"Django" Metzen zog doppelt
Stanislawski-Elf überzeugt beim Tabellenführer, doch der Schiedsrichter sorgt beim 2:2 für die Szene des Tages.
Eigentlich hatten die Spieler mit ihren Leistungen ausreichend Gesprächsstoff geliefert. 20 300 Zuschauer hatten beim 2:2 zwischen Mainz 05 und dem FC St. Pauli eine Zweitligapartie auf hohem Niveau erlebt. Spielkultur, taktische Finessen, vier Tore und ein Spannungsbogen, der erst mit dem Abpfiff gelöst wurde. "Dieses Spiel hatte wirklich alles zu bieten", befand auch St. Paulis Sportchef Helmut Schulte.
Doch der Mann, der dieses fesselnde Match mit seinem Pfiff um 15:48 Uhr beendete, stahl allen Beteiligten die Show. Thomas Metzen, 27-jähriger Unparteiischer von der SG Lorbach-Weyer, war von Beginn an in den Fokus geraten. Vor allem das Mainzer Publikum, das sich nach Handspielen von Timo Schultz und Marcel Eger im Strafraum früh um zwei Elfmeter betrogen fühlte, hatte den "Schieber" von da an auf den Kieker genommen.
Doch was sich Metzen in seinem fünften Zweitligaspiel abseits von einigen weiteren Fehlentscheidungen in der 43. Minute einfallen ließ, konnte die grimmigen Mienen auf den Rängen zumindest kurzfristig erhellen. Nach einem Zweikampf zwischen Florian Bruns und Karhan war Showtime angesagt: Metzen knallte die Hacken zusammen, riss die Reißverschlüsse seiner Brusttaschen gleichzeitig mit einem gekonnten Ruck auf und griff - die Arme über Kreuz - hinein. Zum Vorschein kamen gleich zwei (!) Gelbe Karten, die er den kurz irritierten Spielern mit nun ausgestreckten Armen vor die Stirn hielt.
Verwunderung auf den Trainerbänken, Gelächter unter den Zuschauern. "Das war Django-Stil wie im Wilden Westen, der Schiedsrichter hat gleich doppelt gezogen. Damit hat er sich für die nächsten zehn Jahre seinen Platz in den DSF-Bundesliga-Classics gesichert", sagte Holger Stanislawski und konnte sich selbst eine Stunde nach dem Spiel ein Grinsen nicht verkneifen. "Ich bin schon ein paar Jahre im Fußball dabei, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Ich weiß gar nicht, wo er die zweite Karte her hatte." Mainz-Manager Christian Heidel nahm die Sache da schon weitaus humorloser: "Das, was der heute gepfiffen hat, war außergewöhnlich. Für seine Theatralik würde ich ihm eine Eins geben, aber die Leistung war eine Sechs." Zwei Gelbe Karten? Geht das überhaupt? "Es ist zumindest unüblich", sagte Ex-Fifa-Schiedsrichter Hellmut Krug, der mittlerweile für die DFL als Berater in Fragen des Schiedsrichterwesens fungiert, beim Pausengespräch auf der Tribüne, "dafür gibt es in den Regeln keine Anweisung".
St. Pauli führte zu diesem Zeitpunkt beim Tabellenführer mit 1:0. Mit taktischer Disziplin im 4-2-2-2-Schema, konsequentem Pressing und schnellem Passspiel in die Spitze kauften die Hamburger dem ambitionierten Tabellenführer den Schneid ab, offenbarten bei den sich bietenden Konterchancen aber grobe Mängel. Die mögliche 2:0-Führung wurde mehrfach leichtfertig verschenkt.
So brachte Borja mit seinem ersten Ballkontakt elf Sekunden nach der Einwechslung die Mainzer zurück ins Spiel und vier Minuten später sogar in Führung.
Dass Carsten Rothenbach die Moral seiner Mannschaft mit dem 2:2 in der 90. Minute doch noch belohnte, war zwar vom Zeitpunkt her glücklich, insgesamt aber verdient.
Die Folgen der besten Auswärtsleistung der Saison sollen nun die kommenden drei Gegner zu spüren bekommen, St. Paulis Brust ist breit. "Wir wollen die neun Punkte", gab Rothenbach die Losung aus.
Nicht ausgeschlossen, dass die Partie auch für "Django" Metzen, der die Spieler mit den Worten "Auf geht's, Cowboys" auf den Platz geführt hatte, ein Nachspiel hat.
-->
Schiri Metzen "wie im Wilden Westen"
Es war die Szene des 14. Spieltags: Miroslav Karhan von Mainz 05 und Florian Bruns von St. Pauli sehen in der 43. Minute gelb. Nach einer Rangelei verwarnte Schiedsrichter Thomas Metzen die Spieler, indem er zwei Gelbe Karten gleichzeitig aus seiner Brusttasche zog.
"So etwas habe ich auch noch nicht erlebt", sagte DFB-Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Strigel im Gespräch mit t-online.de. Sanktionen müsse der 27-jährige Unparteiische aber nicht befürchten.
Schiris sollen nur eine Gelbe Karte dabei haben
Strigel wolle jedoch ein Schreiben an alle Schiedsrichter verfassen. "Das Verhalten entsprach nicht unseren Anweisungen", sagte er. Ein Unparteiischer solle nur eine Gelbe Karte dabei haben. Werden mehrere Spieler verwarnt, müsse eben einer zuerst gelb sehen. "Er bekommt keine Strafe", so Strigel über Schiri Metzen. "Die Frage ist nur, was richtig ist und was falsch." Und so, wie Metzen gehandelt habe, wolle man es nicht.
"Wie im Wilden Westen"
Auch bei den beteiligten Mannschaften sorgte die doppelte Gelbe Karte für Diskussionen. "Er hat beide Colts gezogen. Das war wie im Wilden Westen, damit ist er safe für die nächsten zehn Jahre," sagte Pauli-Trainer Holger Stanislawski. Mainz 05 haderte mit dem Schiedsrichter aus Mechernich, sah sich um zwei Handelfmeter gebracht. "Das, was der heute gepfiffen hat, war außergewöhnlich. Für seine Theatralik würde ich ihm eine Eins geben, aber die Leistung war eine Sechs," sagte 05-Manager Christian Heidel dem "Hamburger Abendblatt" nach dem Spiel.
"Gehört so nicht auf den Fußballplatz"
Eine Geschichte zum Schiedsrichter konnte auch Tim Hoogland erzählen. "Auf dem Weg ins Stadion sagte er 'Auf gehts, Cowboys'", berichtete der Mainzer Verteidiger in der SWR-Sendung "Flutlicht". Die Szene mit den Gelben Karten habe er erst später im Fernsehen gesehen. "Ich denke nicht, dass das so auf den Fußballplatz gehört."