Der unglaubliche Helmes (ksta)

  • Bayer 04 Leverkusen freut sich im Trainingslager in St. Gallen über seine Neuverpflichtung. Der 24-Jährige scheint bereits in der Vorbereitung vollständig assimiliert bei seinem neuen Klub.



    Patrick Helmes hat für Leverkusen schon getroffen. (Bild: Dahmen)
    ST. GALLEN - Am Sonntagabend, kurz vor halb neun, hat Patrick Helmes beim Test in St. Gallen sein erstes Tor für Bayer 04 Leverkusen geschossen. Er fischte einen 50-Meter-Pass von Gonzalo Castro im Strafraum aus der Luft, eine Zehntelsekunde später lag der Ball im Netz. Ein Hauch von Weltklasse in einem Spiel, das eine Fußnote in dieser Vorbereitung bleiben wird. Die Profis waren völlig fertig von der Fron der ersten Tage im Trainingslager. Helmes gehörte zu den wenigen, die 90 Minuten leiden mussten. Und er war, obwohl das nicht viel aussagen mag, der beste Spieler seiner Mannschaft.


    Man kann nur eine Ahnung davon haben, wie der Stürmer das Angriffsspiel von Bayer 04 verändern wird, Bayer 04 wird Helmes jedenfalls nicht verändern. Der 24-Jährige tritt auf, als habe er nie für einen anderen Klub gespielt als den Werksklub. Im Training jeder Schuss eine Explosion, jeder Spruch ein Lacher, unbeschwerte Kindsköpfigkeit inmitten von Ernst und Erschöpfung. Einmal hält Amateur Eric Domaschke einen der Helmes-Raketenschüsse aus fünf Meter Entfernung. „Boaaaaaahhhhhhhhhh, wer hat denn DEN Torhüter ausgebildet???!!!!“, schreit der Stürmer in gespielter Empörung über den Platz. Alle lachen, Manuel Friedrich, mit 28 Opa der Bayer-Feldspieler, schubst ihn freundlich. Danach geht es weiter.
    Emotionale Bindung


    Helmes ist nie alleine, nie ohne emotionale Regung, die Verantwortlichen beobachten das mit Genugtuung. „Patrick ist unglaublich, man sieht, welche Freude er hat, wie er hier aufgeht“, sagt Sportchef Rudi Völler. Auf dem Gang zum Mittagstisch ruft Helmes in die Runde: „Endlich mal wieder Deutsch reden beim Essen!“ - und grinst. Ein Seitenhieb auf die Internationalität bei seinem letzten Arbeitgeber 1. FC Köln. Aber es bleibt der einzige.


    Der 24-jährige hat ein außergewöhnliches Jahr hinter sich. Nachdem alle Versuche gescheitert waren, den Wechsel zum Rivalen schon vor Auslaufen des Vertrages zu erzwingen, hat er sich durchgekämpft. Gegen den nur mühsam unterdrückten Hass der Fans, gegen massiven Druck der Kölner Verantwortlichen, die ihr Juwel natürlich zum Bleiben drängen wollten. „Ich habe mich zu meinen Zielen bekannt, das hat dann aber nicht funktioniert, danach hatte ich nur noch Auswärtsspiele“, sagt Helmes, „aber am Ende muss ich dem FC recht geben. Ich habe elf Tore geschossen in der Rückrunde, sie sind aufgestiegen, sie haben alles richtig gemacht.“


    Na ja, wie man will. Immerhin hat Bayer 04 einen außergewöhnlichen deutschen Stürmer (Helmes: „Ich hätte überall hin wechseln können“) zum Nulltarif bekommen. Dass er nun als Zehn-Millionen-Geschenk bezeichnet wird, belastet Patrick Helmes Nullkommanull. „Das ist für mich eine riesige Ehre, wenn ein Experte wie Rudi Völler so etwas sagt. Ich finde es toll, zehn Millionen wert zu sein“


    Helmes hätte das gute Recht, genervt zu reagieren auf die immer wieder kehrenden Fragen zum 1. FC Köln. Er ist es nicht. „Es gibt eben große Unterschiede“, sagt er, „in Köln gibt es diese einzigartige Fan-Kultur, ich bin beim FC groß geworden, der FC ist Teil meiner Karriere, mein Stammverein, das wird sich nie ändern. Aber jetzt bin ich hier.“ Was Helmes vorfindet, freut ihn. „Das Drumherum ist perfekt, und da ist ja eine Mannschaft, die schon eine Mannschaft ist, da muss man sich als Stürmer keine Sorgen machen, ob ein ganzes Spiel lang kein Pass aus dem Mittelfeld kommt.“


    Patrick Helmes redet, wie er schießt. Schnell, geradeaus, manchmal brutal. „Ich wurde ja von Trainer Michael Skibbe geholt“, erklärt er, „jetzt ist er nicht mehr da, das ist schade.“ Ups, sagt man so etwas? Immerhin wird der neue Trainer davon erfahren. Aber Helmes hat das nicht böse gemeint. „Bruno Labbadia ist sehr ehrgeizig und akribisch“, lobt der 24-Jährige, „und er war früher Stürmer, liebt die Offensive, das kommt mir zugute. In Köln war ich ja zuletzt mehr Rechtsaußen.“


    In Leverkusen ist er einfach und ohne jeden Widerspruch nur das, was er am liebsten ist: er selbst.