Sechs Wochen lang standen sie im Schatten der EM-Protagonisten.
Und auch in den letzten Tagen vor dem EM-Finale am Sonntag in Wien gegen Spanien zählen Robert Enke und Rene Adler nicht zu den gefragtesten Gesprächspartnern im Lager der deutschen Nationalmannschaft.
Das könnte sich nach Ende des Turniers zügig ändern, denn einer von den beiden wird zum neuen Stammtorhüter der DFB-Auswahl aufsteigen.
Voraussetzung: Jens Lehmann müsste sich dazu entscheiden, auf dem möglichen Höhepunkt seiner Länderspielkarriere abzutreten.
Das wiederum ist keinesfalls sicher, obwohl Torwarttrainer Andreas Köpke sich deutlich äußerte, dass er sich "bei der WM 2010 keinen 40-Jährigen im deutschen Tor" vorstellen kann.
Die Rechnung ohne den Wirt gemacht
Teammanager Oliver Bierhoff ging zudem vor Turnierbeginn davon aus, "dass nach der EM ein Schnitt gemacht und ohne Lehmann geplant wird".
Der 38-Jährige selbst hat allerdings öffentlich noch keine Rücktrittsgedanken formuliert.
Im Gegenteil: "Ich überlege, bis zur WM 2010 weiterzumachen", sagte der künftige Stuttgarter. "Und zwar deswegen, weil ich der Überzeugung bin, dass wir um die Weltmeisterschaft 2010 mitspielen werden."
Ob er dieses Vorhaben in die Tat umsetze, hänge wesentlich davon ab, ob er es körperlich schaffe.
Diskussion in kleiner Runde
Bundestrainer Joachim Löw hat mit den Ambitionen des Routiniers kein Problem. "Die Entscheidung, wer nach der EM bei uns im Tor steht, ist völlig offen", sagt er.
"Wir werden uns nach dem Turnier zusammensetzen und dann besprechen, wie wir als Trainerstab uns die weitere Zukunft vorstellen und wie Jens sie sieht."
Enke und Adler scharren mit den Hufen
Enke und Adler scharren derweil schon mit den Hufen. "Ich habe schon als Kind davon geträumt, die Nummer eins im deutschen Tor zu werde", sagte Adler zu Sport1.de.
"Aber ich fordere nichts ein sondern will mit Leistungen überzeugen."
Gleiches gilt für Enke. Der Hannoveraner ist bis zum Ende der EM zumindest schon einmal die Nummer zwei unter den deutschen Torhütern.
"Er ist der Nachrücker in der Hierarchie", erklärte Köpke die Entscheidung zu Gunsten des 30-Jährigen bei Turnierbeginn.
Trainingspause bremst Adler
Neben seinem höheren "Dienstalter" im Kreis der Nationalmannschaft sprach für Enke, dass der kurzfristig anstelle von Timo Hildebrand berufene Adler auf Mallorca wegen Rückenproblemen einige Trainingseinheiten verpasst hatte.
Köpke hatte den beiden Schlussleuten mit auf den Weg gegeben, die Trainingseinheiten während des Turniers zu nutzen, um sich für die Zeit nach der EM "zu positionieren".
Dies haben sie offenbar nach seinem Geschmack getan. "Die beiden hinterlassen im Training einen sehr guten Eindruck und machen einen richtig guten Job", lobte der Europameister von 1996.
Lernen für das Ziel Stammplatz
"Ich stelle mich hinten an und versuche, mich im Training aufzudrängen", meinte Adler kurz nach seiner überraschenden Nominierung.
"Für mich ist dieses Turnier zum Lernen da. Die Übungen mit den Fitness-Trainern, das Torwart-Training, die mentale Konzentration auf die einzelnen Spiele - all das sauge ich auf."
Den Stammplatz im DFB-Tor formuliert er dennoch selbstbewusst als sein nächstes Ziel. "Wenn die Leistung stimmt, kann man auch schon vor dem 30. Lebensjahr Nationaltorhüter werden", glaubt der 23-Jährige.
Die Vergangenheit zeigt allerdings, dass es der dritte Torwart eines deutschen EM-Kaders nie zur Nummer eins gebracht hat.
Der Fluch des dritten Torwarts
Timo Hildebrand (2004) und Hans-Jörg Butt (2000), die Adler in der Nationalmannschaft beziehungsweise im Verein verdrängte, kamen nach ihrer Teilnahme an den kontinentalen Titelkämpfen ebenso wenig über die Rolle des Stellvertreters hinaus wie Oliver Reck (1996).
Helmut Roleder (1984) oder Walter Junghans (1980) spielten im Anschluss an die jeweilige EM in der DFB-Auswahl gar keine Rolle mehr.
1988 und 1992 hatten Teamchef Franz Beckenbauer respektive Bundestrainer Berti Vogts auf einen dritten Torwart verzichtet.
Handicap in der kommenden Saison
Sowohl Enke (bislang ein Länderspiel) als auch Adler (noch ohne Einsatz in der A-Mannschaft des DFB) haben in der kommenden Spielzeit das Handicap, dass sie sich mit ihren Vereinen nicht auf internationalem Niveau bewähren können.
Lehmann zieht mit Stuttgart womöglich über den UI-Cup in den Uefa-Cup ein.
Nur ein Randaspekt, der nach Sonntag vielleicht schon keine Rolle mehr spielt. Die Torwartfrage bliebe aber auch bei einem Rücktritt Lehmanns spannend.