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VON FRANK NÄGELE, 15.07.08, 21:40h
Bayer Leverkusen setzt weiter auf eine sehr junge Mannschaft. Nationalspieler Manuel Friedrich bildet mit seinen 28 Lebensjahren die Säule der Erfahrung in der Abwehr von Bruno Labbadias Junior-Truppe.
Manuel Friedrich im Zweikampf. (Bild: Dahmen)ABTWIL - Manchmal erschrickt Manuel Friedrich selbst ein wenig, wenn er diese Zahl hört. „Ja, ich bin 28, aber ich fühle mich doch viel jünger.“ Da stehen Gefühle allerdings gegen Fakten. Die Fakten besagen, dass Friedrich von den derzeit einsatzfähigen Spielern der Älteste ist in der Mannschaft von Bayer 04 Leverkusen. Senior, Nestor, Methusalem. So etwas ist ihm in seiner Laufbahn noch nie passiert. Unfassbar, was die Zeit anrichtet, indem sie einfach vergeht.
In Leverkusen allerdings vergeht sie anscheinend viel zu langsam. Denn das Team von Bayer ist von einer Jugend, die zu Schwärmereien Anlass gibt. Und dann wieder zu Sorge, denn Erfahrung ist eine wichtige Zutat für Erfolg. Aber wo soll sie herkommen bei einem Kader, dessen derzeit gedacht beste Elf bis zur nicht absehbaren Rückkehr von Kapitän Bernd Schneider (34, Reha nach Wirbelsäulen-OP) einen Altersdurchschnitt von weniger als 23,2 Jahren aufweist? Adler 23, Castro 21, Haggui 24, Djakpa 21, Barnetta 23, Rolfes 26, Vidal 21, Renato 20, Helmes 24, Kießling 24 und dazu Friedrich, der sich herausgefordert fühlt. „Ich denke, ich bin in der Lage, Verantwortung zu übernehmen, in Mainz habe ich das unter Jürgen Klopp schon vor Jahren gemacht“, sagt der Nationalspieler, den Bundestrainer Joachim Löw vor der EM aus dem Kader strich. Und dann gerät er selbst ins Schwärmen: „Was für ein Potenzial, welche Entwicklungsmöglichkeiten, es ist eine Freude, hier zu sein.“
Das Problem ist nur: Das hochgradig talentierte Perspektivteam von Bayer 04 sollte sofort Erfolg haben im Kampf um die internationalen Plätze. Es ist ein sympathischer, aber nicht risikoloser Weg, den der Werksklub eingegangen ist, seit Spieler, die über Klasse u n d Erfahrung verfügen, unbezahlbar sind. Doch Manager Michael Reschke relativiert ein wenig: „Natürlich sind sie alle jung, aber man muss schauen, was sie bereits erlebt haben. Castro hat 93 Bundesligaspiele, Barnetta 100, Kießling 122, Rolfes mit Zweiter Liga fast 150, Helmes hat sich durch die Zweite Liga gekämpft, das sind keine Neulinge.“
Was aber all die B-Noten wert sind, wenn am Ende der eine entscheidende Punkt fehlt, haben Friedrich und seine Kollegen vor wenigen Wochen erlebt. Monatelang wurden sie mit Lob überschüttet, schließlich verließen alle gemeinsam die Kräfte und sie verloren ein Spiel zu viel. „Das war bitter, aber es war unsere Schuld“, sagt Friedrich, „da haben wir uns etwas kaputt gemacht.“
Das hat Trainer Michael Skibbe, der so beliebt war, den Arbeitsplatz gekostet. In der Zeit, bis der Nachfolger benannt war, hatte der Mainzer Friedrich einen großen Wunsch. Er scheut sich nicht, ihn nachträglich auszusprechen. „Ich habe so gehofft, so gehofft, dass der Kloppo kommt.“ Der Kloppo ist Jürgen Klopp, Fußball-Lehrer, Sympathiemagnet und ganz persönlicher Freund von Friedrich. Aber der Kloppo ging nach Dortmund. Und es kam Bruno Labbadia.
Es spricht nicht gegen Labbadia, dass dies für Manuel Friedrich eine Enttäuschung war. Jeder im Fußballgeschäft weiß, wie eng die Beziehung zwischen Friedrich und Klopp ist. Aber so eng, dass der Profi weg wollte nach Dortmund, wo Klopp händeringend taugliche Verteidiger suchte, konnte sie nicht sein. „Leverkusen hat bei der Verpflichtung 2007 zu mir gestanden, als ich keine so tolle Saison in Mainz hatte. Ich habe hier noch einen Vertrag über zwei Jahre, und den werde ich ohne Zweifel erfüllen, ich werde alles für den Verein tun, dann bin ich 30, und mal sehen, wie lange ich dann noch habe, so vier, fünf Jahre vielleicht.“
Ob es einen Weg zurück gibt in die Nationalmannschaft, weiß Manuel Friedrich nicht. „Natürlich war ich brutal enttäuscht, als ich nicht zum EM-Kader gehörte. Ich habe ja die ersten vier Qualifikationsspiele gemacht, aber meine Leistungen am Ende der Saison waren auch nicht mehr so überzeugend, Joachim Löw wird es wissen, ob er generell auf Jüngere setzt oder Spielern wie mir noch eine Chance gibt.“
Es gibt jedoch Entscheidungen, die sind bereits gefallen und unabänderlich. Zum Beispiel diese: Im September wird Manuel Friedrich 29.