern. Doch die Rumänen sind ebenfalls sehr spielstark. Wir haben erst vergangenes Jahr gegen sie gespielt. Die können für die eine oder andere Überraschung sorgen. Ich möchte mich nicht festlegen, wer in dieser Gruppe durchkommt.


    bundesliga.de: Trauen Sie den Griechen zu, noch einmal so stark zu spielen wie vor vier Jahren?


    Schneider: Es ist ihnen auf jeden Fall zuzutrauen, dass sie noch einmal solch eine Leistung wie vor vier Jahren abrufen. Sie können sicher niemanden mehr überraschen, aber ihre mannschaftliche Geschlossenheit zeichnet sie aus.


    bundesliga.de: Warum kann Deutschland Europameister werden?


    Schneider: Vielleicht sind wir individuell nicht ganz so stark wie die Franzosen oder Italiener. Doch mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung, Leidenschaft und dem Willen, etwas Großes zu erreichen, ist alles möglich. Wir sind eine Turniermannschaft und haben oft gezeigt, dass der Wille Berge versetzen kann. Auch in aussichtslos scheinenden Situationen. Davor haben viele Gegner großen Respekt. Und zusätzlich können wir sehr schönen Fußball spielen.


    Das Interview führte Sebastian Stolz



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