Während sich die Spieler von Bayer Leverkusen von einer anstrengenden Saison erholen und den Absturz aus den Uefa-Cup-Rängen am letzten Spieltag verarbeiten müssen, musste Hans Sarpei den Hebel umlegen.
Der Verteidiger reiste direkt nach der Saison ins Trainingslager der Nationalmannschaft Ghanas, um sich auf das Qualifikationsspiel für die WM 2010 gegen Gabun vorzubereiten.
Nach dem 2:0 vor heimischen Publikum in Accra steht Ghana auf Platz eins in seiner Qualifikations-Gruppe und ist auf WM-Kurs.
Mit einem afrikanischen Weltmeister 2010 rechnet der Leverkusener allerdings nicht. "Das Klima in Südafrika kommt den Europäern entgegen", so Sarpei.
Verkorkste Saison in Leverkusen
Der 32-Jährige verrät Sport1.de, warum die Saison für Bayer Leverkusen trotz allseits gelobten schönen Fußballs "nicht ausreichend" verlief und spricht über den Unterschied zwischen europäischem und afrikanischem Fußball.
Sport1: Nach dem 2:0 über Gabun ist Ghana auf WM-Kurs. Werden wir in Südafrika den ersten afrikanischen Weltmeister sehen?
Sarpei: Im Fußball ist alles möglich, aber ich glaube nicht. Das Klima in Südafrika kommt eher den europäischen Mannschaften entgegen. Wichtig für den Fußball wäre, dass ein afrikanisches Team mindestens ins Halbfinale kommt. Wäre die WM zum Beispiel in Kenia, dann würde ich auf einen afrikanischen Weltmeister setzen.
Sport1: Was ist der Unterschied zwischen afrikanischem und europäischem Fußball.
Sarpei: Konditionell und taktisch hat sich alles angenähert, da ja auch viele europäische Trainer in Afrika tätig waren. Zudem spielen wir Ghanaer ja fast alle in Europa. Aber die Europäer spielen einfach ergebnisorientierter und disziplinierter auf Erfolg. Uns ist es manchmal nicht gut genug, einfach ein Tor zu erzielen. Es muss spektakulär erzielt werden, am besten noch einen Verteidiger tunneln.
Sport1: Kommen wir zu Bayer Leverkusen. Wie fällt Ihr Fazit für die Saison aus?
Sarpei: Wir haben schönen Fußball gespielt. Aber wir haben nicht erreicht, was wir wollten - den Uefa-Cup. Daher war die Saison nicht ausreichend.
Sport1: Wie ist der Einbruch zum Ende der Saison zu erklären?
Sarpei: Wenn wir das wüssten, hätten wir es ändern können. Aber ich glaube schon, dass die Mannschaft nach Spielen in Liga und Europacup platt war. Wir sind gut in die Spiele gegangen und haben gegen Ende des Spiels immer abgebaut. Vielleicht hätten wir mehr rotieren sollen.
Sport1: Ist die Bank für die Ansprüche von Bayer Leverkusen zu schwach besetzt?
Sarpei: Ich glaube nicht, dass unsere zweite Reihe schlecht besetzt ist. Vielleicht fehlt unserer jungen Mannschaft die Erfahrung, ein Spiel einfach mal nach Hause zu bringen, statt weiter nach vorn zu stürmen. Da hat uns die Verletzung von Bernd Schneider sehr wehgetan. Ein so erfahrener Spieler hätte unserer jungen Mannschaft gutgetan.
Sport1: Als Konsequenz für das Abschneiden musste Trainer Michael Skibbe trotz des gelobten Fußballs gehen. Wie haben die Spieler das aufgenommen?
Sarpei: Ein, zwei Spieler haben ja klar gesagt, vom Verein wegen der Entscheidung enttäuscht zu sein. Ich habe ihn ein Jahr erlebt und finde, er hat gute Arbeit abgeliefert. Aber in dem Geschäft zählt nur das Ergebnis - und wir haben eben ein paar Mal zu oft verloren.
Sport1: Wie war die Chemie zwischen Trainer und Mannschaft?
Sarpei: Da hat alles gestimmt. Wir hätten gern mit ihm weitergemacht.
Sport1: Was ist Bayers Ziel für die kommende Saison?
Sarpei: Mindestens in den Uefa-Pokal zu kommen.
Sport1: Wie beurteilen Sie das Abschneiden ihres vorherigen Klubs, dem VfL Wolfsburg, der ja nach schlechtem Start noch in den Uefa-Cup eingezogen ist?
Sarpei: Dass sie so gut abschneiden, hat mich überrascht. Felix Magath hat offensichtlich gute Arbeit geleistet - aber er durfte ja auch Geld ausgeben.
Sport1: Bedauern Sie, dass Sie weggegangen sind?
Sarpei: Nein, der Wechsel stand schon fest, bevor Magath verpflichtet wurde. Ich freue mich, wieder in der Nähe meiner Heimatstadt zu sein. Manchmal hatte ich doch Heimweh; ich bin eben "e kölsche Jong".
Sport1: Wie sieht die Zukunft von Hans Sarpei aus?
Sarpei: Erstmal habe ich noch zwei Jahre Vertrag in Leverkusen vor mir. Danach sieht man weiter.
Sport1: Zum Abschluss verraten Sie uns bitte, wie man als Ghanaer zu dem Vornamen Hans kommt?
Sarpei: Als meine Eltern nach Deutschland kamen, hat ein älterer Herr ihnen eine Wohnung zur Verfügung gestellt, ihnen bei Behördengängen und so weiter geholfen. Dieser Herr ist vor meiner Geburt gestorben. Sein Name war Hans, und zum Gedenken und aus Dankbarkeit haben mich meine Eltern Hans genannt.
Das Gespräch führte Jürgen Blöhs